Fuer Wunder ist es nie zu spaet
könnten.«
»Haha, ja, das hast du schon gesagt.«
»Lach nur, mein Lieber, aber das ist sauschwer. Ein bisschen auf
einem Pfad herumzujoggen ist nichts dagegen.«
»Okay, ich glaube dir.«
Alex erhebt sich und reckt seinen wohltrainierten, haarlosen Körper
. . . obwohl . . . in den Achselhöhlen hat er doch Haare. Maja versucht so zu
tun, als ob sie nicht hingeschaut hätte. Stattdessen redet sie beinahe manisch
von diesem afrikanischen Tanz, über Rhythmen, Urkräfte, Lebensfeuer,
Westafrika, bla, bla, bla. Und er hat auch Haare, die sich sanft zum Bauchnabel
hochtasten, bis zu diesen Bauchmuskeln, über die Maja noch nie nachgedacht hat
und die sie bisher auch nie sonderlich angemacht haben. Wer interessiert sich
schon für Bauchmuskeln? Sie jedenfalls nicht. Herz- und Hirnmuskeln hingegen,
die sind interessant. Bauchmuskeln zu betrachten, die sanft unter der goldbraunen
Haut spielen, ist eigentlich auch nicht schlecht. Wie kriegt man wohl solche,
und wie würde es sich anfühlen . . .
»Was hast du gesagt? Was hat Sex mit diesem Tanz zu tun?«
»Sex?«
»Ja, du hast von diesem Typen aus Gambia gelabert, der dir irgendwas
beigebracht hat, und dann hast du einfach Sex gesagt, und ich hab’s nicht ganz
kapiert . . .«
»Ich habe Sex gesagt? Da musst du dich verhört haben. Der Typ heißt T -Rex,
das habe ich gesagt.«
Maja. Was machst du denn? Was soll das geben? Sitzt du hier und
starrst den von Angst verkrampften Bauch eines jungen Mannes an und fängst an,
von Sex zu jammern? Peinlich. Falsch. Hör auf damit.
»Sollen wir loslegen?«
Maja springt übertrieben eilig aus dem Liegestuhl auf, rückt die
Bikinihose zurecht und dreht die langen Haare zu einem Knoten. Alex wirft sich
lässig das Handtuch über die Schulter und geht vor ihr in Richtung Atelier.
Aber verdammt . . . verdammt . . . Maja sieht mit zusammengekniffenen Augen zum
Steg hinunter. Da unten steht jemand. Mit einer Reisetasche. Zum Teufel, das
ist Jens!
»Was hat er vor?«
Alex dreht sich um und sieht Maja fragend an, die zum Steg zeigt.
»Das ist Jens. Was macht der denn?«
»Sieht aus, als wollte er wegfahren.«
»Nein! Warte!«
Maja wirft ihre Holzschuhe ab und rennt über den Kies und dann
weiter den Pfad hinunter, der zum Steg führt. Mit ihren langen Beinen wirkt sie
wie eine Gazelle, die einen Berg hinunterläuft. Alex joggt hinterher. Maja
winkt im Laufen mit großen Gesten.
»Jens! Hallo! Warte!«
Die Sonne brennt so heiß. Das Wasser liegt so unendlich still da.
Jens sieht sie kommen und packt den Griff der Reisetasche fester. Maja kommt
mit viel Fahrt auf den Steg gerauscht, sie atmet schwer, und der Schweiß läuft
ihr die Schläfen hinunter.
»Wohin willst du?«, keucht sie.
Jens packt seine Tasche. »Nach Hause.«
Maja muss ein wenig verschnaufen. Sie holt ein paarmal richtig Luft,
um ihren Atem zu beruhigen. Jens steht ganz still da.
»Entschuldige, aber das Rennen hat mich völlig außer Atem gebracht.
Warum willst du nach Hause?«
»Ich . . . ich muss einfach.«
»Warum denn? Habe ich etwas falsch gemacht?«
Jetzt kommt auch Alex auf dem Steg an. Schweigend betrachtet er Maja
und Jens. Nein, das ist nicht der richtige Moment, um hinzugehen, deshalb legt
er den Rückwärtsgang ein und setzt sich ein wenig entfernt von ihnen auf eine
alte gusseiserne Bank. Er sieht, wie Maja ihre Hand auf Jens’ Schulter legt und
ihn ganz langsam streichelt. Wie sie fragt und zuhört und noch ein wenig
streichelt.
Alex schließt die Augen. Verdammt. Was ist eigentlich los mit ihm?
Er legt sich auf die Bank und sieht mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne.
Vom Steg sind schwach die Stimmen von Maja und Jens zu hören.
»Es ist also nicht meine Schuld? Also, ich habe noch nie mit
Erwachsenen gearbeitet, immer nur mit Kindern, und ich kann verstehen, wenn dir
das zu . . .«
»Nein, nein, ich kann es nicht richtig sagen, aber . . .«
»Das verstehe ich nicht. Du kannst nicht einfach wegfahren, ohne es
zu erklären. Tu das nicht, bitte, wollte ich sagen. Wir können das bestimmt
regeln. Komm, setz dich, setz dich mit mir hierher.«
Maja setzt sich auf die Kante des Stegs und klopft auf den leeren
Platz neben sich. Streckt Jens den Arm hin. Sie will seine Hand in ihrer haben,
ihn festhalten. Panik. Sie spürt die Panik kommen. Warum will er weg? Ist sie
so schlecht, dass ihre Schüler sich ins erstbeste Boot werfen, nur um nach
Hause zu kommen? Er darf nicht wegfahren. Darf nicht. Er soll hierbleiben!
»Ist da jemand
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