Für jede Lösung ein Problem
»Sie glaubt mir mehr als dir.«
»Das stimmt leider«, sagte ich. »Übrigens hatten wir nie was miteinander, Arschloch, also nenn mich nicht Schlampe. Du warst sauer, dass ich deinen Gummihammer nicht mal anfassen wollte, und hast mich deinen Cappuccino bezahlen lassen, nachdem du mich sehr unschön beschimpft hast.«
»Dafür habe ich dir ja eben meine Küche geschenkt«, sagte Patrick. »Ich denke, damit sind wir ja wohl quitt, du Schla… frigide Kuh.«
Ja, das stimmte allerdings. Im Grunde hatte ich ein gutes Geschäft gemacht. Für so eine Küche und diese großartige Wohnung konnte man sich ruhig auch mal als frigide Kuh beschimpfen lassen.
***
Ich hatte noch nie einen »Business-Lunch« in einem eleganten Restaurant wie dem Beethoven gehabt, aber ich wusste, dass man nicht in einem »Podolski – ich will ein Kind von dir«-T-Shirt dort aufkreuzen konnte. Also nahm ich meine Master Card, ignorierte das Wissen um die roten Zahlen auf meinem Konto und kaufte mir ein paar neue Klamotten, auch Unterhosen. Es war ein gutes Gefühl, zur Abwechslung mal wieder etwas zu tragen, das nicht durchsichtig, kaputt oder unanständig bedruckt war. Die hellgraue, leichte Hose und der gleichfarbige Kurzarmpullover waren vielleicht nicht besonders peppig, aber sie sahen edel aus, schmeichelten meiner Figur und neigten nicht zum Knittern. Bevor ich aus dem Auto stieg, überprüfte ich im Rückspiegel noch einmal, ob kein Lippenstift auf den Zähnen klebte und nicht noch ein Lockenwickler im Haar saß (Charly passierte das ständig: Die Hälfte der Hochzeit von Caroline und Bert hat sie mit einem Lockenwickler auf dem Hinterkopf erlebt, ich entdeckte ihn erst, als ich wissen wollte, worüber die Leute die ganze Zeit so kicherten). Ich nahm auch den Zahnpflegekaugummi aus dem Mund, es war manchmal schwierig, ihn in einem Restaurant loszuwerden, ohne ihn hinunterschlucken zu müssen.
Im Radio hatten sie Gewitter angekündigt, die das warme Frühlingswetter vorerst vertreiben würden, aber noch war es trocken, was auch das Tragen der fantastischen neuen Schuhe rechtfertigte, die ich mir gekauft hatte: schwarze Slingpumps im Retrolook, die für die Höhe ihres Absatzes erstaunlich bequem waren.
Das Beethoven war ein wirklich hübsches Restaurant, jedenfalls von außen, und als ich einen Blick durch das Fenster warf, staunte ich, wie viele Leute hier mitten in der Woche zu Mittag aßen.
Ich war – wie immer – auf die Minute pünktlich und überlegte, ob ich vielleicht noch einmal um den Block gehen sollte, um nicht als Erste am Tisch zu sitzen. Das sah so übereifrig aus, und ich wollte gern ein bisschen cool wirken. Außerdem wusste ich nicht, ob Lakritze einen Tisch reserviert hatte oder nicht.
»Da sind Sie ja«, sagte ein warmer Bariton neben mir. Es war Adrian,in Jeans und einem grünen Polo-Shirt, das auf die Nuance genau die Farbe seiner Augen hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass das eine Frau für ihn ausgesucht hatte, eine, die ihm tief in die Augen geschaut hatte. Vielleicht auch seine Mutter. »Schön, dass Sie pünktlich sind.«
»Das bin ich immer«, sagte ich. »Das ist mein Sternzeichen.«
»Jungfrau«, sagte Adrian.
Ich nickte verblüfft. »Wieso, sind Sie auch eine?«
»Nein«, sagte Adrian. »Ich bin Schütze.«
»Ist das gut oder schlecht?«, fragte ich.
»Es ist völlig egal«, sagte Adrian, öffnete die Tür ins Restaurant und ließ mich zuerst eintreten. »Ich glaube nicht an Horoskope.«
»Ich eigentlich auch nicht«, log ich, während ich versuchte mich zu erinnern, ob Jungfrau und Schütze gut miteinander harmonierten. Zu Hause musste ich sofort mal im Internet nachgucken. Der Kellner führte uns an einen Tisch in der Ecke, der für zwei gedeckt war.
»Sind wir beide allein?«, entfuhr es mir, ehe ich es verhindern konnte.
»Frau Krietze lässt sich entschuldigen«, sagte Adrian. »Familiäre Angelegenheiten.«
»Oh«, sagte ich. »Aber nichts Schlimmes, hoffe ich.«
Adrian schüttelte den Kopf. »Was möchten Sie essen? Das Menü ist hier immer sehr lecker, nur die Portionen sind etwas klein.«
Ich studierte die Speisekarte. Internationale Küche bedeutete wohl auch, dass in der Karte alle möglichen Sprachen vertreten waren. »Was war noch gleich Abalone?«
»Das sind Seeschnecken, glaube ich«, sagte Adrian.
»Und Emincé?«
»So was wie Geschnetzeltes«, sagte Adrian. »In dünne Streifen geschnittenes Fleisch.«
Ich warf ihm einen beeindruckten Blick zu. Das war wirklich
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