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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Alkohol, Wonderbras, Schimpfwörtern und Haartönungen vertraut. Und als ich das erste und einzige Mal beim Schulschwänzen erwischt wurde, war ich auch mit dir zusammen.
    Bei uns zu Hause heißt du bis heute nur »diese schreckliche Charlotte«. »Nur weil diese schreckliche Charlotte ein Bauchnabel-Piercing hat, heißt das noch lange nicht, dass es dir auch steht.« (Es stand mir wohl, nur die hässliche Entzündung sah nicht besonders toll aus. Von wegen, Rost desinfiziert!) »Nur weil diese schreckliche Charlotte ihr Studium abbricht, musst du es doch nicht auch tun!« (Es gab eben einige Dinge in unserem Leben, die sich parallel entwickelt haben.) »Nicht zu fassen, dass diese schreckliche Charlotte dir den Freund ausgespannt hat und immer noch deine Freundin ist.« (Meine Mutter will einfach nicht wahrhaben, dass ich Ulrich aus freien Stücken rausgeschmissen habe, genauso wenig, wie ich wahrhaben will, dass Ulrich jetzt seine Socken paarweise in die Waschmaschine steckt und ein Duftbäumchen in seinen Kleiderschrank gehängt hat.)
    Die Wahrheit ist aber, dass mein Leben ohne diese schreckliche Charlotte noch viel trauriger gewesen wäre, als es ohnehin schon ist. Du warst der erste Mensch, der mir klar gemacht hat, dass braune (und rote, blaue und lilafarbene) Haare genauso viel wertsind wie blonde und dass Eltern und Lehrer nicht immer Recht haben. Du hast zu mir gehalten, als meine Mutter mich mit Klaus Köhler verkuppeln wollte, und du bist bis heute die Einzige, die meinen Beruf ernst nimmt und jeden meiner Romane sofort bei Erscheinen am Kiosk kauft und verschlingt. Mit keinem anderen Menschen hatte ich je so viel Spaß wie mit dir.
    Solltest du also ein Mädchen bekommen, wünsche ich ihm auch so eine »schreckliche Charlotte« zur Freundin, denn eine bessere gibt es nicht.
    Das schreibt voller Dankbarkeit und Liebe deine Gerri
    P. S. Du hättest dein Studium wirklich nicht für deine so genannte Gesangskarriere an den Nagel hängen sollen. Auch wenn du furchtbar gerne singst: Du kannst es absolut nicht. Bisher hat sich nur niemand getraut, dir das auch zu sagen. Frag Ulrich, wenn du mir nicht glaubst, er liebt dich wirklich, aber er hat immer schon gesagt: »Lieber eine Wurzelbehandlung ohne Betäubung als Charly ›Somewhere over the rainbow‹ singen zu hören.« Deshalb komm auch bitte nicht auf die Idee, bei meiner Beerdigung »Ave Maria« zu singen oder so. Ich möchte keinesfalls, dass die Leute an meinem Grab einen Grund zum Lachen haben.
    P. P. S. Dir gehören ab sofort alle meine Ohrringe und die Kissen mit dem Rosenmuster, die du so magst. Im Bad steht noch eine brandneue Packung Haartönung »Indian Summer«, das wird dir gut stehen. Und keine Sorge: Du wirst eine wunderbare Mutter sein.

V ier
    Der Sekt machte mich sentimental.
    »So fühlt es sich also an, wenn die Welt untergeht«, dachte ich. »Wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Der letzte Halt genommen …«
    »Wie bitte?«, fragte Lakritze. Offenbar hatte ich meine Gedanken laut vor mich hingenuschelt.
    »Ich glaube, ich vertrage den Sekt nicht«, sagte ich. »Mir ist ganz schwindelig.«
    »Mir auch«, sagte Lakritze. »Das ist ja gerade das Gute daran.« Sie sah auf die Uhr. »Wir können jetzt zu Herrn Adrian hinübergehen.«
    »Warum eigentlich?«, fragte ich. »Ich weiß doch schon alles.«
    »Ja, aber der Gute ist neu hier, und wir möchten nicht, dass er denkt, dass wir ihm alle Arbeit abnehmen. Vor allem nicht die unangenehme Arbeit. Ich möchte sehen, wie er sich windet, wenn er Ihnen Ihre Existenzgrundlage raubt.«
    »Na dann«, sagte ich. Ich schwankte ein wenig, als ich mich erhob. Hoppla! »Normalerlerlerweise trinke ich tagsüber nicht. Und normalerlerlerweise kann ich das Wort normalerlerlerweise auch besser aussprechen. Ich sollte nach Hause gehen.«
    »Hier«, sagte Lakritze und reichte mir ein Pfefferminzbonbon. Sich selber schob sich auch eins in den Mund. »Wir wollen ja nicht, dass der arme Junge denkt, wir würden unseren Kummer in Alkohol ertränken.«
    »Welcher arme Junge?«
    »Na, dieser Adrian. Er ist noch grün hinter den Ohren. Lauros hat ihn uns einfach vor die Nase gesetzt, um die sogenannte Umstrukturierung zu leiten. Wenn Sie mich fragen, hat der sich nicht geradeum den Posten gerissen. Er versucht, den Coolen zu spielen, aber er ist hoffnungslos überfordert. An uns alten Knochen beißt er sich die Zähne aus. Wir haben Wetten laufen, dass er noch vor Ende des Quartals wieder hier

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