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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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lassen. Das gefällt mir nicht.«
    »Was hast du denn, mein Sonnenschein? Warum bist du so nervös?«
    »Mit mir ist alles in Ordnung. Pfeif die Bodyguards zurück.«
    »Ich denke gar nicht daran.«
    »Wie soll ich das verstehen, Grischa?«
    »Du bist jetzt die Frau eines Gouverneurs, da ist eine Leibwache obligatorisch. Warum bist du eigentlich so ungehalten? Stören
     sie dich? Oder hast du ein Rendezvous?« Er lachte kurz, aber es klang ziemlich verkrampft und gekünstelt.
    »Ja, Grischa. Ich habe ein Rendezvous.« Nika seufzte.
    »So, mit wem denn?«
    »Ach, mit einem alten Studienfreund«, sagte Nika so beiläufig wie möglich, »du wirst dich kaum an ihn erinnern.«
    »Wieso? Ich erinnere mich sehr gut an alle deine Kommilitonen, zu denen du noch Kontakt hast. Also, mit wem hast du ein Rendezvous?«
    Ich darf den Namen nicht nennen – aber auch nicht lügen. Das erfährt er sofort. Durchaus möglich, daß das Telefon zu Hause
     abgehört wird. Mein Gott, was soll das alles, dachte Nika und gurrte zärtlich ins Telefon: »Oh, Grischa, ich hab’s furchtbar
     eilig, ich komme noch zu spät. Küßchen!«
    Solche Töne schlug sie sonst nie an, das war nicht ihr Stil. Sie fand es widerlich, sich so zu verstellen.
    »Warte, wir sind noch nicht fertig«, Russows Stimme wurde schärfer, »steig zu den Jungs ins Auto, wir reden unterwegs weiter.
     Also, mit wem hast du ein Rendezvous?«
    Er weiß, mit wem ich mich treffe und wo, er weiß, worüber ich mit Petja reden will, womöglich bekommt er heute abend schon
     einen Ausdruck des mitgeschnittenen Gesprächs per Fax. Was denn, denke ich etwa, mein Mann hätte Nikita umbringen lassen?
     Denke ich das wirklich? Glaube ich dem häßlichen anonymen Brief? Das alles durchzuckte blitzartig ihren Kopf, dann sagte sie
     ganz ruhig, ohne falsches Gurren und Zittern in der Stimme: »Ich treffe mich mit Petja Lukjanow. Erinnerst du dich an ihn?«
    »Natürlich. Das ist doch der, der Pathologe geworden ist, oder?
    »Ja. Entschuldige, daß ich mich so aufgeregt habe. Ich habe mich einfach noch nicht an die Rolle der Frau Gouverneur gewöhnt
     und bin furchtbar erschöpft. Na ja, du verstehst schon.«
    »Ich liebe dich, meine Süße. Sei ein kluges Mädchen. Schone deine Nerven und paß auf dich auf.«
    Sie erwartete, daß er nach Sina fragen würde, aber das tat er nicht, und von sich aus zu sagen: Ach ja, ich hab dir noch gar
     nicht erzählt … – dazu hatte sie einfach nicht die Kraft. Sie nahm ihre Tasche aus dem Toyota, stieg in den Mercedes und lächelte
     Stassik und Kostik freundlich an.
    »Zur ›Amerikanischen Bar‹ auf dem Majakowskiplatz. Schnell, wenn’s geht. Und einer von euch bringt dann bitte den Toyota in
     die Garage.«
     
    Hauptmann Leontjew wollte sich noch einmal ausführlich mit der Inhaberin der abgebrannten Wohnung unterhalten. Ihr erstes
     Gespräch war kurz und unergiebig gewesen.
    Am Tag nach dem Brand war Sinaïda Resnikowa sofort aus Petersburg zurückgekommen und hatte ohne Zögern den Leichnam ihres
     Jugendfreundes identifiziert. Auf die Frage,warum Nikita Rakitin, der eine eigene Dreizimmerwohnung im Stadtzentrum von Moskau besaß, in ihre winzige Höhle gezogen war,
     hatte die Resnikowa in belehrendem Ton erklärt, kreative Menschen bräuchten eben manchmal einen Tapetenwechsel. Mit dieser
     Erklärung hatten sich alle zufriedengegeben. Was soll’s, es war ein Unfall, wozu weiter in Details rumstochern? Schriftsteller
     hatten eben ihre Macken. Doch nun wollte der Hauptmann dringend mit der Resnikowa sprechen. Aber sie war verschwunden.
    Leontjews Hausapparat klingelte.
    »Andrej, sofort zu mir, schnell«, forderte sein Chef, Oberstleutnant Saïdow, ihn auf.
    Oberstleutnant Saïdow behelligte seine Untergebenen nicht wegen Kleinigkeiten. Der freundliche, kontaktfreudige, in Moskau
     geborene Aserbaidshaner lavierte sich, so gut er konnte, durch die komplizierte Welt der Beziehungen zwischen Miliz und Mafia.
     Jeder wußte, daß er einige Flecke auf der Weste hatte, aber nicht mehr, als es seine Stellung vertrug.
    Schmiergelder nahm Saïdow vorsichtig und mit Verstand; natürlich deckte er Landsleute, die zweifelhafte Geschäfte betrieben,
     aber möglichst taktvoll und zurückhaltend. Nie kränkte er grundlos seine Untergebenen. Im großen und ganzen war er also ein
     guter Mensch und ein erträglicher Chef.
    Ein fleischiger Dickwanst mit prächtiger schneeweißer Mähne und pechschwarzen Breshnew-Brauen, thronte Saïdow in seinem

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