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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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noch hatte der Hauptmann eine geschlechtslose Amtsperson vor sich gehabt, die heroisch die hochsensiblen Firmengeheimnisse
     schützte und alle Kraft aufbot, um nichts Überflüssiges auszuplaudern. Diese plötzliche Offenbarung simpler weiblicher Neugier
     wirkte äußerst sonderbar. Bisher hatte die Astachowa geredet wie ein Roboter, nun aber klangen aus ihrer Stimme richtig menschliche
     Töne, und sie lächelte sanft, wohl zum erstenmal während des ganzen Gesprächs.
    »Das überprüfen wir gerade«, sagte der Hauptmann mit breitem Lächeln. »Ach ja, was ist mit dem Pressematerial? Wir könnten
     natürlich auch selbst alles heraussuchen, was über Viktor Godunow erschienen ist, aber wir möchten ungern unnötig Zeit verlieren.«
    »Ach, wissen Sie, es ist gar nicht so viel erschienen.« Auf diese Frage war Soja Anatoljewna offensichtlich nicht vorbereitet.
    »Aber Sie haben doch einen Pressechef, der alle Veröffentlichungen verfolgt. Vielleicht sollte ich Sie nicht länger bemühen
     und lieber mit ihm sprechen?«
    »Er ist nicht da. Ich gebe Ihnen seine Handynummer. Reden Sie selbst mit ihm.«
     
    Als Leontjew die Tür hinter sich geschlossen hatte, griff die Astachowa zum Telefonhörer, hielt ihn eine Weile in derHand und warf ihn zurück auf die Gabel. Sie stand auf, ging zum Fenster, sah dem straffen, stattlichen Hauptmann nach und
     wandte sich erschrocken ab, als sie den Eindruck hatte, er würde sich jeden Moment umdrehen. Dann nahm sie eine Zigarette
     aus der Schachtel und schnipste eine Weile vergebens mit dem Feuerzeug – ihre Hände zitterten.
    »Dieser Idiot«, murmelte sie und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, was ist er für ein Idiot! Ich hab ihn gleich gewarnt.«
    Als die Zigarette endlich brannte, tat sie einen gierigen Zug, trat entschlossen zum Schreibtisch, griff zum Telefon und wählte
     eine Nummer, doch nach der Vorwahl war immer besetzt.
     
    Über zwei Stunden waren bereits vergangen, und Petja Lukjanow hatte noch immer nicht zurückgerufen. Nika wählte seine Nummer.
    »Weißt du was, Jelagina«, sagte er nach einer langen Pause leise, »ich werde mich in diesen Fall nicht einmischen. Und du
     solltest es auch lassen.«
    »Was?« fragte Nika verständnislos.
    »Deine erste Liebe wurde eingeäschert.«
    »Wie? Wann?«
    »Heute nacht. Aus Versehen. Schluß, aus. Ich kann nicht darüber reden. Jedenfalls nicht am Telefon.«
    »Wir sollten uns treffen.«
    »Ich habe zwei Kinder.«
    »Ich weiß. Aber darfst du dich deshalb nicht mit einer alten Studienfreundin treffen? Wenn du was Gefährliches erfahren hast,
     kipp es einfach bei mir ab. Ich sehe dann weiter.«
    »Gut. Entschuldige. Ich weiß, das ist unmännlich. Sag, wo und wann. Vielleicht in der ›Amerikanischen Bar‹ auf dem Majakowskiplatz?«
    »Sehr klug.« Nika lächelte in den Hörer. »In anderthalb Stunden.«
    Das war tatsächlich klug. In einem Restaurant bestand die Gefahr, auf einen von Russows zahlreichen Bekannten zu treffen.
     Außerdem war nicht ausgeschlossen, daß die Gespräche am Tisch mitgeschnitten wurden – vom FSB, vom Innenministerium oder von
     irgendwelchen Banden. Die »Amerikanische Bar« dagegen war ein eher bescheidener, lauter Ort.
     
    Als Nika eine Stunde später mit ihrem kleinen dunkelblauen Toyota auf den Sadowoje-Ring einbog, bemerkte sie überrascht, daß
     sie von einem grauen Mercedes verfolgt wurde.
    »Na Mahlzeit«, murmelte sie, wechselte in die rechte Spur und fuhr langsamer, »das hat mir gerade noch gefehlt.«
    Sie wartete, bis der Mercedes nahe genug heran war, bremste scharf und stieg aus. Der Mercedes stoppte ebenfalls. Darin saßen
     zwei junge Männer, Stassik und Kostik von der Leibwache ihres Mannes. Die beiden, die sie vom Flughafen abgeholt hatten.
    »Was soll das, Jungs?« fragte sie ärgerlich durch die offene Scheibe. »Wieso beschattet ihr mich?«
    »Befehl von Grigori Petrowitsch.« Kostik zuckte mit den massigen Schultern.
    »Aufgehoben«, erklärte Nika energisch.
    »Was ist aufgehoben?« fragten sie im Chor.
    »Der Befehl von Grigori Petrowitsch.«
    »Das dürfen wir nicht, Veronika Sergejewna.« Stassik seufzte. »Aber keine Angst, wir belästigen Sie nicht.«
    Ohne etwas darauf zu erwidern, ging Nika zu ihrem Auto, holte ihr Handy aus der Tasche und wählte Russows Sondernummer, unter
     der er immer selbst abhob.
    »Nika, mein Mädchen, wo bist du?« fragte er, kein bißchen erstaunt über ihren Anruf.
    »Grischa, sag deinen Gorillas, sie sollen mich in Ruhe

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