Für jede Lösung ein Problem
Wir …«
»Nein, nein«, sagte ich. »Nicht diese Bringdichbloßnichtnochmalum-Liebe. Er liebt mich so richtig . Im klassischen, romantischen Sinn. Mia ist zu ihren Eltern gezogen, und Ole will sie nicht mehr wieder haben. Sagt er jedenfalls.«
»Na, das sind aber doch mal erfreuliche Nachrichten«, rief Charly aus und strahlte wieder. »Herzlichen Glückwunsch!«
»Hallo?« Was war denn nur mit allen los? Irgendwie übersprangen sie immer ganze Kapitel, nur ich nicht. »Das ist doch wirklich bedenklich ! Der arme Mann weiß doch nicht, was er redet.«
»Also, Ole ist nun wirklich nicht der Typ, der leichtfertig Ich liebe dich sagt«, sagte Charly und führte wieder ein kleines, ausgelassenes Tänzchen auf, diesmal ohne mich. »Endlich hat er’s geschnallt, da warten wir schon seit Jahren drauf! Caro wird ausflippen vor Freude. Und ausgerechnet jetzt willst du dir eine neue Wohnung suchen? Reine Zeitverschwendung wäre das! Überleg doch mal: Da bist du gerade umgezogen und würdest gleich wieder umziehen müssen: ZuOle. Oh, ich hoffe doch sehr, dass er diese Superwohnung behält. Allein diese megahohen Rundbogenfenster sind der Wahnsinn.«
»Spinnst du, Charly? Siehst du denn gar nicht, wie bescheuert das alles ist?« Ich schüttelte den Kopf. »Ole ist total durch den Wind. Der weiß doch gar nicht, was er fühlt. Erst vor ein paar Tagen hat er herausgefunden, dass seine Frau ihn betrügt. Der bräuchte eine Therapie, um seinen Schock erst mal zu verarbeiten.«
»Manchmal brauchen wir einfach so ein bisschen Schwung in unserem Leben, um unsere Gefühle neu zu sortieren und eine längst fällige andere Richtung einzuschlagen«, sagte Charly. »Dafür braucht man dann keine Therapie. Du magst ihn doch auch, oder etwa nicht?«
»Natürlich mag ich ihn«, sagte ich. »Sehr sogar.«
»Na also«, sagte Charly. »Dann genieß es doch einfach, dass du endlich mal bekommst, was du willst. Oh, und Sex im Zahnarztstuhl! Du musst mir dann unbedingt erzählen, wie das so ist!«
Ich wurde rot. »Habe ich dir jemals …?«
»Ja, Gerri-Mausilein, das hast du!« Charly lachte. »Du warst aber ziemlich betrunken an diesem Abend. Und ich habe dir im Gegenzug die superpeinliche Story mit Leo Kernmann in der Flugzeugtoilette erzählt.«
»Oh, und davon weiß ich gar nichts mehr.«
»Ja, darauf habe ich gebaut«, sagte Charly. »Es gibt nämlich Dinge, die man besser immer für sich behält.«
»Ich habe heute auf Oles Zahnarztstuhl gelegen«, sagte ich. »Und du kannst mir glauben, dass ich dabei nicht an Sex gedacht habe.« Ich hatte sogar den Kopf zur Seite gedreht, als Ole versuchte mich zu küssen, direkt im Anschluss an seine Liebeserklärung.
»Tut mir leid, Ole, aber das geht mir alles viel zu schnell«, hatte ich gesagt.
Ole hatte ein bisschen enttäuscht ausgesehen. »Ich verstehe, dass du … – es ist ja auch erst eine Woche her, seit du dich …«, hatte er gesagt. »Aber du fühlst es doch auch, oder? Zwischen uns, da gibt es dieses ganz besondere Band … und das ist auch der Grund für alldiese scheinbaren Zufälle, die uns zu dieser Zeit in dieses Hotel geführt haben. Eine magische Nacht …«
»Ole, ich habe dir das schon ein paar Mal gesagt: In dieser Nacht ist zwischen uns nichts gewesen! Ich hatte Schlaftabletten genommen, und du warst betrunken. Da war nichts Magisches dran, außer dem, was du dir eingebildet hast.«
»Möglicherweise sind mir nicht mehr alle Einzelheiten im Gedächtnis geblieben«, hatte Ole zugegeben. »Aber eins weiß ich genau: Meine Gefühle für dich sind keine Einbildung.«
Ich hatte ihn lange und sehr skeptisch angeguckt. Er sah zum Anbeißen aus, mit seinen ernsten blauen Augen, dem widerspenstigen blonden Haar, das ihm in die Stirn fiel, und diesem wirklich kleidsamen weißen Kittel. Wäre ich unter einem anderen, einem leidenschaftlicheren Sternzeichen geboren worden, hätte ich vermutlich alle meine Bedenken beiseitegeschoben und mich ihm an die breite Brust geworfen. Aber man kann eben nicht aus seiner Haut. Uns Jungfrauen ist der Skeptizismus nun mal angeboren. Wir trauen dem Braten prinzipiell erst mal nicht.
»Gehst du eigentlich auf die Sonnenbank?«, hatte ich schließlich gefragt.
Ole hatte geseufzt. »Ich verstehe, dass du Zeit brauchst, Gerri. Du hast nicht gerade die besten Erfahrungen mit Männern gemacht.«
Da hatte er wohl Recht. Unter anderem hatte ich nicht gerade die besten Erfahrungen mit ihm höchstpersönlich gemacht. Es war kein besonders
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