Für Nikita
machen
sollst? Du sollst dich vor allem beruhigen. Dich zusammennehmen. Warum die Panik? Der Auftrag ist erledigt, es gibt keine
Spuren, alles ist verbrannt, die Leiche genauso wie Disketten und Kassetten. Deinen Anton habe ich ausgezahlt, er war zwar
total zugedröhnt, bis obenhin voll Drogen, aber das ist nicht unser Problem. Es ist alles in Ordnung, Grischa. Bleib ganz
ruhig und mach keinen Streß.«
»Er war also da und hat sich das Geld geholt?« fragte Russow heiser.
»Aber natürlich.« Viktjuk lächelte in den Hörer.
Im Leichenschauhaus nachzufragen, warum der Leichnam des verunglückten Schriftstellers mit so seltsamer Hast eingeäschert
worden war, hatte keinen Sinn. Hauptmann Leontjew war sicher, daß ihm das nichts einbringen würde außer einer weiteren Rüge
von seinem Chef. Aber er hatte unter seinen inoffiziellen Agenten einen Mann, der ihm eine gewisse Klarheit verschaffen konnte.
Natürlich nur, wenn man gehörig Druck auf ihn ausübte.
Vor einigen Jahren hatte Leontjew einen netten, stillen Jungen angeworben, der der Beteiligung an einer Vergewaltigung verdächtigt
wurde. Die Sache war ziemlich faul. Eine leichtfertige junge Dame, die mit Drogen dealte, wollte ihre Kunden reinlegen, und
als die sie am Arm packten, inszenierte sie eine hübsche Vorstellung mit blauen Flecken, zerrissenem BH und einer phantasievollen
Anzeige bei derMiliz. In derartigen Fällen ist niemand im Recht, alle sind schuldig, der Ausgang ist also offen.
Leontjew erfuhr, daß einer der Beschuldigten im Leichenschauhaus arbeitete, sah ihn sich genauer an und stellte an ihm eine
ganze Reihe wertvoller Eigenschaften fest: Kontaktfreudigkeit, ein schwaches Nervenkostüm, Drogenabhängigkeit und schließlich
die besondere, widerliche Feigheit tief in den Augen, die für so verantwortungsvolle Dinge wie Spitzeldienste enorm wichtig
ist. Der Hauptmann beschloß, dem Jungen ein bißchen entgegenzukommen: Er behandelte ihn nicht als Mittäter, sondern als Zeugen.
Aus schierer Dankbarkeit unterschrieb der Junge das kostbare Papier.
»Ich, Alexander Iwanowitsch Barsukow, verpflichte mich aus freien Stücken, die Organe für Innere Angelegenheiten bei der Überführung
krimineller Elemente zu unterstützen. Ich verpflichte mich, meine Zusammenarbeit mit den Justizorganen nirgends, niemals und
unter keinen Umständen publik zu machen. Zum Zwecke der Konspiration wähle ich den Namen Barsuk 2 , mit dem ich meine Mitteilungen unterschreiben werde. Datum, Unterschrift.«
Vor einiger Zeit war Alexander Barsukow Medizinstudent gewesen, und gar kein schlechter, doch ab dem zweiten Studienjahr hing
er fest an der Nadel. So fest, daß es ruchbar wurde, und zwar nicht nur wegen seiner zerstochenen Venen und seiner vergrößerten
irren Pupillen, sondern auch wegen der Morphiumampullen, die aus einem verschlossenen Medikamentenschrank im zweiundzwanzigsten
Krankenhaus verschwanden, wo der stille Student Alexander nach dem Unterricht jobbte.
Ein Strafverfahren wurde nicht eingeleitet, aber Alexander flog aus dem Krankenhaus, das heißt, nicht ganz.
Er bekam eine Stelle im Leichenschauhaus. Dort wurden nach dem Skandal mit den Wohnungsspekulanten gerade Leute gebraucht.
Leontjew beobachtete, wie Barsuk zusammen mit zwei Freunden aus einem schwarzen Wolga stieg und in die Pizzeria neben der
Metro ging. Bei den Informationen, die er von Barsuk bekam, ging es meist um kleinere Drogendeals; Barsuk war im Grunde nicht
viel nütze. Vermutlich würde Leontjew wieder einmal ein paar Stunden mit einem öden, sinnlosen Gespräch vertun, in dem er
außer Klagen über die Ungerechtigkeit der Welt nichts Interessantes zu hören bekäme.
Der Hauptmann war in Uniform. Er betrat das Café, bestellte einen scharfen Krautsalat, eine Pizza mit Schinken und ein Glas
Tee und setzte sich seelenruhig an Barsuks Nachbartisch. Er wählte seinen Platz so, daß Barsuk ihn bemerken mußte, aber nicht
gleich, sondern wie zufällig, im Spiegel. Er sollte ruhig ein bißchen nervös werden, vielleicht machte ihn das gesprächiger.
Barsukow war in netter Gesellschaft: zwei junge Zuhälter. Die Jungs verschlangen mit viel Appetit gebackene Hähnchenschnitzel
mit Bratkartoffeln und erörterten laut und ungeniert ihre Eindrücke von Neuzugängen, die sie offenkundig gerade persönlich
auf ihre Berufstauglichkeit geprüft hatten.
»Ich hab der Semmelblonden noch was in den Wodka getan, so ’n indisches Gras, das
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