Fürchtet euch
Hose war bis über die Knie nass, und ich trug meine Schuhe mit den Socken drin in der Hand. Ich hatte Angst, Mama würde böse auf mich werden, weil ich mich so schmutzig gemacht hatte, wo ich doch versprochen hatte, aufzupassen. Stump war mit den Schuhen an den Füßen durch den Bach gewatet, und ich hatte gehört, wie das Wasser in ihnen schwappte und sie bei jedem Schritt quietschten. Ich wusste, auch das würde Mama nicht gefallen.
Wir kamen an der Regentonne neben dem Haus vorbei, und ich blieb stehen. Sie stand leicht erhöht auf ein paar Betonblöcken, und die Abflussrinne vom Dach führte hinein. Ich hockte mich daneben und drehte den Hahn auf. Ich hörte, wie im Fass Blasen aufblubberten, als das Wasser aus dem Hahn lief.
»Komm, wasch dir die Hände«, sagte ich zu Stump. »Und wir müssen unsere Schuhe abspülen. Mama schimpft mit uns, wenn wir den ganzen Schlamm ins Haus tragen.«
Er stellte seine Kiste auf das Gras neben der Tonne und hielt die Hände unters Wasser und rieb sie aneinander, um den Schmutz abzubekommen.
»Halt auch deine Schuhe drunter«, sagte ich. Er nahm einen seiner Schuhe und hielt ihn unters Wasser, und ich suchte mir einen Stock und kratzte damit den Schlamm von den Sohlenrändern. Dann hielt er den anderen darunter, und ich machte dasselbe noch einmal. Stump drehte den Hahn zu, und im selben Moment hörten wir sie im Haus. Ich sah zu dem Fenster hoch, wo Mamas und Daddys Schlafzimmer war, und ich und Stump knieten unten im Gras und hörten ihnen zu. Sie machten dieselben Geräusche, die wir manchmal morgens von ihnen hörten, wenn sie dachten, wir wären noch nicht wach.
Stump stand kerzengerade da und sah zu dem Fenster hoch, und er drehte den Kopf, als versuchte er, sie noch besser zu hören. Er warf seinen Schuh hinter sich auf die Erde und ging näher ans Haus.
»Einer von ihnen guckt gleich aus dem Fenster und sieht dich«, flüsterte ich. »Und dann kommen sie raus und stauchen uns zusammen, weil wir sie belauscht haben.«
Ich drehte den Hahn wieder auf und hielt meinen Schuh unters Wasser und kratzte wieder mit dem Stock Schlamm von der Sohle. Stump ging ganz dicht ans Haus und griff mit beiden Händen hoch zum Fensterbrett, als hätte er vor, sich hochzuziehen und reinzuschauen.
»Lass das lieber«, flüsterte ich lauter und streckte den Arm aus und piekste ihm mit dem Stock hinten ins Bein. Er drehte sich zu mir um und trat vom Fenster weg, und dann legte er eine Hand flach auf den Deckel der Regentonne, hielt sich mit der anderen an der Abflussrinne fest und zog sich hoch. Ich drehte den Hahn zu und hörte, wie drinnen die dicke Blase nach oben schwebte.
»Stump«, sagte ich. »Komm da runter. Dafür bist du zu schwer«, aber er tat, als hätte er mich gar nicht gehört. »Komm da runter«, sagte ich wieder.
Ich richtete mich auf und spürte den Schlamm und das nasse Gras matschig zwischen den Zehen. Drinnen konnte ich Mama und Daddy hören und das leise quietschende Bett. Stump legte die Hände aufs Fensterbrett und stellte sich auf Zehenspitzen, oben auf der Regentonne, und versuchte reinzusehen. Ich sah, wie die Betonblöcke unter der Tonne sich leicht bewegten, und dann kippte die Regentonne ein bisschen zur Seite, als würde sie gleich umfallen. Ich umfasste sie mit beiden Armen, als könnte ich sie festhalten, und ich hörte das Wasser im Innern von einer Seite zur anderen schwappen.
»Stump«, flüsterte ich. Ich hob die Hand und zog an seinem Bein, aber er blieb einfach weiter auf Zehenspitzen und versuchte, ins Fenster zu spähen, als spürte er gar nicht, wie ich an ihm zog. »Du bist zu schwer«, sagte ich. Wieder zog ich an seinem Bein, und weil seine Füße von dem ganzen schlammigen Wasser glitschig waren, verlor er diesmal das Gleichgewicht. Er rutschte weg und knallte mit dem Hintern auf die Tonne. Die riss sich von der Regenrinne los und kippte Richtung Hof, Stump fiel herunter, gegen die Hauswand und landete schließlich mit dem Rücken auf den Betonblöcken. Die Regentonne rollte ins Gras, und der Deckel sprang ab. Wasser ergoss sich auf die Erde und strömte über den Hof, und Stump lag einfach ausgestreckt da auf den Betonblöcken, während das Wasser aus der Tonne und durchs Gras lief.
Ich hörte Mamas Stimme durch das offene Schlafzimmerfenster. »Was war das?«, fragte sie.
»Keine Ahnung«, sagte ein Mann. Ich erkannte die Stimme nicht, aber es war nicht Daddys. »Ich geh nachsehen«, sagte die Stimme. »Du bleibst hier.« Ich hörte
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