Für Nikita
nur: Der
gewünschte Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar. Und die Drohungen gingen weiter. Das war ein solcher Alptraum, das kann
ich Ihnen gar nicht beschreiben! Männer in einem Jeep fingen an, meine Tochter zu verfolgen.«
»Haben Sie sich an die Miliz gewandt?«
»Natürlich nicht.«
»Warum nicht?«
»Eine naive Frage, ehrlich. Wer wendet sich denn heutzutage an die Miliz? Da sitzen doch auch nur Banditen.«
»Danke für die Blumen.« Der Hauptmann lachte spöttisch.
»Ich rede ja nicht von Ihnen. Aber jeder weiß doch … Was Mascha und ich alles durchgemacht haben! Drohbriefe, endlose Anrufe.
Sie kamen sogar zu uns nach Hause. Sie hätten diese Männer sehen sollen!«
»Haben Sie die Drohbriefe noch?«
»Die hat auch Nikita mitgenommen. Er war der einzige, an den ich mich wenden konnte. Immerhin ist Mascha seine Tochter. Und
wissen Sie, er hat das Ganze tatsächlich schnell geregelt. Jedenfalls wurden Mascha und ich in Ruhe gelassen.«
»Wie hat er es denn geregelt?«
»Keine Ahnung. Natürlich mußte ich mir von ihm eine Menge unschöner Worte anhören, und erst hat er mir auch nichts versprochen,
aber nach ein paar Tagen rief er an und sagte, es sei alles in Ordnung.«
»Und Sie haben sich nicht dafür interessiert, wie er das Problem gelöst hat?«
»Natürlich habe ich das. Was meinen Sie denn? Ich wußte schließlich, daß er eine solche Summe nicht flüssig hatte. Aber er
hat mir nichts erklärt. Und dann ist er nach Antalya geflogen. Für eine Woche, hat er gesagt. Danach habe ich ihn nicht mehr
gesehen.«
»Moment mal – nach Antalya? Wann?«
Die Wohnungstür klappte, und kurz darauf stand ein etwa zwölfjähriges Mädchen auf der Wohnzimmerschwelle. Der Hauptmann hatte
Rakitin nie lebend gesehen, bemerkte aber sofort, daß Mascha ihrem Vater verblüffendähnlich sah. Ein schmales, ein wenig langgezogenes Gesicht, helles Haar, große graue Augen.
Der weite Jeansoverall war ihr mindestens vier Nummern zu groß und sah an der dünnen Mädchenfigur ziemlich komisch aus. Die
klobigen, gestreiften Plateauschuhe wirkten wie Hufe. Der Hauptmann fand diese aktuelle Teenagermode – wie nannten sie sich?
Rapper? Raver? – irgendwie absurd, besonders bei einem dünnen, schmächtigen Mädchen.
»Wo willst du hin mit den Schuhen?« fragte Galina geschäftig. »Zieh dir Pantoffeln an, wasch dir die Hände und mach dir die
Suppe warm.«
»Guten Tag, Mama.« Mascha warf die Schuhe ab, kam herein und setzte sich in einen Sessel. »Guten Tag«, begrüßte sie Leontjew
mit einem Kopfnicken und warf ihm unter dem langen Pony hervor einen raschen, aufmerksamen Blick zu.
»Mascha, was habe ich gesagt? Hier hast du nichts zu suchen. Der Mann ist von der Miliz. Das Gespräch ist nichts für dich.
Geh dir die Hände waschen, dann iß was und mach deine Hausaufgaben.«
»Ja, Mama, gleich. Sie sind wegen Papa da?« wandte sie sich an den Hauptmann.
»Ja. Ich heiße Andrej Michailowitsch.«
»Sehr angenehm. Mascha Rakitina.« Das Mädchen lächelte schwach. »Sie versuchen also doch, die Sache aufzuklären?«
»Mascha!« Galina hob die Stimme. »Du störst, verschwinde.«
»Verzeihen Sie, Galina Iwanowna, wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern auch mit Mascha sprechen«, mischte Leontjew
sich ein.
»Sie sind also von der Miliz?« fragte Mascha nachdenklich. »Kann ich mal Ihren Ausweis sehen?«
»Mascha!« schrie Galina empört. »Raus mit dir, sofort! Wie benimmst du dich?«
»Sie benimmt sich vollkommen richtig.« Leontjew lächelte und reichte Mascha seinen Dienstausweis.
»Danke, Andrej Michailowitsch.« Das Mädchen studierte den Ausweis aufmerksam und gab ihn Leontjew zurück. »Alle sagen, es
war ein Unfall.«
»Noch ist das nicht restlos klar.«
»Wird es auch nie sein.«
»Nein, das ist doch einfach unmöglich!« Galina explodierte. »Was mischst du dich ein? Das ist ein Erwachsenengespräch!«
Mascha ignorierte das, blieb sitzen und starrte weiter den Hauptmann an. Er begriff, daß sie um eine wichtige Entscheidung
rang.
Schließlich stand sie wortlos auf, verließ das Zimmer, und als sie nach ein paar Minuten zurückkam, reichte sie Leontjew einen
großen, dicken Umschlag.
»Hier, sehen Sie sich das an.«
Der Hauptmann zog einen dünnen Stapel Farbfotos heraus. Sie zeigten einen schwarzen Jeep und daneben drei muskulöse Banditen
aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Aufnahmen wirkten wie mit versteckter Kamera gemacht, wobei es dem
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