Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
Die Frage lautete: Sollte ich ihm folgen?
    Ich bezweifelte, ob er in seinem gegenwärtigen Zustand eine echte Gefahr für Pritkin darstellte. Geister, selbst neue, verfugten nur über einen begrenzten Vorrat an Kraft, und bei Angriffen auf Sterbliche ging er schnell zur Neige.
    Saleh war kein Geist in dem Sinne, aber da er den größten Teil seiner Kraft zusammen mit dem Kopf verloren hatte, war er vermutlich kaum besser dran.
    Hinzukamen Pritkins starke Schilde – er sollte also ziemlich sicher sein.
    Unglücklicherweise ließ sich das von mir nicht sagen.
    Wenn Saleh eine Möglichkeit fand, mit dem Magier zu kommunizieren und ihm das Verbrechen vorzuwerfen, ließ er dabei vielleicht durchblicken, wie er davon erfahren hatte. Und das wäre sehr übel gewesen. Saleh kannte Pritkin nicht einmal, und ich hielt es für unwahrscheinlich, dass Pritkin einen persönlichen Groll gegen ihn gehegt hatte. Was bedeutete, dass er Saleh getötet hatte, damit er mir nicht vom Codex erzählte. Und wenn Pritkin nicht gezögert hatte, Saleh umzubringen, um den Codex zu schützen – warum sollte er bei mir Skrupel haben?
    Letztlich gelangte ich zu dem Schluss, dass die ganze Saleh-Debatte dumm war – ich konnte den Dschinn ohnehin nicht mitnehmen, wenn er nicht mitgenommen werden wollte. Deshalb sprang ich allein zurück, und kaum in der Gegenwart angekommen, schrie Billy in meinem Kopf: »In die Wanne!«
    Als ich einfach nur dastand und zu verstehen versuchte, was überhaupt los war, verließ er meinen Körper und gab mir einen Stoß mitten auf die Brust.
    Normalerweise fiel es Billy schwer, selbst kleine Dinge zu bewegen, aber irgendwo hatte er zusätzliche Kraft gefunden, denn es riss mich fast von den Beinen. Ich taumelte nach hinten, stieß gegen die frei stehende Badewanne mit den Krallenfüßen, verlor endgültig das Gleichgewicht und fiel hinein. Im gleichen Augenblick flog ein Teil der Wand mit einer Fontäne aus Putz, Holz und teurer Tapete nach innen.
    Für einige verwirrte Sekunden lag ich benommen inmitten des Schutts, und es wurde dunkel vor meinen Augen. Die Wanne war eine restaurierte Antiquität aus solidem Gusseisen. Sie hatte mir das Leben gerettet, doch mit dröhnendem Kopf und den Lungen voller Staub fiel es mir schwer, dankbar zu sein.
    »Miss Palmer!« Pritkins Stimme kam dort durch das Loch, wo sich bis eben die Tür befunden hatte. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Ich sah ihn nicht an. Ich brachte es einfach nicht fertig, den Blick auf ihn zu richten. »Ja.« Ich spuckte Blut – ich hatte mir auf die Zunge gebissen – und Putzstaub. »Es ist mir nie besser gegangen.«
    Ich kletterte aus den Trümmern und drehte mich zum Waschbecken um, das allerdings nicht mehr da war. Im Fenster gab es ein waschbeckengroßes Loch – mit wackligen Beinen ging ich hinüber und sah hinaus. Die frische Luft lenkte mich so sehr ab, dass ich das Becken erst einige Sekunden später bemerkte, acht Stockwerke weiter unten mitten auf der Flamingo Road. Ein Taxifahrer stand neben seinem Wagen und sah verwirrt auf die plattgedrückte Motorhaube. Dann hob er den Kopf, und sein Blick begegnete meinem. Ich zog rasch den Kopf zurück. Bestimmt dauerte es nicht mehr lange, bis es hier von Leuten wimmelte.
    Ich spähte in den Flur und stellte fest, dass dort drei mir unbekannte Kriegsmagier mit dem Rücken an der Wand saßen. Sie schienen stocksauer zu sein, vielleicht deshalb, weil sie zusammengebunden waren wie Hähnchen, die der Bratspieß erwartete. Da es nur drei waren, ging ich davon aus, dass sie nicht mit uns gerechnet hatten. Allerdings schienen sie mich zu erkennen – oder vielleicht starrten sie aus Prinzip alle finster an.
    »Wir könnten es mit einem Erinnerungszauber versuchen«, sagte Nick mit einem nachdenklichen Blick auf das Trio.
    »Das klappt nicht«, erwiderte Pritkin. »Dazu ist ihre Ausbildung zu gut.« Er sah Nick an, und Sorge erschien in seinem Gesicht. »Offenbar bist du jetzt offiziell Mitglied des Widerstands geworden.«
    Ich blinzelte, aber es half nicht. Die Maske war absolut perfekt. Ich war in der Nähe von Geschöpfen aufgewachsen, deren Gefühle sich nur im Bruchteil einer Sekunde zeigten, bei einer winzig kleinen Pause in einem Gespräch. Ich hatte geglaubt, gelernt zu haben, ins Innere von Personen zu sehen, aber sosehr ich mich auch konzentrierte: Pritkins Maske war perfekt und undurchdringlich.
    Der gefährliche Raubvogel, den ich in der Vergangenheit gesehen hatte, war verschwunden. An seiner

Weitere Kostenlose Bücher