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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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laufen dauernd welche nach, aber sie
     …«
    »Danke, Sina, einen schönen Geburtstag noch!«
    Kurz darauf klingelte er an der Wohnungstür. Er wußte kaum, was er tat. Er hatte nur einen Wunsch: sie zu sehen, sofort, augenblicklich,
     obwohl sie sich eben erst getrennt hatten. Als wolle er sich vergewissern, daß er Nika nicht nur geträumt hatte, daß sie nicht
     auf Nimmerwiedersehen im Hauseingang verschwunden war.
    Sein Herz pochte so laut, daß er das Geschrei hinter der Tür nicht gleich wahrnahm und nicht merkte, daß er mitdem Seidentuch und seiner albernen kindlichen Verliebtheit völlig ungelegen kam.
    In der Wohnung wartete man auf den Notarzt. Der italienische Regisseur hatte Viktoria und ihren Mann nur ins Restaurant eingeladen,
     um ihr eine unangenehme Mitteilung zu machen: Die Ranewskaja würde die andere spielen.
    Auf der Rückfahrt im Taxi sagte Viktoria keinen Ton. Zu Hause schüttete sie sich, wortlos und als sei ihr Mann gar nicht vorhanden,
     etwa zwanzig Beruhigungspillen auf die Hand, warf sie sich in den Mund, griff nach dem Teekessel und spülte mit hastigen Schlucken
     direkt aus der Tülle die Tabletten hinunter.
    »Ich will nicht mehr leben!« schrie Viktoria. »Laß mich in Ruhe, du Bastard!«
    Onkel Wolodja versuchte, ihr eine schwache Kaliumpermanganatlösung einzuflößen, damit sie erbrach. Sie wehrte sich, sie prügelten
     sich fast, die rosa Flüssigkeit spritzte nach allen Seiten. Trotz der enormen Menge Tabletten tobte Viktoria wie wild und
     fluchte unflätig. Just diese Szene spielte sich ab, als Nika nach Hause kam.
    Zehn Minuten später klingelte es, doch statt des erwarteten Notarztes stand der lange, weißblonde Nikita Rakitin vor der Tür,
     Nikas Seidentuch in der Hand.
    »Ich bitte dich, geh«, sagte Nika.
    »Ist das der Notarzt, Kleines?« rief jemand aus dem Zimmer.
    »Nein, das ist für mich«, antwortete Nika, sah Nikita und wiederholte: »Bitte geh. Hier ist ein Unglück passiert.«
    »Nika, bring mir schnell eine Schüssel!«
    Nika rannte ins Bad, dann mit einer Schüssel ins Zimmer.
    »Mamotschka, bitte, ich bitte dich sehr«, hörte Nikita sie sagen.
    »Töchterchen, mein Mädchen, verzeih mir, ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr leben, ich bringe dir nur Unglück, schreie
     dich dauernd an, verzeih mir, ich bin eine furchtbare Mutter!«
    »Nika, geh raus, sieh nicht her!«
    Nika kam aus dem Zimmer und schloß schnell die Tür hinter sich. Von dort drangen Schluchzen und Geschrei.
    »Du bist noch hier?« fragte sie leise. »Geh bitte.«
    Nikita schüttelte nur finster den Kopf und zog sich die Schuhe aus.
    »Laß mich los, du Idiot! Ich will nicht mehr leben! Nimm deine Schüssel weg! Wozu hast du den Notarzt angerufen? Damit sie
     mich in die Klapsmühle bringen? Ich werde sowieso nicht weiterleben!« kreischte eine Frauenstimme.
    Nikita begriff ziemlich rasch, was los war, sah die Tränen über Nikas Gesicht fließen und hörte ihre Mutter wie rasend toben.
    »Ich gehe nicht, bevor du aufhörst zu weinen. Was hat sie eigentlich genommen?«
    »Elenium. Etwa zwanzig Tabletten«, antwortete Nika mechanisch.
    »Keine Angst, sie stirbt nicht. Sie muß ein Abführmittel kriegen. Bullrichsalz.«
    »Woher weißt du das?«
    »Unsere Nachbarin von gegenüber macht manchmal auch solche Sachen. Meine Oma hat sie schon zweimal wieder zurückgeholt, ganz
     ohne Notarzt, mit einer Magenspülung. Ich hab ihr dabei geholfen.«
    Es klingelte. Das Notarztteam – eine ältere Ärztin mit Köfferchen und ein junger Sanitäter – lief rasch und geschäftig ins
     Zimmer. Nika wollte hinterher, aber Nikita hielt sie fest.
    »Geh da lieber nicht rein.«
    Sie wollte empört widersprechen, als aus dem Zimmereine unglaubliche Schimpfkanonade ertönte, die selbst Nikita verstörte.
    »Komm mit in die Küche. Du brauchst einen Tee.« Er legte den Arm um Nikas Schulter, und überraschend schmiegte sie ihre Wange
     an seine Hand.
    Er setzte sie auf die breite Küchenbank, füllte Wasser in den Teekessel und zündete eine Gasflamme an. Das abgebrannte Streichholz
     fiel in den Spalt zwischen Herd und Küchentisch. Er bückte sich, um es aufzuheben, und entdeckte mehrere weiße Tabletten.
     Sechs Stück. Auf dem Küchentisch lagen zwei leere kleine Eleniumschachteln, jede faßte höchstens acht Tabletten.
    »Wieviel hat sie genommen, sagst du?«
    »Etwa zwanzig.«
    »Zehn. Nur zehn. Nicht der Rede wert.« Er hielt ihr die Tabletten und die leeren Schachteln hin. »Hier, zähl nach. Wie

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