Für Menschen ungeeignet
Methodik und Kritik war für diese Jagd auch nicht nach seinem Geschmack.
Er wählte Mittwell und Clarkes Die Großstadt-Jagd, Scouterkennen leicht gemacht von Algreen und vom selben Autor Das Opfer in seiner Welt.
Alles war vorbereitet. Er ließ eine Nachricht für den Milchmann zurück, verschloß sein Apartment und nahm ein Taxi zum Flughafen.
In New York stieg er in einem Hotel direkt im Stadtzentrum ab, nicht weit von der Wohnung seines Opfers entfernt. Das Hotelpersonal bedachte ihn mit besonderer Zuvorkommenheit, was ihm nicht recht gefiel. Er fühlte sich als auswärtiger Mörder erkannt, und das war keine gute Ausgangsposition.
In seinem Zimmer fiel ihm sofort eine Broschüre auf dem Nachttisch auf. Deine Aggressionen gehören dir lautete der Titel, überreicht mit den Komplimenten des Hauses. Frelaine blätterte lächelnd darin herum.
Da er zum ersten Mal in New York war, verbrachte er seinen Nachmittag damit, in der Umgebung der Wohnung seines Opfers spazieren zu gehen. Danach sah er sich ein paar Geschäfte seiner Branche an.
Martinson und Black fand er besonders faszinierend. Er besuchte die Abteilung für Jäger und Gejagte. Dort gab es leichte kugelsichere Westen für das Opfer und Richard-Arlington-Hüte, schußfest und mit tödlicher Metallkrempe.
Entlang einer Wand waren die neuesten kurzläufigen Waffen vom Kaliber .38 ausgestellt.
»Tragen Sie einen Malvern Straitshot!« empfahl ein Plakat. »AAA-genehmigt. Zwölf Schuß pro Magazin. Geprüfte Zielgenauigkeit über zwei Zentimeter auf fünfzig Meter. Damit schon der erste Schuß sitzt. Gehen Sie kein Risiko ein, gehen sie nur mit einem Malvern.«
Frelaine lächelte. Der Werbetext gefiel ihm. Und die kleine schwarze Waffe hatte etwas ungemein vertrauenerweckendes im Design. Aber Frelaine war mit seinem eigenen Modell zufrieden.
Das Sonderangebot der Woche waren Spazierstöcke mit einem vierschüssigen auswechselbaren Magazin. Als junger Mann war Frelaine auf jeden neuen technischen Trick versessen gewesen. Aber heute wußte er, daß die alten Methoden noch immer die besten waren.
Draußen vor dem Geschäft entfernten vier Männer von der Stadtreinigung eine frisch abgeschossene Leiche. Frelaine bedauerte, daß er den eigentlichen Mord verpaßt hatte.
Er aß in einem guten Restaurant zu abend und ging früh ins Bett.
Morgen würde ein langer Tag werden.
Am nächsten Tag spazierte Frelaine durch das Viertel des Opfers, ihr Bild immer in Gedanken vor Augen. Er vermied es, die Leute zu genau anzusehen. Statt dessen schritt er schnell aus, wie jemand der ein bestimmtes Ziel hat – die Art, auf die sich ein erfahrener Jäger bewegen sollte.
Er kam an mehreren Bars vorbei und nahm in einer einen Drink. Dann bog er in eine Seitenstraße der Lexington Avenue ein.
Vor ihm lag ein nettes kleines Straßencafe. Er ging daran vorbei.
Und da saß sie! Er hätte das Gesicht nie verwechseln können. Es war Janet Patzig, die da an einem Tisch saß und in ihr Glas starrte. Sie sah nicht auf, während er vorbeiging.
Frelaine ging rasch, weiter und verschwand um die nächste Häuserecke. Dort blieb er stehen. Seine Hände zitterten.
War das Mädchen völlig verrückt? Hielt sie sich für unverwundbar, daß sie sich so in aller Öffentlichkeit präsentierte?
Er hielt ein Taxi an und ließ sich um den Block fahren. Tatsächlich, da saß sie noch immer. Frelaine sah sie sich genau an.
Sie wirkte jünger als auf dem Photo, aber dabei konnte man sich verschätzen. Keinesfalls war sie weit über die Zwanzig, stellte er fest. Das dunkle Haar trug sie in der Mitte gescheitelt und streng nach beiden Seiten über die Ohren zurückgekämmt. Sie wirkte damit wie eine Nonne. Ihr Gesichtsausdruck war, soweit er sich deuten ließ, von trauriger Resignation.
Machte sie denn nicht einmal einen Versuch, sich irgendwie zu schützen?
Frelaine zahlte das Taxi und eilte in den nächsten Drugstore. Von dort aus rief er das AAA an.
»Sind Sie sicher das ein Opfer namens Janet Patzig ordnungsgemäß benachrichtigt worden ist?«
»Einen Moment bitte, Sir.« Frelaine klopfte nervös gegen die Tür seiner Telefonzelle. »Ja, Sir. Wir haben die persönliche Bestätigung des Opfers. Stimmt irgend etwas nicht, Sir?«
»Nein«, sagte Frelaine. »Ich wollte nur sicher gehen.«
Letzten Endes ging es ihn nichts an, wenn das Mädchen sich nicht verteidigen wollte.
Sie blieb sein rechtmäßiges Opfer.
Es war seine Jagd.
Für heute verschob er den Abschuß allerdings erst
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