Für jede Lösung ein Problem
Garantiesumme – wir wollen doch sehr hoffen, dass Ronina mehr Geld einspielen wird. Sehr viel mehr.«
Jetzt zitterten meine Hände doch. »Vierundzwanzigtausend jährlich. So viel hatte ich noch nie!«
Adrian hob seine Augenbrauen. »Das ist relativ! Erstens müssen Sie das noch versteuern, zweitens müssen Sie dafür zwei Romane im Monat abliefern und drittens – haben Sie mal Ihren Stundenlohn ausgerechnet? Ich glaube, nur polnische Spargelstecher bekommen weniger.«
»Aber es ist eine klare Verbesserung gegenüber vorher«, sagte ich. »Und ich mache das wirklich gern .«
»Ich möchte trotzdem sicher sein, dass Sie der Belastung gewachsen sind«, sagte Adrian.
»Na hören Sie mal«, sagte ich. »Ich habe zehn Jahre lang für Aurora geschrieben, zwei Romane im Monat, und ich habe jeden einzelnen von ihnen pünktlich abgegeben. Fehlerfrei und druckreif.«
»Ja, schon«, sagte Adrian. »Aber, äh, im Interesse des Verlages muss ich mich absichern, dass Sie nicht noch einmal versuchen werden, sich umzubringen. Dann hätten wir nämlich wirklich ein Problem.«
»Tja«, sagte ich. »Da kann man aber nie ganz sicher sein. Ich meine, ich könnte ja auch eine Krankheit bekommen oder einen Unfall haben. Und Sie genauso. Jedem kann jederzeit etwas passieren.«
»Sie wollen sich also nicht noch einmal umbringen?«
»Ähm – vorerst wohl nicht«, sagte ich.
»Gut«, sagte Adrian. Ich wartete darauf, dass er fragen würde, warum ich es hatte tun wollen, aber er fragte nicht.
»Ich bin gar nicht neurotisch depressiv«, sagte ich. »Ich hatte nur eine langanhaltende schlechte Phase. Liebesleben, Arbeitsleben, sonstiges Leben – alles war ohne Perspektiven. Aber das hat sich jetzt geändert.«
»Das freut mich für Sie«, sagte Adrian.
»Nicht, dass jetzt alles großartig wäre«, setzte ich hinzu. »Es ist nur – besser geworden.«
»In allen Bereichen?«
»Wie bitte?«
»Liebesleben, Arbeitsleben, sonstiges Leben«, zählte Adrian auf.
Ich dachte kurz nach. »Ja«, sagte ich dann. »Kann man so sagen.«
Das Essen kam, und es war sehr lecker. Unter Chiffonade muss man sich übrigens eine Suppeneinlage vorstellen: in Streifen geschnittener grüner Salat. Adrian hatte eine Spargelcremesuppe mit Bärlauch zur Vorspeise und Heilbutt zur Hauptspeise. Ich hätte gern mal probiert, aber natürlich traute ich mich nicht zu fragen. Mein Perlhuhn war aber auch sehr gut. Wir redeten nicht viel während des Essens, aber das machte nichts. Es war ein angenehmes Schweigen.
»Woher wussten Sie eigentlich, dass Jungfrauen pünktlich sind?«, fragte ich, als wir beim Nachtisch waren.
»Das wusste ich doch gar nicht«, sagte Adrian.
»Aber Sie haben mein Sternzeichen geraten !«, sagte ich. »Vorhin, draußen vor der Tür, wissen Sie nicht mehr? Sie haben was von meiner Pünktlichkeit gesagt, und ich habe gesagt, das liegt an meinem Sternzeichen, und da haben Sie gesagt …«
»Ich weiß noch, was ich gesagt habe«, sagte Adrian. »Ich hatte mir gemerkt, dass Sie am vierzehnten September Geburtstag haben, das ist alles.«
»Ach so.« Ich nahm meinen letzten Löffel Erdbeerparfait. Ach so?
Adrian lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Noch einen Espresso?«
»Woher kennen Sie denn meinen Geburtstag?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Vielleicht aus den alten Verträgen, die ich mir angeschaut habe, vielleicht stand es auch in Frau Krietzes Kalender. Ich merke mir immer alles Mögliche, wenn ich es lese. Espresso?«
»Ja, gerne.« Das war aber merkwürdig. Ich war mir ziemlich sicher, dass Lakritze meinen Geburtstag nicht kannte, und in den Verträgen hatte niemals mein Geburtsdatum gestanden. Sonst wäre Lakritze wohl kaum so überrascht über mein Alter gewesen.
Ich sah Adrian genau in die Augen. Er guckte beiseite.
»Okay, ich habe Sie gegoogelt«, sagte er.
»Mich? Aber wo steht denn im Internet mein Geburtstag?« Ich war ein bisschen geschmeichelt. Wie nett! Er hatte mich gegoogelt. Er hatte mehr über mich erfahren wollen. Auf die Idee, das umgekehrt mit ihm zu machen, war ich gar nicht gekommen. Hm, musste ich zu Hause unbedingt nachholen.
»Auf der Homepage Ihrer alten Schule«, sagte Adrian. »Da standen auch Ihre Abiturnote und Ihre Leistungskurse.«
»Das ist aber sicher gegen das Datenschutzgesetz«, sagte ich.
»Ja, bestimmt sogar«, sagte Adrian. »Ich würde meine Schule verklagen, wenn die meine Abiturnote veröffentlichen würde. Aber in Ihrem Fall – eins Komma sieben, das ist ziemlich
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