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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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schon allein zurecht.«
    »Ich muss sowieso mal ein paar Tage weg.« Er strich über die Bettdecke und hielt den Kopf gesenkt. »Nach Hannover. Mich um einiges kümmern, eine neue Wohnung, solche Sachen eben. Aber ich besuche dich. Versprochen.«
    »Wann immer du willst.«
    Es klopfte an der Tür. Und dann stand Heiner Stegebach im Raum. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    »Was willst du hier?« Viola gab sich keine Mühe, Freundlichkeit zu heucheln.
    »Dich besuchen.« Heiner lächelte. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    »Schön. Du hast mich gesehen. Es geht mir gut. Jetzt fahr wieder nach Berlin.«
    »Da ist noch was.« Er lächelte unentwegt weiter wie ein Verkäufer, der es mit einem hartnäckig Uninteressierten zu tun hat. »Ich möchte dich zu einer kleinen Konferenz einladen. Hier in der Klinik. Und Herrn Geis natürlich auch.«

36
Münster, Universitätsklinik

    Zu Geis’ Erstaunen hatte Viola sofort eingewilligt. Ihre Neugierde überwog anscheinend die Abneigung gegen den ehemaligen Freund. Krankenschwestern besorgten einen Rollstuhl und halfen Viola beim Ankleiden. Dann zogen sie als Dreier-Prozession los, Stegebach voraus, Geis, den Rollstuhl mit Viola schiebend, hinterher. Durch labyrinthische Gänge und entlang knatschbunter Wände und Einrichtungsgegenstände – das Innere des Bettenturms sah aus, als hätte sich der Architekt an die Legohäuser seiner Kindheit erinnert. Wahrscheinlich entsprach die Gestaltung psychologischen Erkenntnissen, sollte beruhigend und optimistisch wirken, er selbst, davon war Geis überzeugt, würde als Kranker in einer solchen Umgebung erheblich an Lebensmut verlieren.
    Stegebach lotste sie zu den Aufzügen und zwei Etagen tiefer zu einer Tür, deren Beschriftung sie als Eingang zu einem Sozialraum auswies. Noch immer hatte der Pressesprecher nicht verraten, wer sich mit ihnen treffen wollte, und so war Geis gespannt, als er Viola über die Türschwelle rollte.
    Umso größer fiel die Enttäuschung aus. Das erste Augenpaar, das ihm über einer bläulich gefärbten Nase entgegenstarrte, gehörte Kriminalrat Goronek. Neben Goronek standen zwei weitere bekannte Männer, vor etlichen Wochen hatte Geis sie über Norderney geführt. Es handelte sich um den Sprecher der Sicherheitsexperten, einen Mann aus dem Bundesinnenministerium namens Lange, und einen seiner Stichwortgeber. Etwas abseits von den dreien hielt sich noch eine vierte Person im Zimmer auf, ein stämmiger Typ, der sich sichtlich unwohl fühlte und dessen Habitus am ehesten zu einem Wissenschaftler passte.
    Am liebsten hätte Geis gleich wieder kehrtgemacht. Goronek war der letzte Mensch, mit dem er freiwillig reden wollte, und auch an Lange und dessen arrogante Art hatte er keine angenehmen Erinnerungen. Aber es war ja nicht seine Party, Viola stand im Mittelpunkt, und solange sie blieb, würde er sich notgedrungen zusammenreißen.
    »Darf ich vorstellen?«, moderierte Stegebach. »Dr. Lange vom Bundesministerium des Innern, Dr. Wiegand, ebenfalls Bundesinnenministerium, Professor Blechschmidt, Bundesinstitut für Infektionskrankheiten in Berlin. Und Kriminalrat Goronek kennen Sie ja.«
    Die Herren und die Dame nickten sich mehr oder weniger freundlich zu.
    »Um es kurz zu machen«, riss Lange das Wort an sich. »Wir möchten, dass Sie wieder in Ihre Arbeit beim Bundesinstitut einsteigen, Frau Dr. de Monti. Jemand mit Ihrer Erfahrung und Ihren speziellen Kenntnissen wird dort dringend gebraucht.«
    Das klang nach einer vollständigen Kapitulation. Geis hoffte, dass Viola ein paar Bedingungen stellte.
    Die Angesprochene schwieg. Aufreizend lange. Als die freundlichen Gesichter der Männergarde zu Grimassen einfroren, sagte sie: »Sie brauchen mich also?«
    »Unbedingt«, schnappte Professor Blechschmidt. »Nicht nur als Zeckenexpertin. Es gilt, Strategien zu entwickeln. Und zu untersuchen, wie sich die Infektion nach Abklingen der akuten Symptome entwickelt. Offenkundig haben wir es mit Veränderungen der Persönlichkeitsstruktur zu tun, von denen wir nicht wissen, welche Formen sie annehmen und wie lange sie anhalten. Und da sind Sie als Wissenschaftlerin und … gleichzeitig …«
    »Als Versuchskaninchen«, sagte Viola.
    »So würde ich das nicht ausdrücken«, versicherte Blechschmidt. »Sie wären für uns nur erheblich hilfreicher als ein Laie.«
    Viola dachte erneut nach. Dann sagte sie: »Eines möchte ich klarstellen: Ich wünsche nicht, dass meine Persönlichkeitsveränderung rückgängig gemacht

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