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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Genevieve Tucholke
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nichts erwiderte. »Bitte entschuldigt mein unhöfliches Verhalten. Da platze ich einfach so hier rein, verpasse Neely einen hübschen kleinen Schnitt, und ihr wisst noch nicht mal, wen ihr vor euch habt. Gestatten, hätte ich sagen sollen , ich bin euer Bruder Brodie. Unser Pa hat meiner durchgeknallten Mutter einen Braten in die Röhre geschoben und ist danach zu seinen ehelich gezeugten Söhnen zurückgekehrt, die zufälligerweise ihr seid. Na ja, da bin ich. Freut mich wirklich sehr, euch kennenzulernen . Ich wollte gleich zu euch zurück, aber dann wurde ich von einer drallen Schlampe aufgehalten, die plötzlich die Einfahrt hochgeschlendert kam, und bin ihr gefolgt, ohne dass ich Zeit gehabt hätte, euch vorher Bescheid zu geben. Danach bin ich Violet und ihrem kleinen Schützling begegnet, die mich zu einem toten Jungen geführt haben. Eigentlich hatte ich vor, früher wieder hier zu sein. Wie schon gesagt, sehr unhöflich von mir. Versuchen wir’s also noch mal …« Brodie streckte seine Hand aus.
    Als River danach griff, trat in seine Augen ein unmerkliches Funkeln. Mein Herz machte einen Sprung und ich dachte: Ja, schnapp ihn dir! , aber da zog Brodie im letzten Moment seine Hand wieder weg und lachte. »Das hättest du wohl gern, dass ich dir die Hand gebe! Vergiss es, River. Ich weiß, wie deine Gabe funktioniert. Unser Pa hat mich schon lange, bevor ich hierhergekommen bin, über alles aufgeklärt. Außerdem hab ich zwei ganze Tage lang eurem nervtötenden Gequatsche zuhören müssen. Jetzt schau nicht so überrascht. Ich schleiche jetzt schon seit fast drei Tagen hier herum und belausche euch, was mich nebenbei gesagt fast zu Tode gelangweilt hätte. Was ist denn? Was guckst du so verblüfft? Hast du nicht gewusst, dass du noch einen Bruder hast, River? Hat dir niemand von mir erzählt?«
    »Ich hätte dich für jünger gehalten«, mischte sich Neely jetzt ein. Seine Stimme klang erschöpft und anders als sonst. »Dad hat wahrscheinlich Dutzende von Redding-Bastarden gezeugt, aber ich dachte immer, die wären alle noch Kinder.«
    Brodie stieß sein tiefes heiseres Lachen aus. »Redding-Bastarde. Genau das sind wir. Aber aus Kindern werden große Leute, Neely. Der alte Papa Redding ist schon immer jedem Rock hinterhergerannt. Als er meine arme Mutter geschwängert hat, war sie gerade mal siebzehn. Er hat sie auf einer dieser scheißlangweiligen Gartenpartys getroffen, die diese nichtsnutzigen reichen Säcke gerne schmeißen, um sich gegenseitig zu Tode zu langweilen. Natürlich fand er erst später heraus, dass die Familie meiner Mutter mit ihrem ganz eigenen Fluch geschlagen war.«
    Brodie stemmte eine Hand in die Hüfte, hob die andere über den Kopf und drehte sich auf dem Stiefelabsatz einmal im Kreis. »Wir neigen zum Wahnsinn, müsst ihr wissen. Zum Augen rollenden, Schaum spuckenden, sich die Haare ausreißenden Wahnsinn. Ich denke immer gern an meine Ma, wie sie barfuß, die verfilzten roten Haare bis zur Hüfte hängend, im Irrenhaus mit den Fingernägeln den Putz von den Wänden kratzt. Hoffentlich knabbern ihr die Ratten die Zehen ab. Bastard. Bastard! Ha. Ha. Hahahahahahahaha. Meine Großeltern haben mich bei sich aufgenommen, nachdem sie weggesperrt wurde, und ihr Bestes versucht, einen anständigen Menschen aus mir zu machen, aber hey, sie sind alt, und ich bin ziemlich schwer zu bändigen. Sie sind also nicht sehr erfolgreich gewesen.«
    River griff nach meiner Hand, während Brodie redete, und zog mich hinter sich. Ich presste mich wie ein verdammter Feigling – und nichts anderes war ich – an ihn und vergrub den Kopf zwischen seinen Schulterblättern.
    »Aber dann tauchte eines Tages unser Pa auf«, erzählte Brodie weiter, »brabbelte wirres Zeug und stellte mir jede Menge Fragen. Ich hab ganz genau zugehört und bin nachdenklich geworden. Danach hab ich mit meinem Messer an meiner Freundin rumgespielt und rausgefunden, dass ich ein Gott bin. Kurz darauf hab ich in der Zeitung eine Geschichte gelesen, die so abgefahren war, dass sie sich an der ganzen Ostküste verbreitete. Es ging um ein paar Kinder, die behauptet haben, sie hätten auf einem Friedhof den Teufel gesehen. Und da dachte ich … hey, das klingt nach mir. Nach meinem Blitz. Wow . Also bin ich in den nächsten Zug gesprungen und hier bin ich. Was sagst du dazu, River? Bist du beeindruckt. Gefällt dir, was du gehört hast?«
    »Du warst das also.« Neely stand wie erstarrt da. »Die Jugendlichen in dem Park in Texas.

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