Für jede Lösung ein Problem
nicht schlecht. Mal sehen, was er sonst noch wusste. »Scoparolo?«
»Ein Käse. Vom Schaf.« Adrian hatte die Augenbrauen gehobenund musterte mich über den Rand der Speisekarte hinweg. »Wollen Sie das wirklich wissen, oder ist das ein Quiz?«
»Chiffonade?«
»Das ist, äh … Ich weiß es nicht«, sagte Adrian.
»War aber schon sehr gut«, sagte ich. »Sie gehen wohl oft fein essen, oder?«
»Ja«, sagte Adrian. »Aber ich gucke auch gerne diese Kochsendungen im Fernsehen.«
»Die liebe ich auch«, rief ich aus und konnte nicht verhindern, dass ich ihn anstrahlte. »Kochen ist richtig spannend. Wir treffen uns jeden Samstagabend, um zusammen zu kochen, meine Freunde und ich.«
»Oh, so etwas ist schön«, sagte Adrian. »Das haben wir früher auch manchmal gemacht. Gekocht oder gespielt … Aber mittlerweile haben sie fast alle Kinder, und irgendwie …« Er verstummte.
»Ja, wenn sie Kinder haben, werden sie seltsam«, sagte ich verständnisvoll. »Aber was soll man machen? Nur weil sie Kinder haben, kann man sich doch keine neuen Freunde suchen, nicht wahr?«
»Aber man kann auch nicht die ganze Zeit mit diesen glücklichen Familien verbringen«, sagte Adrian. »Das hält doch kein Mensch aus.«
»Man kommt sich manchmal vor wie von einem anderen Stern«, sagte ich. »Oder noch schlimmer: Als habe die Welt sich weitergedreht, nur man selber ist stehen geblieben.«
»Genau«, sagte Adrian. »Sie behaupten immer, sie seien neidisch auf einen, aber in Wirklichkeit haben sie nur Mitleid mit uns Singles.«
»Ja, und ständig wird man zur Patentante ernannt, quasi als Ersatzbe… Aber Sie sind doch gar kein Single«, fiel mir da ein, und ich wurde im gleichen Augenblick rot. »Ich meine, äh, Entschuldigung …«
»Sie meinen wegen der Sache mit Marianne? Ich wusste nicht, dass alle darüber Bescheid wissen, bis ich Ihren Brief bekam.« Adrianrieb sich verlegen die Nase. Sofort vergaß ich meine eigene Peinlichkeit.
»Aber so eine Büro-Affäre kann man doch nicht geheim halten«, sagte ich in mütterlichem Tonfall.
»Nein, vermutlich nicht. Ich habe es jedenfalls beendet.«
»Was? Etwa meinetwegen?«, rief ich und wurde gleich noch eine Nuance röter. »Wegen meines Briefes, meine ich? Wegen dem, was ich geschrieben habe … über, äh …?«
»Ja«, sagte Adrian. »Wegen dem, was Sie geschrieben haben. Und weil es sowieso nur eine ziemlich schäbige, überflüssige Affäre war. Wissen Sie jetzt wieder, was Sie geschrieben haben?«
Ich schüttelte meinen hochroten Kopf. »Nur ungefähr.« Ich hätte ihn gern gefragt, was an der Affäre schäbig und überflüssig gewesen war, aber ich traute mich nicht. Diese Marianne Schneider ließ vermutlich ihre Stiefel beim Sex an. Schäbig und überflüssig.
Der Kellner kam an unseren Tisch, um die Bestellung aufzunehmen, und ich hatte Zeit, wieder eine normale Gesichtsfarbe anzunehmen. Als wir wieder allein waren, nahm Adrian einen Umschlag aus seiner Aktentasche und reichte ihn mir. »Ich habe Ihnen einen Vertrag mitgebracht, der Sie mit fünf Prozent am Umsatz der Ronina-Reihe beteiligen wird. Abgerechnet wird einmal im Jahr. Ich habe deshalb eine Garantie-Honorar-Klausel einarbeiten lassen, damit Sie nicht bis Februar auf Ihr Geld warten müssen. Bei Vertragsabschluss erhalten Sie fünfzig Prozent des Garantiehonorars.«
»Dann sollte ich schnellstens unterschreiben«, sagte ich und versuchte, ganz lässig zu wirken. Oh mein Gott! Vertrag! Garantiehonorar! Geld!!!!! Jetzt konnte ich die Kaution für die Wohnung vielleicht doch bezahlen, ohne eine Bank auszurauben oder das Angebot meines Vaters annehmen zu müssen. »Mein Konto ist durch unvorhergesehene Ausgaben leider im Minus. Wie viel ist es denn?« Ich öffnete den Umschlag und nahm einen Stapel bedruckter Din A 4 Blätter aus schwerem Papier heraus. Meine Hände wollten zittern, aber ich ließ sie nicht. Ich war ein Profi. Oder auf bestem Weg, einer zu werden.
»Lesen Sie sich alles in Ruhe durch«, sagte Adrian. »Mit diesem Vertrag übernehmen Sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Sind Sie sicher, dass Sie dieser Belastung auch gewachsen sind?«
»Natürlich.« Ich verstand kaum ein Wort von dem, was ich las, ungeduldig überflog ich die Seiten und suchte nach der Zahl, die mein Konto wieder ins Plus bringen würde. Als ich sie endlich auf Seite drei fand, hätte ich beinahe laut aufgekreischt. »Vierundzwanzigtausend Euro!«
»Die Hälfte davon sofort«, sagte Adrian. »Es ist nur die
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