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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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gut.«
    »Es wäre besser gewesen, wenn dieser neofaschistische Glatzkopf von Rothe mir nicht die ganzen Vornoten versaut hätte«, sagte ich. »So war es mit Abstand das schlechteste Abitur, das je jemand in unserer Familie nach Hause gebracht hat. Außer meiner Mutter natürlich, die hat überhaupt keins. Trotzdem war sie ziemlich enttäuscht, dass ich nicht unter den drei Besten meines Jahrgangs war, so wie Tine, Rika und Lulu vor mir. Das sind meine Schwestern. Sie sind einfach in allem besser als ich. Sie sind blond, klug und verheiratet. Oder zumindest verlobt.« Ich verstummte. Hoffentlich hatte das nicht bitter und neidisch geklungen.
    »Ich habe zwei Brüder«, sagte Adrian unvermittelt.
    Ich lächelte ihn an. »Ist das genauso schlimm?«
    »Einer hat seinen Doktor in Kernphysik und war in Seoul bei derOlympiade im Ruderteam dabei, seine Kinder spielen alle Geige und Klavier, der zweite hat das Unternehmen meines Vaters übernommen und ein Fotomodel geheiratet. Meine Eltern sind sehr stolz auf meine Brüder.«
    »Und auf Sie nicht? Aber Sie …«
    » Ich sitze bei Aurora in einer Abstellkammer«, unterbrach mich Adrian. »Was offiziell natürlich niemand erfahren darf. Es heißt, unser Gregor hat eine Führungsposition in der Verlagsbranche , der Name Aurora ist dabei tabu.«
    »Das ist ja verrückt«, sagte ich. »Wie alt sind Sie?«
    »Vierunddreißig«, seufzte Adrian. »Und ich muss immer noch jeden Sonntag bei meinen Eltern zum Mittagessen erscheinen.«
    Ich beugte mich vor. »Ich auch ! Und dass nur, um mich zur Schnecke machen zu lassen. Haben Sie je daran gedacht, in eine andere Stadt zu ziehen?«
    »Oh ja«, sagte Adrian. »Ich habe zwei Jahre in England studiert.«
    »Na, sehen Sie! Darauf müssen Ihre Eltern doch …«
    »Während mein Bruder eine Stelle als Gastdozent in Oxford hatte«, unterbrach mich Adrian wieder.
    »Hm, ich merke schon, Ihre Brüder sind harte Nüsse«, sagte ich. »Aber sie können unmöglich so gut aussehen wie Sie!« Letzteres sagte ich sehr siegesgewiss.
    »Alban hat neben dem Studium gemodelt«, sagte Adrian. »Und Nikolaus ist erst vor vier Wochen im Internet zum bestaussehenden Wissenschaftler Europas gewählt worden.«
    »Dafür heißen sie aber Nikolaus und Alban «, sagte ich, weil mir sonst nichts mehr einfiel. »Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie besser aussehen als Sie. Warum haben Sie denn nicht gemodelt während des Studiums? Was Alban kann, können Sie doch schon lange.«
    »Zu klein«, sagte Adrian. »Ich bin nur einen Meter einundachtzig. Meine Brüder …«
    »Wissen Sie was?«, unterbrach ich ihn. »Ich will kein Wort mehr von ihren Brüdern hören! Wenn ich sage, dass Sie der bestaussehendeMann sind, der mir seit Jahren untergekommen ist, nein, der bestaussehende Mann, der mir je untergekommen ist, dann müssen Sie mir das einfach glauben. Und ich kenne einige gutausehende Männer.«
    »Aber Sie haben meine Brüder ja noch nie gesehen«, sagte Adrian. »Alle meine Freundinnen waren bisher von ihnen hingerissen. Jedenfalls die, die ich mit zum sonntäglichen Mittagessen geschleppt habe.«
    »Marianne Schneider auch?«
    »Marianne habe ich doch nicht meiner Familie vorgestellt«, sagte Adrian entsetzt. »Das hätte sie wohl auch niemals gewollt. Ich sagte doch bereits, dass das nur eine unbedeutende Affäre zwischen uns war.«
    »Sie sagten schäbig und überflüssig«, korrigierte ich ihn.
    Der Kellner kam und nahm unsere Espresso-Bestellung auf.
    »Wieso sind alle Ihre Schwestern blond, nur Sie nicht?«, fragte Adrian, als der Kellner wieder gegangen war.
    »Meine Tante Evelyn meint, ich wäre wohl vom Briefträger«, sagte ich. »Aber in Wirklichkeit bin ich die Einzige, die auf meinen Vater kommt. Die braunen Haare, die braunen Augen …«
    »Aber Ihre Augen sind doch nicht braun «, sagte Adrian und beugte sich vor. »Sie sind wie – Karamellsirup, den man gegen die Sonne hält.«
    Hm, das war aber mal ein hübscher Vergleich, besser als der mit Bernstein, den ich sonst manchmal zu hören bekam. »Meine Schwester Tine hat die gleichen Augen, aber zu blondem Haar sehen sie irgendwie besser aus«, sagte ich, um meine Verlegenheit zu kaschieren.
    »Wissen Sie was?«, sagte Adrian und lachte. »Ich will kein Wort mehr von Ihren Schwestern hören.«
    Ich hätte meinen neuen Vertrag darauf verwettet, dass keiner seiner Brüder ein derartig nettes Lachen hatte. Man musste einfach mitlachen.
    Der Espresso kam und damit so langsam auch das

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