Fürchtet euch
das Bett quietschen, als würde jemand aufstehen. »Du bleibst hier«, sagte die Stimme erneut. Jeden Augenblick würde derjenige, dem die Stimme gehörte, rauskommen und uns sehen. Ich blickte zu Stump hinunter.
»Steh auf«, sagte ich, aber er rührte sich nicht. Ich bückte mich und versuchte, die Regentonne aufzurichten, aber meine Füße rutschten in dem nassen Gras weg, und sie war zu schwer für mich. Stump lag noch immer mit geschlossenen Augen da, als wäre ihm die Luft weggeblieben, und dann griff er nach hinten, als täte ihm der Rücken weh. Ich hörte die Schlafzimmertür aufgehen.
»Stump, steh auf«, sagte ich zu ihm, aber er blieb weiter liegen und blickte über meine Schulter auf das Fenster über mir, als könnte er sich nicht bewegen. »Sie kommen raus«, flüsterte ich. Ich streckte den Arm aus und versuchte, ihn an der Hand hochzuziehen. »Steh auf«, sagte ich wieder.
Ich hörte vorne die Fliegentür zufallen, drehte mich um und flitzte in Richtung Wald neben dem Haus. Ich rannte, bis ich meinte, dass mich keiner mehr sehen könnte, und dann warf ich mich hinter ein paar Baumwurzeln flach auf den Bauch und blickte zurück zum Hof. Ich konnte die Tonne auf der Erde liegen sehen, und ich konnte die verbogene und abgebrochene Regenrinne sehen, aber Stump konnte ich nicht sehen, weil er noch immer nicht aufgestanden war.
Ich lag bäuchlings im Wald und wartete darauf, dass derjenige, den ich gehört hatte, um die Hausecke kam und Stump fand, und dann fiel mir ein, dass meine Schuhe ja auch noch da rumlagen, und ich wusste, er würde sie finden und alles Mama erzählen, und sie würde mich ausschimpfen, weil ich Stump da nicht hätte raufklettern lassen dürfen. Aber das alles vergaß ich, als ich Pastor Chambliss sah. Zuerst sah ich nur sein Gesicht, weil er um die Ecke lugte, als hätte er sich vor irgendwem versteckt und erst nachschauen wollen, ob es ungefährlich war, rauszukommen. Er stand da und spähte um die Ecke auf die Regentonne, und dann kam er in den Hof, und ich konnte ihn richtig sehen. Er hatte nur eine schmutzige alte Bluejeans an, und er musste sie in der Taille festhalten, weil er keinen Gürtel trug. Er hatte sich die Stiefel über die Bluejeans gezogen und er blieb kurz stehen und bückte sich, um die Hosenbeine über den Stiefelrand zu schieben. Als er sich bückte, sah ich die Innenseite seines rechten Arms und wie hellrosa und glänzend sie war. Als er sich wieder aufrichtete, sah ich, dass diese rosa verschrumpelte Haut auch seine Brust bedeckte und bis zum Hals hochreichte. Er sah zu dem Wald neben dem Haus hinüber, und ich drückte mich so flach ich konnte hinter den Wurzeln auf den Boden, damit er mich nicht sah. Er ging zur Regentonne, stockte, und dann stand er einfach da und starrte auf Stump hinunter, als wäre er verblüfft, ihn da liegen zu sehen. Pastor Chambliss beugte sich vor und richtete die Tonne auf und legte den Deckel wieder drauf. Er schlug mit der Faust auf den Deckel, damit er fest schloss. Ich hörte die Fliegentür zuschlagen, und dann hörte ich Mamas Stimme von der Vorderveranda.
»Was war das?«, rief sie. Pastor Chambliss riss den Kopf herum und sah nach vorne in den Hof.
»Nichts«, rief er zurück. »Geh wieder rein.« Er drehte sich um und sah wieder Stump an.
»Sicher?«, fragte Mama.
»Ja«, rief er. »Nichts passiert. Die Regentonne ist umgekippt, mehr nicht. Geh wieder rein.« Er ging in die Hocke, als wollte er sich Stump genau anschauen, und dann griff er mit diesem rosa runzeligen Arm hinter die Tonne, als würde er Stump die Hand hinstrecken, um ihm aufzuhelfen. »Was hast du gesehen, Junge?«, fragte er. Er wartete, als rechnete er damit, dass Stump ihm antwortete, und dann lachte er. Er rückte die Tonne noch mal zurecht, stand auf und sah sich im Hof um. Dann wandte er sich ab und ging wieder nach vorne zur Veranda. Ich hatte einen richtig guten Blick auf seinen schlimmen Arm und sah, dass nicht mal Haare darauf wuchsen. Ich lag da im Wald hinter den Wurzeln und starrte auf seinen Arm, bis er um die Hausecke verschwunden und die Verandastufen hochgegangen war und ich ihn nicht mehr sehen konnte.
Am Abend, als ich und Stump uns bettfertig machten, fragte ich Mama, was mit Pastor Chambliss’ Hand passiert war. Stump und ich lagen schon im Bett, und sie war dabei, ein paar von unseren frisch gewaschenen Sachen zusammenzufalten und in die Kommode zu legen und unsere Oberhemden in den Schrank zu hängen. Durch die offene
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