Fuer immer vielleicht
kleines Schulterklopfen, ein aufmunterndes Lächeln und eine freundliche Umarmung wären echt nicht übel. Ein paar Monate in einem geräumigen Pyjama zusammengerollt in meinem Bett unter einer dicken Decke, mit zugezogenen Vorhängen – das ist momentan eine geradezu himmlische Vorstellung für mich, aber unglücklicherweise habe ich keine Gelegenheit, ihr nachzugehen, weil meine Tochter Kopf steht, da ihr Vater, den sie die letzten dreizehn Jahre kein einziges Mal zu Gesicht gekriegt hat, wieder in ihr Leben getreten ist.
Ruby: Hol mal tief Luft, Rosie.
Rosie: Nein, genau das ist ja das Problem. Wenn ich nicht atmen würde, wäre alles in Ordnung.
Ruby: Sag so was nicht.
Rosie: Ach, sei still, ich hab sowieso keine Zeit, mich umzubringen. Ich bin viel zu beschäftigt mit meinem Nervenzusammenbruch.
Ruby: Na ja, das ist vermutlich gut so. Wie war dein Treffen mit Brian?
Rosie: Okay. Nach unserem Telefongespräch hat er sofort einen Flug hierher gebucht, also nimmt er seine neue Rolle als Vater anscheinend ernst. Er hat erzählt, dass er die letzten dreizehn Jahre in Spanien gelebt hat und dort einen Nachtclub besitzt. Verhilft sexhungrigen minderjährigen irischen Jugendlichen zu ein paar unvergesslichen Besäufnissen.
Ruby: Ist er braun gebrannt und superattraktiv?
Rosie: Tja, ich würde nie die Worte »Brian das Brot« und »superattraktiv« in einem Satz unterbringen wollen. Er ist ziemlich unverändert, nur mit weniger Haaren und mehr Bauch.
Ruby: Was für ein Gefühl war es, ihn wieder zu sehen?
Rosie: Ich musste mich mit aller Gewalt zusammenreißen, sonst hätte ich ihn geohrfeigt. Katie war so nervös, dass sie gezittert hat wie Espenlaub und mir ständig am Rockzipfel hing. Sie verlässt sich hundertprozentig auf mich. Wir haben uns im Coffee Shop im Jervis Street Shopping Center mit ihm getroffen, und ich muss gestehen, dass mir speiübel war, als wir auf seinen Tisch zugingen. Mir war schlecht vor Wut, weil ich die nächste Stunde nett sein musste zu diesem elenden kleinen Mann, weil ich ihm helfen musste, ein Teil des Lebens meiner Tochter zu werden, obwohl er mir in der Vergangenheit so viel Leid verursacht hat. Katies Vaterbeziehung zuliebe muss ich die ganze Wut, die ich Brian gegenüber empfinde, für mich behalten.
Ruby: Du hast das gut gemacht, Rosie. Es war schwer, und es wird wahrscheinlich noch lange schwer sein, wenn du zusehen musst, wie die beiden sich näher kommen.
Rosie: Ich weiß. Wenn Katie mir erzählt, was ihr Vater in seinem Leben schon alles Tolles geleistet hat, muss ich mir auf die Zunge beißen, um ihr nicht haarklein auseinander zu setzen, was ich von ihm halte.
Ruby: Wie geht er denn so mit ihr um?
Rosie: Er war noch nervöser als Katie, daher fiel mir auch noch die Aufgabe zu, das Gespräch zwischen ihnen in Gang zu bringen. Aber weißt du, als ich gemerkt habe, dass ich die Stärkste von uns dreien bin, ist mir noch mal ganz deutlich geworden, wie richtig meine Entscheidung war, nicht nach Boston zu ziehen. Katie braucht mich. Sie brauchen mich beide. Brian schien sich ehrlich für mein und Katies Leben zu interessieren. Er wollte alles über seine Tochter wissen, und es hat mir richtig Spaß gemacht, die ganzen alten Geschichten zu erzählen. Zuerst hat es mich wütend gemacht, weil ich daran denken musste, dass er nie da war, aber dann hab ich plötzlich gemerkt, wie gern ich mit unserem Leben angebe. Es hat mich auf ganz seltsame Weise stolz gemacht und mir gezeigt, wie viel Glück ich gehabt habe, auch wenn ich oft über die Verantwortung jammere. Auf einmal hab ich gesehen, wie einmalig und besonders wir sind. Diese Erinnerungen gehören nur uns beiden. Es ist ganz allein unsere Sache, was wir anderen Leuten erzählen.
Aber es ist leider wirklich nicht der beste Zeitpunkt, einen Exfreund wiederzusehen. In solchen Situationen möchte man doch zeigen, wie enorm man sich weiterentwickelt hat, man möchte glücklich und erfolgreich sein und sagen können: »Ätsch, guck mal her, was ich alles erreicht habe, seit du weg bist!« Eine gescheiterte Ehe, keine Arbeit und keine eigene Wohnung – so eine Bilanz hat nicht gerade den erwünschten Effekt.
Ruby: Das ist doch alles vollkommen unwichtig, Rosie. Du solltest froh sein, dass er ein bisschen erwachsen geworden ist. Wie lange bleibt er denn hier?
Rosie: Ein paar Wochen. Dann muss er eine Weile zurück nach Spanien. In den Sommermonaten ist da natürlich immer am meisten los. Aber er will zwischendurch immer
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