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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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außerhalb der Stadt. Ich bin knapp unter der Wasseroberfläche und frage mich, was mich das angeht.
    »Ist es Jeff?«, fragte ich sie.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Sie wissen nicht, wer es ist. Sie können es nicht sagen.«
    »Herrgott, Eileen, ist er es?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie wieder.
    »Ich bin schon auf dem Weg.«
    »Bill wartet dort auf Sie.«
    Eileen musste es nicht mal aussprechen, weil irgendwas mir sagte, dass es Jeff war. Ich schaltete Blaulicht und Sirene an und fuhr so schnell ich konnte durch den Schnee den 25 / 70 hinunter, und auf der ganzen Fahrt wurde ich den Gedanken nicht los, wie ungerecht es wäre, wenn es Jeff war. Aber seitdem habe ich gelernt, Gerechtigkeit einfach aus der Gleichung rauszunehmen. Wenn du das machst, besteht die Möglichkeit, dass die Dinge sehr viel mehr Sinn ergeben.

    Als ich ankam, hatte ihn irgendwer schon von der Straße geschafft und seine Leiche an den Waldrand gelegt. Bill Owens stand bei ihm, als ich anhielt. Er drehte sich um, als er meinen Wagen hörte, und ich blieb hinterm Lenkrad sitzen und sah, wie sein Mund zuckte, als würde er überlegen, mit welchen Worten er es mir sagen könnte. Aber ich schätze, er fand sie nicht, daher zog er bloß seine Handschuhe aus und senkte den Blick und deutete auf den Waldrand.
    Ich blieb noch einen Augenblick länger sitzen und sah zu, wie der Schnee fiel und auf den Ästen landete. Es war still, irgendwie macht Schnee immer alles still, und irgendwie bin ich immer davon überrascht. Ich wusste, wenn ich die Autotür öffnete, würde sich alles für immer verändern, und ich schätze, ich musste mich erst sammeln, um es auch wirklich zu tun. Ich stieg aus und ging auf Owens zu, doch ich blieb stehen, als meine Augen auf etwas fielen, das unter dem Rhododendronbusch lag. Sie hatten eine blaue Plane über ihn gelegt, und die war weiß besprenkelt von den Schneeflocken, die es durch die Äste nach unten geschafft hatten. Die Plane bedeckte seinen Körper nicht vollständig, und ich konnte seine Arbeitsstiefel sehen und seine Zehen, dort, wo die Sohle durchgeschmort war. Sie dampften in der kalten Luft, und es roch nach verbranntem Gummi. Ich und Owens standen schweigend da und lauschten dem Geräusch von zischendem Dampf unter der Plane.
    »Sind Sie sicher?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte Owens. Er hob die Hand, als wollte er mich an der Schulter berühren, und ich kann mich wirklich nicht erinnern, ob er das getan hat oder nicht. Aber ich erinnere mich an das Geräusch, das seine Hand machte, als er sie fallen ließ und sie gegen sein Bein schlug, weil ihm nichts einfiel, was er sagen konnte. Es gab nichts, was er hätte sagen können, und das wusste ich. Es gab nichts, was er hätte tun können, außer einfach mit mir dazustehen. Er schaute die Straße runter, und als ich auch in die Richtung schaute, sah ich eine Gruppe junger Burschen, die am Krankenwagen zusammenstand. Wir waren zu weit weg, um zu hören, was sie sagten, und irgendwie verschluckte der Schnee ihre Stimmen. Er fiel in dicken, schweren Flocken und machte alles weiß. Es waren bestimmt minus zehn Grad.
    »Ich muss den Jungs ein paar Fragen stellen«, sagte er. Er senkte den Kopf und ging die Straße runter. Als er weg war, drehte sich mir der Magen um, und ich musste würgen und dachte schon, ich würde mich gleich übergeben, da am Straßenrand. Ich ging in die Hocke und nahm ein paar Handvoll Schnee und rieb mir damit übers Gesicht, um nicht brechen zu müssen. Ich hörte Schritte hinter mir im Schnee knirschen.
    »Es tut mir leid, Sheriff«, sagte eine Stimme. Ich blickte hoch und sah einen Sanitäter, der von der Gruppe am Krankenwagen rübergekommen war und jetzt direkt hinter meiner Schulter stand. Er sah aus wie um die fünfundzwanzig, nur ein paar Jahre älter als Jeff.
    »Sie haben meine Frau nicht angerufen.«
    »Nein, Sir.«
    »Gut. Sorgen Sie dafür, dass niemand sie anruft.«
    Ich nahm noch eine Handvoll Schnee und rieb mir damit den Nacken ein und legte die Hände auf die Augen. Die Finger brannten von der Kälte. Ich hielt mir den Schnee an die Wangen, bis mein Gesicht taub wurde.
    Als ich mich aufrichtete, krampfte mein Magen erneut, und ich drehte mich mit dem Rücken zum Waldrand und spuckte in den Schnee. Ich schaute die Straße hinunter und sah drei junge Männer in Overalls und dicken Jacken, die rauchten und mit Owens sprachen. Er hatte einen Notizblock in der Hand und sah aus, als würde er ihnen Fragen stellen. Ich wischte

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