Für jede Lösung ein Problem
Tabletten waren mein wertvollster Besitz. Sie waren meine Fahrkarte ins Jenseits. Nur dummerweise konnte ich sie im Augenblick nicht schlucken. Ole würde bemerken, dass mit mir was nicht stimmte, und dann würde man mir den Magen auspumpen und mich in eine Psychiatrie einweisen.
Aber was konnte ich sonst tun?
Wenn ich mich jetzt zusammenriss, alles zusammenpackte und abhaute, bevor Ole aus dem Bad kam? Die Tabletten in die Handtasche werfen, die Schuhe anziehen und zum Aufzug sprinten? Ich konnte ein Taxi zu einem anderen Hotel nehmen und mich dort völlig ungestört …
Ich hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da kam Ole schon wieder ins Zimmer geschlendert, mit einem Handtuch um die Hüften.
»Mann«, sagte er. »So eine Dusche macht ja schon fast wieder nüchtern.«
»Liebster Ole, wenn du nüchtern bist, dann sei doch so gut und nimm ein Taxi nach Hause«, sagte ich und gähnte wieder. Mein Körper fühlte sich bleischwer an. Aber auf eine angenehme Weise bleischwer. Die Verspannungen, die ich seit Wochen im Nacken hatte, waren verschwunden.
»So nüchtern bin ich nun auch schon wieder nicht«, sagte Ole. »Ich schätze mal, meine zwei Promille werde ich so langsam erreicht haben. Außerdem ist meine Idee immer noch super. Mia wird dermaßenblöd aus der Wäsche schauen. Und deinem Joe wird es auch eine Lehre sein.«
»Aber Ole, du Doofkopp, jetzt halt doch Joe endlich mal aus der Sache raus. Kapierst du denn nicht, dass er davon überhaupt gar nichts mitkriegen würde? Aber dass Mia mich für diese Sache vielleicht von einem Auftragskiller um die Ecke bringen lässt, daran hast du wohl noch nicht gedacht, oder? Und dass ich das alles überhaupt gar nicht will!«
»Doch, schon!« Ole sah mich treuherzig an. »Aber darf ich nicht einmal im Leben egoistisch sein? Weißt du, das ist eine einmalige Gelegenheit – die kann man doch nicht einfach so verstreichen lassen. Mia tut dir nichts, wenn schon einen Killer, dann setzt sie ihn auf mich an. Und du musst ja auch nur so tun , als ob wir was miteinander hätten.«
»Das versteht sich ja wohl von selbst«, sagte ich.
»Bitte, bitte, Gerri, tu’s für mich«, sagte Ole und goss sich Wodka nach. »Ich werde dir auch ein Leben lang die Zähne umsonst machen. Nur die allerbesten Keramik-Inlays. Du hast übrigens sehr gepflegte Zähne, Schnüffelchen, habe ich dir das schon mal gesagt?«
»Ja, bei der letzten Prophylaxe«, sagte ich. »Und sag nicht immer Schnüffelchen zu mir.«
»Tut mir leid, Schnüffelchen«, sagte Ole. »Das sage ich nur, weil ich betrunken bin. Und weil ich das immer schon mal zu dir sagen wollte. Hoppla, festhalten, Süße!«
Meine Knie waren plötzlich ganz wabbelig geworden. Nicht unangenehm wabbelig, eher entspannt wabbelig. Ich ließ mich auf das Bett plumpsen.
»Du hast doch nur zwei Gläser Champagner getrunken«, sagte Ole. »Du bist die Nüchterne von uns beiden, du musst mir auf die Finger hauen, wenn ich auf unanständige Gedanken komme. Ich verlass mich da auf dich.«
»Ich bin aber zu müde, um selber auf unanständige Gedanken zu kommen«, sagte ich und ließ mich hintenüber fallen. »Die rosafarbenen wirken schnell.«
»Wie bitte? Hey, du wirst doch jetzt nicht schlafen wollen? Die Nacht ist noch jung. Wir haben gerade mal halb zehn. Was ist mit unserer Party?«
Ich schüttelte meine Schuhe ab, öffnete den Reißverschluss meines Kleides und wand mich im Liegen aus dem guten Stück heraus. »Würdest du das bitte für mich über den Stuhl hängen?«, sagte ich mit mühsam offen gehaltenen Augen. »Es hat vierhundertdreißig Euro gekostet.«
Ole fing das Kleid auf und pfefferte es hinter sich auf den Sessel. »Hör mal, Gerri, wenn du vorhast, dich weiter auszuziehen, dann kann ich aber für nichts mehr garantieren«, sagte er.
»Nur noch den BH«, sagte ich, während mir meine Augen bereits zufielen. »Ich krieg sonst keine Luft.«
»Ich auch nicht«, sagte Ole. »Oh mein Gott!«
Ich versuchte die Augen noch einmal aufzumachen, aber es gelang mir nicht. »Ich schlafe jetzt ein Weilchen«, sagte ich. »Und ich will, dass du dich so lange anständig benimmst, ist das klar?«
»Dann deck dich zu«, sagte Ole. »Ich bin auch nur ein Mann.«
Ich zog die Decke über mich. Gott, war dieses Bett gemütlich. Die Kissen dufteten frischgewaschen, und wann schlief man je in gebügelter Bettwäsche?
»Du drückst das Schokoladentäfelchen platt«, sagte Ole.
»Mach das Licht aus, Schnüffelchen «, sagte
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