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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Faxen. Du bist doch unser düsterer und rätselhafter junger Mann. Vergessen?«
    »Ich bin verschieden.« Nikita warf mit einem schwungvollen Kopfschütteln den Haarschopf zurück und zog die breiten, dunklen
     Brauen zusammen. »Mit mir ist es nie langweilig.«
    »Wo hast du denn den her?« fragte Nika, die sich mit Sina ins Bad zurückgezogen hatte.
    »Seine Kinderfrau ist mit meiner Oma befreundet. Wir kennen uns seit dem Krabbelalter. Nur daß er ein Jahr älter ist.«
    »Er hatte eine Kinderfrau?« fragte Nika erstaunt.
    »Die hat er noch immer. Weißt du, wer sein Papa ist? Der berühmte Rakitin. Der Pianist. Mit sechs war ich übrigens in Nikita
     verliebt. Meine erste unerwiderte Leidenschaft. Ich hab für ihn Schokolade aufgehoben, und wenn er mit seiner Kinderfrau zu
     Besuch kam, hab ich mich im Überschwang der Gefühle unterm Tisch verkrochen. Aber das ging vorbei. Dann kam Dimka Ponomarjow.«
    »Ich erinnere mich.« Nika lächelte. »Die Liebe hielt ziemlich lange an, ganze drei Monate in der ersten Klasse.«
    Am Tisch setzte sich Nikita neben Nika. Er spielte nicht mehr den Clown, er schwieg, starrte auf seinen Teller und stocherte
     zerstreut in seinem Salat herum. Wenn ihre Schultern oder Knie sich zufällig berührten, wurde er feuerrot und senkte den Kopf.
    Die kleine Zweizimmerwohnung war voller Teenager, die ungeduldig darauf warteten, daß die Erwachsenen endlich verschwanden.
     Dann konnten sie den süßen Wein und die bulgarischen Zigaretten aus ihren Taschen im Flur holen,das Licht ausschalten und die Musik anwerfen. Doch die Großmutter, bewaffnet mit dem Buch »Pionierfeste«, beschäftigte die
     Kinder ununterbrochen mit Scharaden, Rätseln und fröhlichen Wettspielen. Sie hatte Äpfel an Bindfäden an die Lampe gehängt,
     die sie um die Wette bis auf den Griebs abknabbern sollten, die Hände auf dem Rücken zusammengebunden. Dann mußten sie mit
     alten Kissenbezügen in der winzigen Wohnung Sackhüpfen spielen. Der Vorrat an Pionierspielen schien unerschöpflich. Doch schließlich
     erbarmte sich Sinas Mutter und ging mit der Großmutter zu Nachbarn fernsehen.
    Nikita forderte Nika mit finsterem Gesicht zu einem langsamen Tanz auf. Bei ausgeschaltetem Licht wiegten sie sich zu einem
     Song von Celentano, und alle beide schwiegen, steif wie Holzpuppen.
    Viele Jahre später versuchte Nikita in Worte zu fassen, was an diesem ersten Abend in ihm vorgegangen war. Sein Herz hatte
     geschlagen. Nun, das tat es immer, sechzigmal in der Minute, wie eine Uhr. Aber damals, auf Sinas Geburtstag, raste es – hätte
     es wirklich die Zeit gemessen, wären nicht wenige Stunden, sondern glatt fünfzig Jahre zusammengekommen.
    Er erinnerte sich noch genau, wie heiß die rauhe Stimme des italienischen Sängers sich in seinem Sonnengeflecht niederschlug
     und wie abrupt eisige Leere über ihn hereinbrach, als der Titel zu Ende war und Nika aus seinen Armen glitt.
    Beim nächsten Tanz wurde sie von einem Klassenkameraden aufgefordert, und Nikita ging ins Treppenhaus rauchen, um nicht zu
     sehen, wie sie mit diesem kräftigen, schwarzhaarigen Fatzke mit den orangeroten Socken tanzte, der natürlich seit langem ein
     Auge auf sie geworfen hatte und sich anschließend frech aufdrängte, sie nachHause zu bringen. Zu dritt liefen sie den nassen abendlichen Boulevard entlang; der Fatzke versuchte dauernd, heimlich Nikas
     Hand zu nehmen, und Nikita schwatzte ununterbrochen und versuchte, sich zwischen die beiden zu drängen. Es nieselte, unter
     den Straßenlampen standen gelbe Nebelsäulen. Nika glitt ein rauchgraues Seidentuch vom Hals, Nikita hob es auf und betastete
     den Rest des Weges die feuchte Seide.
    Nika verabschiedete alle beide vor ihrer Haustür. Der Fatzke überlegte nicht lange und lief zum Obus. Nikita tat, als ginge
     er ebenfalls, drehte eine Runde ums Haus und setzte sich auf eine nasse Bank vorm Eingang. Er mußte erst mal durchatmen. Er
     wußte nur eines: Er war bis über beide Ohren in dieses Mädchen verliebt und würde ohne sie nicht leben können. Er langte in
     die Tasche nach seinen Zigaretten. Zusammen mit der Schachtel rutschte auch das Seidentuch heraus. Er preßte sein Gesicht
     in den kalten dünnen Stoff. Dann rannte er zu einem Telefonautomaten an der Ecke und wählte Sinas Nummer. Sina wunderte sich
     kein bißchen, als er dringend nach der Wohnungsnummer ihrer Freundin Nika verlangte.
    »Aber ich sag dir gleich, Rakitin, das wird nichts. Ihr hat noch keiner gefallen. Ihr

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