Für jede Lösung ein Problem
müssten, denn freie Mitarbeiter sind ja immer einem gewissen Risiko ausgesetzt«, fuhr Adrian mit gehobenen Augenbrauen fort. »Bei Lauros haben wir daher unseren Autoren immer empfohlen, ihren Brotjob auf keinen Fall aufzugeben.«
»Was ist denn ein Brotjob?«, fragte ich. Wollte der mir erzählen, dass die Lauros-Romane nur von Bäckerei-Fachverkäuferinnen geschrieben wurden? Möglich war’s, ich hatte ein paar davon gelesen.
»Ein Brotjob ist ein Job, mit dem man seine Brötchen verdient«, sagte Lakritze. »Bei Aurora hat man bisher mehr auf professionelle Autoren gesetzt als auf Hobbyschreiber. Aber nicht immer im Leben zahlt sich Qualität aus.« Sie seufzte.
»Sie haben also keinen Beruf?«, fragte Adrian, der so tat, als habe er Lakritze gar nicht gehört.
»Natürlich habe ich einen Beruf«, rief ich aus und schwankte dabei so heftig, dass im Regal hinter mir ein paar Bücher umfielen. »Ich bin Schriftstellerin.«
»Und zwar eine unserer besten«, sagte Lakritze. »Wenn nicht sogar die beste !«
»Wie wä…«, sagte Adrian.
»Es gibt noch eine Möglichkeit.« Mir war gerade eine Alternative zu der Brücke eingefallen. »Ich könnte zurück zu meinen Eltern ziehen.« Ich schlug meinen Hinterkopf mit Absicht gegen ein Regalbrett.»Oder in die geschlossene Anstalt. Das bleibt sich allerdings fast gleich.«
Adrian musterte mich eine Weile lang ratlos. Dann fragte er: »Sind Sie verheiratet oder sonst irgendwie fest gebunden?«
Ich blinzelte ihn verwirrt an. Die Frage war indiskret, aber sein Interesse schmeichelte ihr. Sie konnte ein Erröten nicht verhindern und schlug die Augen nieder.
»Nein, und Sie?«
Adrian blinzelte ebenso verwirrt zurück. »Ich frage nur, weil … in so einer, äh, Übergangszeit ist es schon hilfreich, wenn man jemanden hat, der einem die Miete bezahlt.«
»Wie bitte?« Allmählich wurde ich aber sauer.
»Lauros empfiehlt seinen Freizeit-Autoren sicher, sich vorsorglich jemanden zu suchen, der die Miete zahlt«, sagte Lakritze. »Wir bei Aurora haben das bisher versäumt.«
»Frau Krietze, ich finde Ihre sarkastischen Bemerkungen im Augenblick wenig hilfreich«, sagte Adrian. »Ich versuche doch nur, Frau Thaler zu helfen.«
»Ja, dann tun Sie das doch auch. Ich könnte für Corinna schreiben oder für Ambulanzscheiß Dingsbums «, sagte ich. » Bitte! Ich werde sonst wieder pneumotorisch depressiv und kann für nichts garantieren! Neurotisch deaktiv repressiv, meine ich. Das können Sie ruhig mal im Internet nachlesen.«
Jetzt sah Adrian mich an, als ob er seinen Augen und Ohren nicht recht trauen würde. Ich wusste, dass ich nur Blödsinn redete, aber ich war verzweifelt.
»Bei Lauros sehe ich im Augenblick leider wenig Bedarf«, sagte Adrian. »Aber wie Sie vielleicht wissen, baut Aurora seinen Action- und Gruselsektor aus. Wie wäre es denn, wenn Sie Ihr Talent künftig hier einbrächten?«
»Gruselig«, sagte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
»Na wunderbar! Wir haben eine völlig neue Vampir-Lady-Reihe, die ab Juni in den Druck geht, ich schlage also vor, dass Sie dazu baldmöglichst ein Exposé einreichen.«
»Vampir-Lady?«, wiederholte ich. »Ich weiß nicht mal, was das ist.«
»Das weiß niemand so genau«, murmelte Lakritze.
»Vampire sind unsterbliche Wesen, die über übernatürliche Kräfte verfügen und sich von Blut ernähren müssen«, sagte Adrian ernst. »Das beschaffen sie sich entweder über Blutkonserven, von denen die meisten Vampire einen größeren Vorrat besitzen, oder aber durch das allseits bekannte Beißen in die Halsschlagader eines Menschen.«
Ich kniff meine Augen zusammen und betrachtete ihn ungläubig. Aber da war keine Spur von Ironie in seinem Tonfall.
»Vampire können sich durch die Zwischenwelt bewegen und sich daher innerhalb von Sekundenbruchteilen von einem Platz dieser Erde zu einem anderen materialisieren«, fuhr er fort. »Man unterscheidet zwei Sorten, die geborenen und die transformierten Vampire. Entgegen der Legenden vertragen Vampire durchaus auch Tageslicht, auch wenn sie es nicht wirklich lieben, zerfallen sie keineswegs zu Staub, wenn sie ein Sonnenstrahl trifft. Sie sind Meister asiatischer Kampfsportarten, beherrschen den Umgang mit archaischen Waffen, können Gedanken lesen und manipulieren und verfügen über ein gewisses magisches Potenzial, das sich vergrößert, je älter sie werden. Die allgemein bekannten Vampirzähne wachsen nur, wenn sie Blutdurst verspüren, ansonsten sind sie
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