Für Leichen zahlt man bar
sagen
lassen, reifen die Mädchen früh.
6
Erst gegen neun Uhr kamen am
nächsten Morgen gemächliche Schritte den Gang entlang, und ich fragte mich
erbittert, ob unser Gefängniswärter sich wohl sein Frühstück hatte schmecken
lassen. Mit einem knirschenden Laut wurde der Riegel zurückgeschoben, dann
öffnete sich die schwere Tür.
»Alle Mann an Bord !« ertönte eine sonore, ausgeruhte Baritonstimme. »Mr. Boyd,
der Boss möchte gern loslegen. Er wartet nicht gern !«
Ich trat vor die Tür des
winzigen Zimmers. Vor mir stand Eddie Sloan, einen Revolver in der Hand und
einen Ausdruck konzentrierter Bosheit auf seinem glänzenden Mondgesicht.
»Na, gut geschlafen, Boyd ?« erkundigte er sich grinsend. »Ich hoffe, Sie waren mit
dem Service zufrieden. Wenn Sie irgendwelche Klagen haben, wenden Sie sich
bitte vertrauensvoll an unsere Direktion .«
»Das wird mir ein wahrer Hochgenuß sein«, versicherte ich ihm, »und wenn ich meine
Beschwerde einreiche, nehme ich gleich einen hübschen, handlichen Felsbrocken
mit .«
»Sie sind ein unverbesserlicher
Optimist !« Er lachte laut, auf. »Umgekehrt wird ein
Schuh draus! Was heute abend noch von Ihnen übrig
ist, Boyd, wird vielleicht gerade unter einen netten handlichen Felsbrocken
passen .«
In diesem Augenblick verstummte
sein Lachen wie abgeschnitten. Er betrachtete mich mit mißtrauisch funkelnden
Augen. »Und wo ist unsere schlitzäugige Puppe ?« knurrte er.
»Du bist im unrechten
Augenblick gekommen, Eddie«, meinte ich freundlich.
»Was soll das heißen ?«
»Ich habe ihr mein Taschentuch
geborgt, damit sie im Waschbecken ein Bad nehmen kann«, griente ich.
»Sieh mal einer an«, sagte er
gedankenvoll.
»Wenn du mir nicht glauben
willst, kannst du ja selber nachsehen«, meinte ich einladend. »Da auf dem Bett
liegen ihre Kleider !«
Sloan kam dicht heran, so daß
er ins Zimmer spähen konnte. Lakas elfenbeinfarbenes
Kleid war sorgfältig auf dem Bett ausgebreitet. Eddie ließ dieses
vielversprechende Bild einen Augenblick stumm auf sich wirken. Ich merkte
förmlich, wie seine Phantasie anfing zu arbeiten. Er brummte ein paarmal und
fuhr sich dann mit der Zunge gierig über die dicken Lippen.
»Okay, Boyd, dann wollen wir
mal zusammen hineingehen. Ist mir ja direkt peinlich, daß Sie die kleine Lady
so lange alleingelassen haben. Wer weiß, sie könnte ja auf der Seife
ausgerutscht sein oder so .«
Er drängte mich ins Zimmer
zurück, und seine Fettmassen wackelten wie ein Pudding, so sehr mußte er über
seinen eigenen Witz lachen. Erst allmählich beruhigte er sich wieder. Er
horchte. Das Geräusch des stetig laufenden Wassers schien eine fast hypnotische
Wirkung auf ihn auszuüben. Seine Einbildungskraft hatte sich inzwischen so heißgelaufen , daß man es geradezu knistern hörte.
»Ich habe so etwas noch nie
gesehen, Eddie«, sagte ich leise. »Es muß wohl daran liegen, daß sie
chinesisches und Südsee-Blut in sich hat .«
»Hä ?« fragte er, nicht ganz bei der Sache.
»Diese phantastische Figur«,
seufzte ich hingerissen. »Man kann glatt den Verstand darüber verlieren .«
»Tatsächlich ?« fragte er heiser. »Müßte man sich doch mal ansehen, wie ?«
»Wenn ich sie rufe, schöpft sie
keinen Verdacht«, flüsterte ich. Er nickte ungeduldig. » Laka !« rief ich. »Könntest du einen Augenblick herkommen,
Liebling ?«
Sekunden später stand eine
nackte Schönheit mit schlechthin vollkommenem Körperbau und honigfarbener Haut
mitten im Zimmer. Eddie schnappte hörbar nach Luft. Laka hob die Arme langsam über den Kopf und drehte sich einmal anmutig um sich
selbst.
»Mann, so was gibt’s nicht noch
mal«, sagte Eddie vollkommen außer sich. »In keiner Striptease-Schau der Welt.«
Laka sah ihn strahlend an. In ihren
Augen funkelte Spott. Sie hatte jetzt die Arme vorgestreckt und wiegte sich in
den Hüften. »Mr. Sloan, haben Sie schon mal einen Hula-Tanz ohne Hula-Röckchen
gesehen ?«
Von diesem Augenblick an war
ich für Eddie nicht mehr vorhanden. Nach fünf Sekunden machte ich dem grausamen
Spiel ein Ende. Man erwies Eddie nur einen Gefallen, wenn man ihn vorübergehend
ins Land der Träume beförderte. Sonst hätte ihn bestimmt, lange bevor Laka ihren Hula-Tanz beendet hatte, der Schlag getroffen.
Ich unterschätzte Eddie
durchaus nicht. Unter seiner Fettschicht lagen, wie gesagt, gewaltige
Muskelpakete. Ich schlug also hart, zielsicher und mit aller Kraft zu. Er
konnte sich nicht schnell genug von dem
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