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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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Mehr nicht.«
    Es wurde langsam dunkel, und der Schnee nahm eine gespenstische blaue Farbe vor dem Hintergrund der Wolken an. Ich saß da und beobachtete, wie die Sanitäter die Trage aus dem Krankenwagen zogen und sie auf die Schatten am Waldrand zurollten. Ich wollte nicht mit ansehen, wie sie Jeff wegbrachten, daher verfluchte ich mich laut und wendete den Wagen auf der Straße und fuhr nach Norden, Richtung Gunter Mountain.

    Es war Nacht geworden, als ich den ersten Gang einlegte und den Berg hochfuhr. Es waren schon Reifenspuren im Schnee, und ich steuerte den Wagen in sie hinein. Der Schotterbelag auf der Bergstraße war wärmer als der Asphalt unten auf dem Highway, und ich konnte spüren, wie meine Reifen im Schnee nach Steinchen suchten, auf denen das Profil greifen konnte. Straßenlampen gab es da oben keine, und die Bäume ragten auf beiden Seiten aus der Dunkelheit. Ich konnte es zwar nicht sehen, aber ich wusste, dass das Gelände rechts von mir steil abfiel bis tief ins Tal. Wäre es hell gewesen, hätte ich ganz unten Farmen und Häuser erkennen können, verstreut wie Schrotkugeln.
    Es war ein paar Jahre her, dass ich zu Jimmy Hall gefahren war, aber ich war oft genug dort gewesen, um den Weg genau zu kennen. Ben studierte inzwischen an der Western Carolina, und Halls Frau hatte ihn vor drei Jahren endgültig verlassen. Es war lange nichts mehr vorgefallen, bis jetzt.
    Ich schaltete die Scheinwerfer aus, als Halls Haus in Sicht kam, und bog in die Schottereinfahrt. Im Fenster brannte Licht, und aus dem Schornstein stieg eine Rauchfahne. Ich parkte den Wagen vor dem Haus, öffnete langsam die Tür und saß dann da, die Beine schon aus dem Auto, und fragte mich, was ich machen sollte.
    Die Verandastufen knarrten unter meinen Stiefeln, und ich blieb stehen und lauschte, als hätte jemand anderes das Geräusch gemacht. Ich öffnete die Lasche über meiner Pistole im Holster und klopfte an die Tür. Von innen war kein Laut zu hören, und ich stand da und lauschte, um auf Nummer Sicher zu gehen. Ich stellte mir Hall hinter der Tür vor, eine abgesägte Schrotflinte in den Händen, sturzbesoffen, wie er die Luft anhielt und hoffte, ich würde wieder abhauen. Ich klopfte noch einmal und hörte noch immer nichts. Ich drehte den Türknauf, aber es war abgeschlossen.
    Ich wendete den Wagen auf dem Schotter und fuhr zurück zur Straße. Ich hatte das Fernlicht eingeschaltet, und die Scheinwerfer leuchteten in die Bäume gegenüber, und die hängenden Äste verrieten mir, dass der Schnee schwerer wurde. Ich blickte nach rechts und sah die Reifenspuren, denen ich den Berg hochgefolgt war, doch als ich gerade aus der Einfahrt biegen wollte, bemerkte ich auf der linken Seite ein weiteres Paar Reifenspuren, die mir auf dem Weg nach oben nicht aufgefallen waren.
    Heiße Luft strömte mir aus den Gebläseschlitzen am Armaturenbrett ins Gesicht, und ich saß da und starrte auf die Spuren und fragte mich, wer da oben am Ende der Straße sein mochte. Ich wusste nicht, was ich verdammt nochmal tun würde, wenn Jimmy Hall da oben war, aber ich wusste, dass ich so oder so keine andere Wahl hatte, als hochzufahren und nachzusehen.

    Meine vorderen Kotflügel machten ein grässliches, schabendes Geräusch, als sie sich durch den hohen Schnee pflügten. Die Spurrillen waren tief, und mein Wagen tat sich schwer auf den Steigungen, wo der Schnee glatt und hartgefroren war. Ich umklammerte das Lenkrad und starrte hinaus ins Scheinwerferlicht. Dann und wann blickte ich durch die Seitenfenster und suchte nach Spuren, die in Nebenstraßen oder Einfahrten abbogen, doch das Licht vor meinem Wagen machte die Dunkelheit auf beiden Seiten irgendwie noch viel dunkler.
    Kurz vor einer Anhöhe geriet ich in Tiefschnee, und mein Wagen kam kaum noch voran, und ich wusste, wenn ich anhielt, würde ich garantiert feststecken, daher gab ich behutsam Gas. Ich wusste nicht, dass oben eine Linkskurve kam, und ich fuhr zu schnell hinein. Das Heck schleuderte herum und riss mich aus der Spur, und ich rutschte seitlich in einen Graben. Der Wagen neigte sich gefährlich und drohte zu kippen. Ich hielt den Atem an und rechnete schon damit, auf dem Dach zu landen und eingeklemmt zu werden.
    Doch als der Wagen zum Stillstand kam, war klar, dass ich nicht umkippen würde. Die Räder auf der rechten Seite waren aber trotzdem gut einen Meter unterhalb der Straße, und obwohl ich wusste, dass es nichts bringen würde, gab ich ordentlich Gas und hörte, wie sie

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