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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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verdammt hässlich ist. So
verdammt feige. Vielleicht rufe ich an, weil ich meiner Kindheit so nahe bin.
Meiner alten Schule, meinem alten Zuhause, meinen alten Freunden. Vielleicht
rufe ich an, weil ich meinte, dass es gehen würde, dass es nicht wehtun würde,
dass ich vielleicht sogar darüber würde reden können, es abstauben und als das
würde betrachten können, was es ist.
    Aber ich kann nichts abstauben. Ich kann nicht einmal atmen. Ich
kann nicht mal an Land schwimmen. Ich kann in meinem Bett nicht schlafen. Ich
kann mir nur die Nägel lackieren und mit dem Mann meiner Schwimmlehrerin flirten.
Deshalb rufe ich dich an.
    Das alles denkt Karin, nachdem ihr Exmann schon vor Ewigkeiten
aufgelegt hat.
     
    »Und die Kobralilien? Sind die so weit? . . . Okay. Gut,
gut. Und die vom Botanischen Garten haben ihre Sachen . . . Super. Der Lieferschein?
Ist mitgekommen . . . Doch, mir geht’s gut. Der Kurs ist super. Wirklich. Ja,
gleich gibt es Abendessen. Oje, dann musst du dich beeilen, ruf an, wenn was
ist, was auch immer. Ja, tschüs. Mach’s gut.«
    Jens reibt sich nach der kalten Dusche mit dem Handtuch ab. Dann
steht er nackt mitten im Zimmer, streckt die Arme aus und versucht von selbst
zu trocknen. Sein Zimmer ist groß, ein echter Saal. Riesige Flügeltüren, sicher
vier Meter hoch und zwei Meter breit. Über der Tür Goldornamente, die sich weiter
zur Decke hin ziehen. Ein riesiger Kristalllüster mit sicher fünfzig
Wachskerzen drin, ein wunderschöner Schreibtisch mit protzigen Löwentatzen und
ein Spiegel. Der Spiegel ist mehrere Meter hoch, hat einen pompösen goldenen
Rahmen, und ganz oben flattern zwei Engel, die einander krampfhaft festhalten,
als würden sie sonst herunterfallen. Unter der Decke schweben gemalte Frauen,
Männer und Tiere vor einem unruhigen dunklen Himmel.
    Jens stellt sich vor den Spiegel. Oje. Zu Hause hat er keine
Ganzkörperspiegel. Er will keine. Warum sollte er auch? Wozu sollten die gut
sein? Um das Missratene in seiner ganzen Pracht zu bewundern? Er war schon
immer hässlich. Diese Haare, die niemals glatt liegen, die Augenbrauen, die
niemals Ruhe geben. Und dann der Mund. Groß und plump. Wie ein Clown sieht er
aus. Ein haariger Clown. Jens dreht sich um und versucht, sich von hinten
anzuschauen. Seine behaarten Pobacken. Welche Frau will schon behaarte Pobacken?
Nicht mal Männer wollen das. Wahrscheinlich sind Hunde die Einzigen, die
behaarte Hintern bevorzugen.
    Jens sieht sich selbst in die Augen.
    Was stimmt eigentlich nicht mit dir? Ja, ich rede mit dir. Was ist
dein Problem? Ja, genau du. Warum hast du niemanden, mit dem du zusammenleben
kannst? Schau dir doch nur deine Nachbarn zu Hause an. Alle haben jemanden!
Sogar Staffan in Kvarna hat eine Frau abbekommen. Und das, obwohl er nicht ganz
dicht ist. Und obwohl er ein Schlägertyp ist, der die Menschen misshandelt, die
ihn lieben. Du schlägst nie. Du bist immer nett. Aber keiner will dich.
    Jens wendet sich vom Spiegel ab, nimmt das Handtuch und trocknet
sich ein letztes Mal ab. Was ist er nur für ein Idiot. Kein Wunder, dass ihn
niemand will.
    Noch nackt öffnet er einen der Schränke, die voller alter
Geheimnisse sind. Im Dunkel riecht es nach feuchten Textilien. Jens schaut die
Kleider durch. Jede Menge Anzüge und Hemden. Mit Halskrausen, einer Art
doppeltem Aufschlag, mit massenhaft Knöpfen oder mit gar keinen Knöpfen und zum
Schnüren, Hüte, Hosen, Reithosen, eine blaue Soldatenmontur . . . Jens taucht
tiefer in den Schrank ein, entdeckt Pelze, Jacken, Fuchspelzmützen.
    Er schleift ein paar der Sachen heraus und wirft sie auf das breite
Bett. Vorsichtig zieht er eines der Hemden über den Kopf. Viele lose Bänder und
Stoffstücke. Er begreift nicht so richtig, wie das zusammenhalten soll, aber es
scheint, als müssen man etwas um den Hals binden. Dann steigt er in eine
schwarze hochgeschnittene Hose, die ihm fast bis zum Brustkorb reicht. Weiße
Weste, knöpf, knöpf, knöpf, und dazu ein schwarzer Gehrock. Jens baut sich vorm
Spiegel auf und versucht, das Hemd richtig hinzukriegen. Aha, der ganze lose
Stoff soll eine Halskrause darstellen.
    Es klopft!
    Jens sieht sich selbst in voller Montur und weiß nicht, wie er all
die Sachen wieder ausziehen soll, ehe derjenige, der da klopft, ihn für tot
erklärt.
    »Moment, ich komme!«
    Jens fummelt mit all den Kordeln und Krausen herum, und ach, ist
doch egal. Er öffnet die Tür. Draußen steht Maja.
    »Oh. Wow!«
    Maja grinst breit und ist drauf und dran

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