Fuerstin der Bettler
Baum.
»Der Teufel will gar nicht zu uns«, flüsterte Hannah triumphierend, als sich das Teufelsvieh in die andere Richtung davonmachte, hinter das Gebäude.
Der Dürre brüllte etwas in das Haus hinein. Gleich darauf sprangen Hilgert und der Dicke heraus. Hilgert hielt eine Stange in der Hand. Ihr Anführer zeigte in die Richtung, in die das Wesen verschwunden war. Dann jagten die drei Männer an der Mauer entlang und entfernten sich so von Hannah und der Schwarzen Liss.
»Egal, ob dort oben jemand sitzt und uns zusieht, Röttel. Jetzt oder nie!«, befahl die Liss und riss Hannah mit sich.
Wie eine Urgewalt brachen die beiden Frauen aus dem Gebüsch. Sie stürmten die vierzig Fuß den Weg entlang und hatten die Pforte fast erreicht, als die drei Männer auf sie aufmerksam wurden. Die letzten Schritte machten sie unter den Augen der Schmuggler, die zuerst verblüfft stehen blieben und sich ratlos ansahen.
Die Liss drückte die Klinke und warf sich gegen die Pforte, doch die ließ sich nicht öffnen.
»Herrgott, mach auf!«, schrie sie.
Jetzt reagierten die drei Männer.
Hannah sah aus den Augenwinkeln, wie die Schmuggler zuerst noch unentschlossen herumstanden. Doch dann ertönte aus dem Haus offenbar ein Befehl, den Hannah nicht recht verstehen konnte – und die Männer sprangen zur Pforte. Währenddessen versuchte die Schwarze Liss verzweifelt, das Tor zu öffnen. Sie warf sich erneut mit aller Kraft dagegen, doch die Pforte rührte sich nicht. Sie war offenbar doch nicht aufgeschlossen worden.
Schließlich begriff Hannah, woran es lag. »Du musst ziehen!«, schrie sie die Liss an.
Die Schwarze Liss stockte, dann drückte sie erneut die Klinke und zog. Die Tür schwang auf. Die beiden Frauen stolperten hindurch. Die Pforte schlug hinter ihnen zu, und Hannah hörte noch, wie ein Schlüssel im Schloss sperrte. Die Männer hämmerten von der anderen Seite dagegen, doch vorerst waren sie und die Liss in Sicherheit.
Hannah war noch ganz außer Atem.
»Weg hier!«, hörte sie eine Männerstimme schreien. »Vielleicht gibt es einen zweiten Schlüssel.«
Hannah drehte sich zu der Stimme um – und staunte nicht schlecht. Sie kannte den Mann nicht, der sie beide mit ausgebreiteten Armen aufhielt und vorwärtsdrängte. Doch sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.
In ihrem Kopf formte sich ein Gedanke. Wenn die Männer ihnen nicht durch die Mauerpforte folgen konnten, dann folgten sie ihnen durch den Tunnel.
»Zum Fledermausturm!«, forderte sie. Niemand widersprach, und schon eilten sie an der Mauer entlang und hinunter in Richtung der Hennastäpfala.
»Wer seid Ihr?«, fragte Hannah endlich, als der Mann neben ihr lief, mit einem Seitenblick auf ihn. Irgendwie kam er ihr langsam doch bekannt vor. Sie konnte jedoch nicht sagen, woher.
»Wir sind uns schon einmal begegnet«, sagte der Mann und grinste schelmisch.
Sein Gesicht wirkte weich, und seine Augen waren wach und schienen die Welt zu durchschauen. Auch seine Hände, mit denen er das Wams festhielt, das ihm etwas zu groß war, wirkten eher weibisch. Ein Handwerker war er jedenfalls nicht. Dazu war er zu auffällig gekleidet.
»Nun sagt schon, ich bin Euch jedenfalls noch nicht begegnet«, sagte Hannah ungeduldig.
»Nennt mich Bruder Adilbert«, sagte der Mann lächelnd.
Hannah blieb stehen. »Bruder Adilbert?« Sie sah ihm genau in die Augen, und jetzt erst konnte sie an der Nasenkrümmung erkennen, dass es tatsächlich der Mönch war, der ihr hier gegenüberstand.
»Aber – wie kommt Ihr in diese Kleidung?« Hannah hätte beinahe laut gelacht, wenn ihr nicht so elend gewesen wäre.
»Das erzähle ich Euch später. Jetzt müssen wir von der Straße weg.«
Hannah wollte schon wieder losgehen, als die Liss sie am Ärmel festhielt.
»Einen Augenblick. Wollen wir wirklich zum Fledermausturm? Die Männer haben uns gesehen – und wenn sie auch dich und Bruder Adilbert selbst nicht kennen – die Schwarze Liss kennen sie vermutlich und werden sie mit dem Fledermausturm in Verbindung bringen. Es wäre also besser, irgendwo anders unterzuschlüpfen. Außerdem gibt es im Fledermausturm vermutlich eine Zuträgerin, wie du weißt. Wir müssen verhindern, dass sie weitererzählt, was wir gesehen haben.«
Bruder Adilbert räusperte sich. »Ich weiß euch beiden einen Unterschlupf.« Er lächelte verlegen. »Niemand wird euch dort vermuten.«
12
H annah, die Schwarze Liss und Bruder Adilbert saßen zusammen am Tisch des Tischlers. Sie hatten
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