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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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ich.
    »Okay, ich komme auch gleich ins Bett«, sagte Ole. »Nur noch ein Glas Wodka, damit ich auch wirklich nicht über dich herfalle.«
    Ich wollte noch etwas sagen, aber da war ich schon eingeschlafen.

Liebe Großtante Hulda,
    ich bin Gerri, die jüngste Tochter deiner Nichte Dorothea, du weißt schon, die einzige, die nicht blond ist, die, die das Meißner Porzellan auf dem Gewissen hat.
    Von allen Großtanten bist du diejenige, die ich am meisten mag. Ehrlich gesagt bist du auch die einzige, die ich von den anderen unterscheiden kann. Vielleicht, weil du nicht diese weißgelockte Einheitsfrisur gewählt hast und auch mit über achtzig immer noch Lippenstift und Wimperntusche benutzt. Weil du lauter Lachfalten hast und Zigarillos mit goldener Spitze rauchst. Weil du lieber ein richtiges Gespräch führst als endlos über Krankheiten zu lamentieren und weil du ziemlich gute Witze über Onkel Gustav und Cousin Harry reißt. Vielleicht aber auch, weil du keinen senilen Großonkel an deiner Seite mitführst, der jede Gelegenheit nutzt, allen Frauen unter fünfzig auf den Popo zu klopfen.
    Warum hast du nie geheiratet, Großtante Hulda?
    »Du wirst noch enden wie Tante Hulda« ist ein geflügeltes Wort in der Familie, ich habe es sicher tausendmal gesagt bekommen. Als ich Clemens Diederichs in der ersten Klasse in die Brennnesseln schubste, weil er mich küssen wollte, obwohl er vorher ein Thunfischsandwich gegessen hatte, und natürlich, als ich nicht mit Klaus Köhler … – egal, jedenfalls höre ich es, seit ich dreißig bin, beinahe täglich: »Du wirst noch enden wie Tante Hulda.«
    Ja, schön wär’s! Du kannst sicher sein, dass ich mich NICHT umbringen würde, wenn ich wüsste, dass ich mal so enden würde wie du. Als Erbtante mit Lachfältchen. Ich wette, die Männer haben dir ein Leben lang zu Füßen gelegen. Ich wette, du konntest dich vor aufregenden Affären gar nicht retten. Und all die herrlichen Kleider und Hüte, die riesige Villa und die wundervollen Reisenan die Côte d’Azur, nach Indien und New York! Unter diesen Umständen könnte ich mir sogar vorstellen, dass es nicht ganz so wehtäte, auf Kinder verzichten zu müssen. Ich wünsche mir so sehr welche! (Stimmt es eigentlich, dass du mal Syphilis hattest, oder ist das auch so ein Familiengerücht, so wie das, dass ich lesbisch sei?)
    Aber die Zeiten haben sich geändert, Großtante Hulda, heutzutage hat man nicht mehr die Wahl zwischen ganz oder gar nicht, zwischen Geld oder Liebe, zwischen Kinder oder Kegel, zwischen Muskeln oder Hirn, zwischen Abenteuer oder Anstand – heutzutage hat man nur noch die Wahl zwischen Klaus Köhler und hammerhart31 , also zwischen Jauchegrube und Güllefass, zwischen Hölle und Fegefeuer. Und niemand, niemand zahlt einem die Miete.
    Deshalb will ich nicht mehr weiterleben. Deshalb und weil ich neurotisch depressiv bin und keine Medikamente nehmen möchte, von denen einem die Haare ausfallen.
    Dabei glaube ich an die Liebe, Großtante Hulda! Ich glaube ganz fest daran.
    Wie du vielleicht weißt, spekuliert meine Mutter wie alle ihre Schwestern, Cousins und Cousinen auf dein Erbe, weshalb sie auch uns immer dazu angehalten hat, dir Postkarten aus dem Urlaub zu schicken, dir an Weihnachten überflüssige Basteleien zukommen zu lassen und uns überschwänglich für die Strumpfhosen zu bedanken, die du uns immer zum Geburtstag geschenkt hast. Du solltest nur den besten Eindruck von uns bekommen, weshalb ich auch niemals verraten durfte, was ich beruflich mache. Aber weißt du was? Ich bin stolz auf meinen Beruf. Ich habe kein »kleines Schreibbüro« – ich schreibe Liebesromane. Von meiner Familie hat sich nie jemand die Mühe gemacht, einen davon zu lesen, wenn man ihnen glauben darf, lesen sie alle nur Kafka und Thomas Mann. Aber vielleicht hast du ja Spaß an der Lektüre. Von »Sophias erster Kuss« und »KinderkrankenschwesterAngela« liegen Sonderausgaben in Großdruck bei, das kannst du sogar ohne Brille lesen.
    Herzliche Grüße
    Deine Gerri

N eun
    Als ich die Augen aufschlug, wusste ich nicht sofort, wo ich war. Und als es mir einfiel, klappte ich die Augen wieder zu.
    Neben mir lag Ole, das konnte ich auch mit geschlossenen Augen riechen. Es war eine Mischung aus Wodka-Whiskey-Ausdünstung und Zahnarztgeruch, nicht mal so unangenehm, wie es sich anhört. Er schnarchte nicht, aber er atmete ziemlich schwer und laut.
    Eine Weile atmete ich im gleichen Rhythmus mit ihm.
    Nichts stimmte. Er sollte nicht

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