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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Leningrader Prospekt plötzlich spurlos verschwunden war,
     nachdem er sogar noch alles, was der Auftraggeber beiseite geschafft haben wollte, aus seiner Wohnung geholt hatte und dabei
     den Killern erneut knapp entkommen war, hatte Viktjuk zum erstenmal eine unangenehme Kälte im Brustkorb verspürt. Irgend etwas
     stimmte nicht mit diesem Godunow.
    Viktjuk hatte sich wie immer gründlich mit der Biographie der Zielperson beschäftigt. Nach seinem Ermessen hätte es keinerlei
     Schwierigkeiten geben dürfen. Der Schriftsteller hatte keine Bodyguards, fuhr kein gepanzertes Auto, konnte nicht schießen,
     hatte seine letzte Prügelei in der Kindheit absolviert, war schutzlos, zudem zerstreut und so vertrauensselig, daß es schon
     an Dummheit grenzte. Der klassische Intellektuelle. So einen zu erledigen war ein Kinderspiel. Und dann das!
    Als der vertrottelte Intellektuelle plötzlich spurlos verschwand, gerieten alle in Panik. Die drei gedungenen Profikiller
     wollten nicht zugeben, daß sie es vermasselt hatten, und erklärten, das Opfer sei ebenfalls ein Profi, das habe seine blitzschnelle,
     sichere Reaktion bewiesen. Russow brüllte am Telefon und verlangte Unmögliches. Auch Viktjukselbst war nervös. Egal, auf wen er die Schuld schob, verantwortlich für den Auftrag war letzten Endes er. Viktjuk überprüfte
     beharrlich und in aller Stille sämtliche verfügbaren Adressen, wo Rakitin untertauchen konnte. Es waren nicht viele. Mit Sicherheit
     versteckte er sich nicht bei seiner Geliebten, der Journalistin Tatjana Wladimirowa. Auch nicht bei seiner Exfrau – er würde
     sein eigenes Kind nicht in Gefahr bringen. Wer kam noch in Frage? Seine alte Kinderfrau? Wohl kaum.
    Während Viktjuk noch grübelte, kam Russow ein glänzender Gedanke. Er rief mitten in der Nacht aus Sinedolsk an, ruhig, konzentriert,
     ohne das heisere Zittern in der Stimme, und nannte ihm eine Adresse: Wychino, Sredne-Sagorski-Gasse 40.
    »Erklär mal«, bat Viktjuk.
    »Er braucht jemanden, der ihm einerseits nahesteht und zuverlässig ist und den andererseits keiner kennt. Das heißt jemanden,
     den er lange nicht gesehen hat, dem er aber hundertprozentig vertraut. Ich bin im Kopf alle durchgegangen. Sinaïda Resnikowa
     ist eine Freundin aus der Kindheit, eine alleinstehende Malerin. Sie haben sich rund fünf Jahre nicht gesehen, kennen sich
     aber von klein auf. Das muß jedenfalls überprüft werden.«
    Viktjuk verlor keine Zeit und schickte einen seiner obdachlosen Agenten nach Wychino. Er erfuhr umgehend, daß sich bei der
     Malerin ein blonder junger Mann einquartiert hatte, genau so einer wie auf dem Foto, das der Obdachlose unter den Nachbarn
     der Malerin rumzeigte. Für eine Flasche erzählten sie ihm genau, wie Sina mit dem Mann, der eine Tasche dabeihatte, nach Hause
     gekommen und anschließend weggefahren sei.
    Viktjuk rief sofort die Killer an, um ihnen die angenehme Neuigkeit zu übermitteln. Aber sie konnten nirgends mehrhinfahren, auch nicht für zusätzliche fünftausend Dollar.
    Die Nachricht vom Tod der drei Profis verdarb sowohl Viktjuk als auch Russow endgültig die Laune. Da überlegte der erschöpfte,
     zermürbte Viktjuk krampfhaft, warum ihm die Adresse in Wychino so bekannt vorkam. Wo und von wem hatte er schon mal von der
     Sredne-Sagorski-Gasse gehört?
    Normalerweise wählte Viktjuk seine Mitarbeiter mit Bedacht, überprüfte jeden einzelnen sorgfältig, doch er verschmähte niemanden,
     nicht einmal Obdachlose. Man mußte flexibel und für jeden Auftrag gerüstet sein. Häufig setzte er zum einmaligen Gebrauch
     ziemlich finstere Typen ein, die ein Opfer rasch und ohne nachzudenken im Hausflur mit einem Dutzend Messerstiche erledigten.
    Einen perfekten Mord zu organisieren ist gar nicht so einfach, deshalb ranken sich so viele Mythen und Legenden um die Institution
     des Profikillers. Als Indizien für einen Auftragsmord gelten zum Beispiel ein Kontrollschuß in den Kopf und eine am Tatort
     zurückgelassene Waffe. In Wirklichkeit ist der finale Kopfschuß für den einen tatsächlich eine Art Visitenkarte, ein anderer
     aber schießt vielleicht bloß nicht gut genug, um sein Opfer gleich mit dem ersten Schuß zu töten.
    Was die Waffen angeht, so benutzt ein Profi in der Regel ganz spezielle Waffen. Davon gibt es nur wenige, und die wichtigsten
     Quellen dafür sind der Miliz bekannt. Warum also eine solche Spezialanfertigung am Tatort liegenlassen? Ist es nicht vernünftiger,
     sie zu beseitigen, damit sie

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