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Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)

Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition)

Titel: Für immer zwischen Schatten und Licht ("Schatten und Licht"-Saga 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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war.
    Während der Heimfahrt war Sam sehr schweigsam. Ich wünschte mir, dass er einfach irgendetwas sagte, um die Anspannung zu lösen, aber er starrte nur geradeaus. Schließlich schüttelte er einmal kurz den Kopf.
    „Was ist?“, fragte ich.
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. „Wegen dieser – dieser Sache, die Raziel angeblich haben soll …“
    „Myalgische Enzephalomyelitis.“
    „Malmische Enzephallushepatits, am Arsch.“
    Ich seufzte. „Willst du das vielleicht noch genauer ausführen?“
    „Allerdings, und zwar, dass ich einen Besen fresse, wenn Raziel wirklich so ein Zeug hat. Ich meine, er ist ein Engel , verdammt nochmal!“
    „Das ist er eben nicht!“, rief ich, und meine Stimme brach. Auf einmal fühlte ich mich unendlich müde. „Er ist jetzt ein Mensch und kann somit genau wie jeder andere Mensch Krankheiten bekommen!“
    „Wie auch immer“, brummte Sam.
    Den Rest der Fahrt brachten wir wieder schweigend zu. Als wir bei meinem Haus angekommen waren und ich die Autotür öffnete, traf mich Sams Frage völlig unerwartet: „Kann ich mit reinkommen?“
    Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Wieso das denn?“
    „Deine Eltern sind nicht zu Hause, oder?“, wollte er wissen und musterte die dunklen Fenster. „Raziel würde mir den Kopf abreißen, wenn ich dich jetzt allein ließe. Na ja, und wenn er es könnte.“
    Ich hob bloß die Schultern, zu erschöpft, um zu protestieren. Sam schien das als Einladung zu genügen: Ohne zu zögern folgte er mir ins Haus und danach die Treppe hinauf.
    Ich ging geradewegs in die Küche und holte eine Flasche Milch und ein Päckchen Kakao hervor, einfach nur, um meine Hände zu beschäftigen. „Willst du auch was trinken?“, fragte ich Sam.
    Er lehnte ab, ließ mich aber nicht aus den Augen, während ich einen Topf füllte. Ein wenig Milch schwappte daneben, und bei meinen hastigen Bemühungen, die Pfütze aufzuwischen, hätte ich beinahe auch noch die Kakaopackung umgeworfen.
    „Mach dir mal nicht so viele Gedanken“, sagte Sam unvermittelt. „Rasmus lässt sich nicht so leicht aufs Kreuz legen. Ich muss es wissen, schließlich hab ich es versucht!“
    Ein Geräusch rutschte mir über die Lippen, das ebenso gut ein Lachen wie ein Schluchzen hätte sein können. „Du bist ein Idiot“, sagte ich und zog die Nase hoch. „Aber danke.“
    Sam nickte nur. Erst als ich mich wieder abgewandt hatte, um die Milch vom Herd zu nehmen, fiel mir auf, dass er wohl zum allerersten Mal Rasmus gesagt hatte.
    Später saßen wir zusammen am Küchentisch, und ich rührte in dem erkaltenden Kakao, den ich beim besten Willen nicht herunterbringen konnte. Die Fragen, die dringend gestellt werden wollten, schnürten mir die Kehle zusammen: Wann würde Rasmus wohl aus dem Krankenhaus entlassen werden? Wie sollten wir ihn in der Schule entschuldigen, und würde er nach seiner Heimkehr überhaupt für sich selbst sorgen können? Mir war bewusst, dass es so viel zu besprechen und zu organisieren gab, aber ich schaffte es einfach nicht. Ich wollte nicht mit Sam über all das reden – mit niemandem, um genau zu sein. Noch konnte ich mir weismachen, dass Hoffnung bestand und sich der Doktor vielleicht geirrt hatte … Wenn ich meine Sorgen allerdings aussprach, würden sie unwiderruflich zur Realität werden.
    Fast erleichtert sprang ich auf, als die Türglocke schrillte. „Bin gleich zurück“, sagte ich und eilte die Treppe hinunter. Sicher hatten meine Eltern, die an diesem Abend zu einer Party eingeladen waren, ihre Schlüssel vergessen. Ich schaute schnell in den Flurspiegel, um zu überprüfen, ob ich auch nicht zu verheult aussah, und öffnete dann die Tür.
    Weil ich so fest mit meinen Eltern gerechnet hatte, konnte ich den Mann auf der Vordertreppe zuerst nur verblüfft anstarren. Ich brauchte sogar einen Moment, um zu registrieren, dass er auf eine kühle, abweisende Art attraktiv war: Er hatte ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen und ölig glänzende schwarze Haare. Außerdem trug er einen schiefergrauen Anzug, was mich an den Abend im Herbst denken ließ, an dem mich Sam zum Schulball abgeholt hatte. Ich bemühte mich, diese Erinnerung wieder zu verdrängen, und zog fragend die Augenbrauen hoch.
    „Guten Abend, bitte entschuldigen Sie die späte Störung“, sagte der Fremde. Seine Stimme wirkte seltsam vertraut, obwohl ich mir sicher war, sie nie zuvor gehört zu haben. Sie war sehr weich, beinahe samtig, und brachte mich mit ihrem

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