Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
Vom Netzwerk:
Virus, sondern mit einem neuen Krankheitsbild zu tun.« De Monti blies in den dampfenden Tee.
    »Und wann wollen Sie damit an die Öffentlichkeit gehen?«, fragte Geis.
    »Sobald ich beweisen kann, dass Hannah Berends kein Einzelfall war. Theoretisch ist denkbar, dass es sich bei dem neuen Virus um eine Spontanmutation handelt, wie sie in der Natur immer wieder vorkommt. Eine isolierte Erscheinung, die sich mit Hannahs Tod erledigt hat. Dann wäre jede Aufregung überflüssig.«
    »Aber Sie haben doch von anderen Fällen gesprochen, in Köln und Dortmund.«
    »Bei denen wir das Virus bislang nicht nachweisen konnten, weil die Patienten entweder noch leben oder nach ihrem Tod eine gezielte Analyse versäumt wurde. Deshalb ist Lars Rasmussen so wichtig. Er könnte Patient Nummer zwei sein.«
    Es störte ihn, dass sie über Lars redete, als sei er nur ein Forschungsobjekt, etwas, von dem sich eine Scheibe abschneiden und unter ein Mikroskop schieben ließ. Dabei hatte der Junge noch vor ein paar Stunden geatmet, geschwitzt, geredet. Geis stand abrupt auf, wodurch das Boot in Schwingungen versetzt wurde.
    »Lars hatte sein Leben noch vor sich. Er hätte etwas Besseres verdient gehabt, als Patient Nummer zwei zu werden. Wenn er sich nur nicht so verdammt sicher gefühlt hätte …«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Er wollte sich nicht umbringen. Er dachte, er sei in einem Computerspiel und könne vom Boden aufstehen und weitermachen. Wenn er einen Anflug von Angst gehabt hätte, wäre das nicht passiert.« Geis betrachtete das blasse, hohlwangige Gesicht der Wissenschaftlerin. »Gibt es das? Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsveränderungen durch FSME?«
    »Natürlich. Krankheiten beeinflussen generell die Psyche. Durch Fieber wird das noch verstärkt. Denken Sie an den Ausdruck Fieberwahn . «
    »Wie bei Hannah Berends«, murmelte der Hauptkommissar.

    »Was meinen Sie?«
    »Hannah hat immer gekuscht. Jahrelang hat sie klaglos alles geschluckt, was Eiko Berends ihr angetan hat. Bis zu dem Tag, an dem sie krank wurde. Da hat sie angefangen, sich zu wehren, ihn angebrüllt und ihm einen Schlag mit der Bratpfanne verpasst.«
    Viola de Montis Augen wurden ausdruckslos. Geis drehte sich um und schaute aufs Wasser. Er hatte Lust, mit dem Boot zu fahren. Nicht zur Küste, sondern aufs offene Meer hinaus. Immer geradeaus.

14
Berlin, Bundesinstitut für Infektionskrankheiten

    Daniel Felsenburg hatte den Nachmittag freigenommen. Was seltsam war, wusste er doch, dass sie von Norderney zurückkommen würde. Erst gestern Abend hatte sie mit ihm telefoniert, ihm von dem Jungen erzählt, der vom Leuchtturm gesprungen war, und von ihrer Zecken-Sammelaktion im Kurpark. Dreißig Tiere, an unterschiedlichen Stellen aufgelesen, hatte sie im Gepäck. In einer Kühlbox gelagert, damit die Zecken den Transport gut überstanden. Falls keine von ihnen Träger von FSME-Viren war, bewies das gar nichts. Auf Norderney lebten Millionen von Zecken und da niemand sagen konnte, wo sich Hannah Berends ihren Zeckenstich eingefangen hatte, war damit die These einer natürlichen Ressource des neuen Subtyps nicht automatisch vom Tisch. Andererseits – würden in den Speicheldrüsen auch nur einer einzigen Zecke FSME-Viren existieren, waren sie einen erheblichen Schritt weiter. Denn dann konnten sie die Erbinformationen der Zecken-Viren mit der RNA jener Viren vergleichen, die sich in Hannahs Körper entwickelt hatten. Und so, mit etwas Glück, den Beweis erbringen, dass es ein neues Virus gab.
    Jetzt erinnerte sich Viola, dass Daniel am Telefon merkwürdig zurückhaltend gewesen war. Sein Enthusiasmus schien verpufft. Glaubte er vielleicht, sie würde den Ruhm für sich allein reklamieren? Nahm er ihr übel, dass er sie nicht nach Norderney hatte begleiten dürfen? Oder war er vielleicht eifersüchtig? Natürlich, das war die logischste aller Erklärungen. Viola hatte Martin Geis erwähnt, den Norderneyer Polizeichef, der sie nach der Teestunde auf seinem Boot zum Kurpark zurückgebracht hatte. Ein klein wenig hatte sie ja auf eine neue Verabredung gehofft, auf eine Wiederholung ihres grandios gescheiterten Abendessens, bei dem sie kaum einen Bissen hinunterbekommen hatte. Aber Geis war dazu wohl nicht in der Stimmung gewesen. Verständlicherweise.
    Und so war sie doch noch zu ihrem faulen Abend im Hotelzimmer gekommen, mit Essensbestellung beim Zimmerservice und stundenlanger Zapp-Orgie durch die Fernsehprogramme. Bis sie gegen Mitternacht endlich

Weitere Kostenlose Bücher