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Für Leichen zahlt man bar

Für Leichen zahlt man bar

Titel: Für Leichen zahlt man bar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Ihr Leben überhaupt einen Sinn hat ?« fragte ich teilnahmsvoll. »Ist es nicht ein schrecklicher
Gedanke, daß Sie sich an diesem Abend mit albernem Jadeschmuck beschäftigen
müssen, während Sie in der gleichen Zeit mit mir auf dem grünen Rasen von
Central Park Fangen spielen könnten ?«
    Ihre rosa Zungenspitze fuhr
einmal kurz und genüßlich über ihre Unterlippe. »Ich
habe mir schon immer gewünscht, eines der wenigen überlebenden Exemplare des
primitiven Höhlenmenschen kennenzulernen«, sagte sie mehr zu sich als zu mir.
»Hm — nicht übel: rauhe Männlichkeit, und als Zugabe
noch ein markantes Profil! Besitzen Sie zufällig ein Tigerfell, Mr. Boyd ?«
    »Nein, aber für Sie würde ich
mir eins mieten .«
    »Es ist immerhin hoch
anzuerkennen, daß Sie ohne Umschweife auf Ihr Ziel losgehen«, überlegte sie
halblaut. »Ich hasse jene intellektuellen Männer, die ein Mädchen unter dem
Vorwand, ihm mittelalterliche Wandbehänge zeigen zu wollen, In ihre Behausung
locken .« Ihre grauen Augen unterzogen mein Gesicht
einer gründlichen Musterung. »Von einem Mann Ihres Schlages intellektuelles
Niveau erwarten zu wollen, Mr. Boyd, wäre allerdings genauso vermessen wie die
Hoffnung, daß ein Kaninchen nach gütlichem Zureden plötzlich chinesisch
sprechen wird .«
    »Ich überlege mir schon die
ganze Zeit«, sagte ich hingerissen, »ob ich den tiefen Ausschnitt mehr
bewundern soll oder das, was darunter ist. Die Entscheidung fällt mir schwer !«
    »Das bedeutet sicher eine
völlig ungewohnte geistige Anstrengung für Sie«, bemerkte sie eisig.
    »Wundert Sie das — bei so viel rauher Männlichkeit? Miss Montgomery, besitzen Sie zufällig
ein rundes Himmelbett ?«
    Um ihre vollen Lippen zuckte es
verräterisch. »Kaum zu glauben! Ein Muskelmann wie Sie — und eine beinahe geistreiche
Antwort!« Sie reckte sich und holte tief Luft. Sekundenlang glaubte ich, der
schwarze Satin könnte dieser Belastung unmöglich standhalten, und die Vorfreude
verschlug mir fast den Atem.
    »Sie sind kein uninteressantes
Thema, Mr. Boyd«, sagte sie leise. »Ich muß gestehen, daß antiker Schmuck mich
wirklich allmählich zu langweilen beginnt. Eine Aufsatzreihe über einige
unerforschte Wesenszüge der Spezies Mann wäre vielleicht einmal eine angenehme
Abwechslung .«
    »Worauf warten Sie dann noch?
Auf zum Central Park!«
    »Erst muß ich noch eine Weile
die brave kleine Sekretärin spielen«, sagte sie. »Aber gehen Sie bitte noch
nicht, Mr. Boyd. Ich bin bald wieder da .«
    »Sie könnten sich übrigens
einmal erkundigen, ob jemand weiß, was aus Jonathan Cook geworden ist«,
bemerkte ich beiläufig. »Er wird doch keinen Unfall gehabt haben? Wissen Sie,
es geschehen die sonderbarsten Dinge. Ich habe sogar einmal von einem Mann
gehört, der ausgerutscht ist, als er gerade aus der Badewanne steigen wollte,
und sich am Warmwasserhahn die Kehle aufgeschlitzt hat .«
    »Ihre Phantasie treibt üppige
Blüten, Mr. Boyd«, sagte sie leichthin, »aber ich werde mich mal umhören .«
    Ich sah ihr nach, wie sie mit
schwingenden Hüften in der Menge verschwand, und erkannte reumütig, wie vieles
mir durch mein mangelndes Kunstinteresse entgangen war.
    Inzwischen waren ständig neue
Gäste angekommen, und der Raum füllte sich schnell. Ich suchte mir einen
günstigen Platz an der Wand, dicht neben der Tür, und griff mir noch ein Glas
Champagner von einem der Riesentabletts. Zehn Minuten schleppten sich
unerträglich langsam dahin. Dann wurde ich mit einem Ruck wieder hellwach. Ich
erblickte einen Mann und eine Frau, die dicht hinter einer Gruppe
hornbebrillter Jadeliebhaber eingetreten waren.
    Der Mann war groß und
breitschultrig und hatte, obgleich er noch verhältnismäßig jung sein mochte,
eine eindrucksvolle weiße Löwenmähne. Er strahlte das unerschütterliche Selbstbewußtsein eines Menschen aus, vor dem selbst der
hochnäsigste Oberkellner erzittert, sobald er das Restaurant betritt. Das
enganliegende Kleid der Frau an seiner Seite war statt aus blauem jetzt aus
grünschillerndem Brokat mit reicher Goldstickerei. Ansonsten war sie vom
Scheitel ihrer lackschwarz glänzenden Haare bis zu den Sohlen ihrer goldbronzierten
Stöckelschuhe die gleiche Laka Tong, die mir heute
früh einen lohnenden Auftrag angeboten hatte.
    Ich drängte mich durch die
Menge, und es gelang mir, ihren Ellenbogen zu ergreifen, als sie mit ihrem Begleiter
gerade bis zur Mitte des Raumes vorgedrungen war. Sie zuckte heftig zusammen.
Dann wandte sie

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