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Fürchte deinen Nächsten!

Fürchte deinen Nächsten!

Titel: Fürchte deinen Nächsten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erreicht hatte, fand ich Alex Rankins Wohnung. Sie war die letzte in der Reihe und lag nicht weit von der Nottreppe entfernt.
    Um ganz sicherzugehen, klingelte ich.
    Daß nicht geöffnet wurde, enttäuschte mich nicht. Auf eine längere Wartezeit hatte ich mich schon eingestellt und machte es mir auch bequem. Ich benutzte die Wand als Stütze. Eine halbe Stunde wollte ich Rankin noch geben. Wenn er bis dahin nicht eingetroffen war, mußte man über eine Fahndung nachdenken, was letztlich noch recht positiv war. Andere Dinge waren schlimmer. Da konnte es durchaus passiert sein, daß Rankin in die Falles des Killers gelaufen war und schon nicht mehr am Leben war.
    Die Vorstellung erzeugte bei mir eine Gänsehaut. Immer dann, wenn ich das Schlagen einer Tür oder Schritte hörte, schaute ich in den Gang hinein. Ich lernte so zahlreiche Mieter kennen, aber ein Alex Rankin befand sich nicht darunter.
    Langes Warten haßte ich, und das änderte sich auch jetzt nicht. Rankin ließ sich Zeit. Je mehr Minuten verstrichen, um so stärker schwächte sich mein Optimismus ab. Ich beschäftigte mich mit verdammt trüben, aber letztendlich auch realistischen Gedanken und überlegte, was eine Fahndung bringen konnte.
    Ein Geräusch störte mich.
    Es war deshalb gut zu hören gewesen, weil auf dem Flur um diese Zeit kein Betrieb herrschte.
    Ich drehte mich.
    Hinter mir befand sich jetzt der Gang. Vor mir lag die Tür zum Treppenhaus, die aus Eisen war, um feuersicher zu sein. Sie war geschlossen, und ich fragte mich, ob das Geräusch hinter der Tür aufgeklungen war.
    Jedenfalls hatte es mich mißtrauisch gemacht. Ich konnte mir zudem vorstellen, unter Beobachtung zu stehen, was mir natürlich nicht sonderlich gefiel.
    Delany traute ich alles zu. Er war einem Menschen überlegen. Es hätte mich nicht gewundert, ihn plötzlich vor mir als Schatten auftauchen zu sehen.
    Bevor ich die Tür öffnete, steckte ich das Kreuz griffbereit in die Tasche. Danach legte ich meine Hand auf die Türklinke und zog die schwere Tür zu mir heran.
    Sie schwang lautlos auf und schleifte auch nicht über den Boden hinweg. Aus dem Treppenflur drang mir ein kühler Luftstrom entgegen, aber keine fremden Geräusche. Es war sehr still und auch nicht besonders hell, denn es brannte nur eine Notbeleuchtung, die gerade mal über die Treppenstufen hinwegfloß.
    Noch stand ich in der offenen Tür und wartete ab. Es waren die Sekunden der Konzentration, in denen ein Mensch die Umgebung anders und schärfer aufnimmt als sonst. Da kann die kleinste Veränderung auffallen und zu sofortigen Reaktionen führen. Meine Blicke huschten zu den verschiedenen Seiten hin, ohne daß es etwas gebracht hätte. Ich war allein. Zumindest hier oben.
    Ein langer Schritt brachte mich an das Geländer. Hinter mir schwang die Tür wieder zu. Wie sie bestand auch das Geländer aus Eisen und war mit einem Handlauf aus dunklem Kunststoff bedeckt. Ich schaute darüber hinweg in die Tiefe. Mein Blick verlor sich dort, wie auch das Licht der Notbeleuchtung verschwand.
    Das war es also nicht. Das Schauen in die Höhe brachte ebenfalls keinen Erfolg, und auf den dunklen Treppenstufen hielt sich auch niemand auf. Ein leeres, schon geisterhaft anmutendes Treppenhaus, wie man es in jedem Hochhaus fand.
    Hatte ich mich geirrt? War ich durch meine Phantasie hergelockt worden?
    Manchmal kann die Einbildung einem Menschen schon einen Streich spielen, davor war auch ich nicht gefeit. Zudem in einer Lage wie jetzt, in dem dieser schreckliche Fall noch in der Schwebe lag.
    Das Kratzen war echt.
    Meine Gedanken stockten, und ich fuhr aus der leicht gebückten Haltung herum.
    Meine Augen weiteten sich. Es war kein Spuk, es war auch keine Einbildung und lag nicht am trüben Licht, denn auf der grauen Eisentür malte sich etwas Rotes ab. Es rann in einem fingerdicken Streifen nach unten. Es sah nicht nur so aus wie Blut, ich war fest davon überzeugt, daß es auch welches war.
    Eine Tür, die plötzlich blutete wie ein Körper! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoß. Auf einmal spürte ich meinen Magen, der sich zusammengekrampft hatte. Ich merkte auch den Schauer. Er rann vom Nacken her den Rücken hinab und wirkte wie ein kalter Bach, der sich auf die Rückenmitte konzentrierte.
    Ich schaute schnell weg und suchte nach der Ursache für dieses seltsame Bluten.
    Es war nichts zu sehen.
    Aber es war da!
    Judas Delany mußte sich in der Nähe aufhalten. Grundlos »blutete« die Tür nicht.

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