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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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ich. »Das macht nichts, aber du musst hiervon einen Tee kochen und ihn Julie und dem Baby zu trinken geben. Der wird ihnen guttun. Die beiden sind völlig erschöpft, und sie brauchen jede Stärkung, die sie kriegen können. Wenn du den Tee fertig hast, kannst du das hier im Garten vergraben.«
    Ben stand bloß da und starrte auf die Nachgeburt, die ich in ein Handtuch eingewickelt hatte. Seine Augen sahen aus, als wollte er etwas sagen, aber irgendwie schien er nicht die richtigen Worte zu finden.
    »Ich weiß nicht«, sagte er schließlich. Er sah zu mir hoch.
    »Was weißt du nicht?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht, ob wir das wollen«, sagte er. »Wir versuchen, eine christliche Familie zu sein, Miss Lyle. Ich denke, wir sollten den altmodischen Kram lieber sein lasen. Das kommt mir irgendwie nicht richtig vor.«
    »Es kommt dir nicht richtig vor?«, sagte ich. »Habe ich dir nicht kräftig genug auf den Hintern gehauen, als du auf die Welt kamst? Ich sag dir mal was: Ob es dir richtig
vorkommt
oder nicht, spielt keine Rolle; wichtig ist, dass es
richtig
ist. Und wenn ich du wäre, würde ich schon mal rausgehen und ein Loch in den Schnee buddeln, während ich Wasser aufsetze.«
    »Wir glauben nicht an so was«, sagte er.
    »Na, ich werd sicher nicht versuchen, dich umzustimmen«, sagte ich. »Aber du hast mich hergerufen, damit ich euer Baby auf die Welt hole, und ich habe getan, was ich konnte. Wenn du meinen Rat nicht annehmen willst, dann eben nicht. Aber wie gesagt, ich habe getan, was ich konnte. Die Entscheidung liegt bei dir. Ihr werdet hier oben ganz allein sein, und du musst daran denken, was für deine Familie am besten ist.«
    »Das tue ich«, sagte er. »Und ich bin dankbar, dass Sie hergekommen sind, und ich hoffe, ich kann mich irgendwann für Ihre Hilfe revanchieren.«
    Wir standen einen Moment da und blickten einander an, und dann warf ich das Handtuch auf die Arbeitsplatte in der Küche und ging zurück ins Schlafzimmer, um nach Julie zu sehen. Sie hatte die Augen geschlossen und hielt das Baby in den Armen. Sie sahen beide aus, als würden sie schlafen. Ich nahm meinen Mantel von der Stuhllehne, schloss leise die Tür und ging zurück ins Wohnzimmer.
    »Ruf bitte bei Gerty an, ja?«
    »Mach ich«, sagte Ben. »Ich zieh mir was Warmes über und geh mit Ihnen runter. Sie müssen ja nun wirklich nicht das ganze Stück wieder allein gehen.«
    »Ich kann so runtergehen, wie ich raufgekommen bin », sagte ich. »Aber es wäre nett, wenn du Gertys Sohn Bescheid gibst.«
    Ich marschierte wieder den Berg runter, und als ich auf halber Strecke war, sah ich etwas durch den Schnee auf mich zukommen, und ich blieb stehen und überlegte, ob ich mich im Wald verstecken sollte, bis das, was da kam, an mir vorbei war. Aber als ich näher kam, sah ich, dass da Doc Winthrop auf dem Rücken von seinem alten Maultier den Berg hinaufritt, um Julie zu helfen. Ich hätte an ihm vorbeigekonnt, ohne dass er mich bemerkt hätte. Er hätte wahrscheinlich erst oben auf dem Gunter gedacht, dass er einen Geist gesehen hatte, der im Schneesturm den Berg runterschwebte. Aber ich konnte es mir nicht verkneifen, etwas zu ihm zu sagen, auch wenn er bloß ein betrunkener Landarzt war, der im Schnee eine Tasche mit kaputten, alten Instrumenten einen Berg hochschleppte. Ich wartete, bis wir auf gleicher Höhe waren und ich ihn ganz leise stöhnen hörte und die Atemwolken von seinem alten Maultier sehen konnte.
    »Du kannst dem armen Viech die Tortur ersparen, alte Schnapsnase«, sagte ich zu ihm. »Da oben gibt’s nichts mehr für dich zu tun.«
    Ich hörte, wie er an den Zügeln zog und das Maultier abrupt im Schneetreiben stehen blieb. Ich ging weiter.
    »Verdammt«, hörte ich ihn sagen.

    Julie und Ben tauften den Kleinen »Christopher«, aber nur Julie und die Leute von der Kirche nannten ihn so. Ben nannte ihn »Stump«, so wie praktisch jeder andere, der ihn kannte. Julie konnte den Spitznamen nicht ausstehen, und sie nannte ihn Christopher. Ich habe nie gehört, dass sie ihn auch nur einmal anders genannt hätte.
    Aber von ihr weiß ich, dass er den Spitznamen bekom- men hatte, als eines schönen Nachmittags ein Mann von der Tabakbehörde aufkreuzte, um Bens Burleyfelder zu kartieren. Es war noch nicht lange her, dass sie vom Berg runter in Mr Gants Haus im Tal gezogen waren und Ben mit dem Tabakanbau angefangen hatte. Ich schätze, er wurde ein ganz ordentlicher Farmer und ausgefuchster Tabakschwindler, nachdem er

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