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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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nicht den Ausgangspunkt. Wir können unser Ziel nur erreichen, wenn wir zusammenarbeiten.« Es war eine gute Rede, aber ihr folgte ein Lächeln, das Pritkin veranlasste, nach seinem Gürtel zu greifen, der das übliche Fläschchen-Arsenal enthielt.
    Ich achtete nicht auf sie und beobachtete, wie die Flamme die Verzierungen fraß, die jemand mit großer Sorgfalt an den Rand der Karte gemalt hatte. Sie fielen auf, weil der Rest eher schlampig gezeichnet war. Und weil sie auf der Karte gefehlt hatten, die ich eines Tages von einem freundlich aussehenden alten Mann namens Manassier in einem französischen Garten erhalten würde.
    Die Verzierungen stellten einen goldenen Ouroboros dar, dessen winzige Schuppen im Kerzenschein glänzten.
    »Was machst du da?«, fragte Pritkin, als die Flamme immer mehr Papier fraß.
    »Wenn du die Karte verbrennst, finden wir den Codex nie. Selbst wenn der Vampir eine Kopie angefertigt hat – der Ausgangspunkt fehlt! Und ich werde euch nicht helfen!«
    »Ich schätze, ich muss ein Risiko eingehen«, sagte ich und beobachtete, wie die Flamme heller brannte.
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein!« Pritkin machte einen Schritt in meine Richtung, aber Mircea stieß ihn zurück, mit solcher Wucht, dass er taumelte.
    »Ich glaube, ich habe es in meinem ganzen Leben noch nie ernster gemeint«, sagte ich.
    Hilflos beobachtete er, wie das Papier erst braun und dann schwarz wurde, und dann sah ich die Erkenntnis in seinen Augen. Wenn niemand den Codex fand, würde er sich langsam entschreiben. Wo auch immer er versteckt war: Wenn ihn irgendwann einmal jemand entdeckte, würde er vollkommen nutzlos sein.
    Anders ausgedrückt: Pritkin brauchte ihn gar nicht zu finden und zu zerstören; die Mühe konnte er sich sparen.
    Wir drei beobachteten, wie immer mehr von der Karte zu Asche verbrannte.
    Pritkin sah mich an, einen undeutbaren Ausdruck im Gesicht, als er die Asche mit dem Stiefel zertrat. Dann drehte er sich einfach um und ging. Einen Moment später blitzte es vor dem Haus blau auf, und er war fort.
    »Ich habe keine Kopie angefertigt«, sagte Mircea leise. »Ich kann versuchen, die Karte aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren, wenn du möchtest, aber sie war sehr komplex.«
    »Nein.« Ich blickte auf die Reste der Karte hinab. »Nein, das war sie eigentlich nicht.«
    »Weißt du, Dulceafä… Normalweise sind meine Rendezvous weniger schmutzig.«
    »Beklag dich nicht. Du solltest diesen Ort in zweihundert Jahren sehen.« Ich hielt ihm den mit angezündeten Kerzen ausgestatteten Kandelaber entgegen, um die Katakomben, die sich zu meiner Zeit unter dem Pere Lachaise befanden, auszuleuchten, und er nahm ihn, während ich die Klinge seines Messers unter den in die Schädelreihe eingelassenen goldenen Ouroboros drückte – der Verputz hatte kaum Zeit gehabt, hart zu werden. Dahinter kam ein kleines Lederrohr zum Vorschein, umgeben von Felsgestein. Mit ein wenig Arbeit löste ich es daraus, starrte auf den staubigen Zylinder hinab und hätte weinen können.
    Welchen Ausgangspunkt auch immer der Auktionator – Manassiers Großvater, nahm ich an – Pritkin genannt hatte: Es war eine Lüge gewesen. Und die im Umlauf befindlichen Kopien der Karte, darunter auch die des Enkels, nützten niemandem etwas. Wenn man nicht das Geheimnis kannte, wurden die Schatzsucher von ihnen nur in die Irre geführt. Wie auch ich, in zweihundert Jahren.
    Kein Wunder, dass Manassier mir die Karte einfach so gegeben hatte – ihm war natürlich klar gewesen, dass ich damit gar nichts anfangen konnte. Der wahre Hinweis hatte sich in der »Verzierung« am Rand verborgen, in einer Zeichnung, die auf den Kopien fehlte. In einer Zeichnung, der der Pritkin dieser Zeit nie Aufmerksamkeit hatte schenken können.
    Ich machte mich daran, das Lederrohr zu öffnen, mit vor Kälte und Aufregung tauben Fingern. Schließlich nahm ich den Kerzenleuchter von Mircea zurück und überließ es ihm. Er zog wenige Sekunden später ein Pergamentbündel aus dem ledernen Behälter, goldgelb und alt, aber immer noch leserlich. »Ich kann es nicht glauben«, flüsterte ich.
    Die ganze Zeit hatte sich der Codex hier befunden. Ich hatte sogar das kleine Symbol berührt, das die Stelle markierte – ich hatte es berührt und war dann weitergegangen. »Ich kann nicht glauben, dass es vorbei ist.«
    »Es ist nicht vorbei«, sagte Mircea, den Blick auf die erste Seite gerichtet. Er sah sich einige andere an, und die Falten in seiner Stirn wurden tiefer.

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