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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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dass wir zum Lusthaus gehen«, sagte sie entschlossen. »Das werden wir auch, aber nicht so, wie sie sich das vorstellen. Wir kommen durch den Palast. Nicht jetzt. Bald. Am Sonntag. Auf eine Art, die sie nicht vermuten. Wir bringen Magdalena im Schutz des Gewitters in die Stadt.«
    Sie griff mit der Hand ins Leere, als müsse sie die Vision festhalten, die sie soeben heimgesucht hatte. »Und dann legen wir ihnen die Leiche in den Garten!«
    In diesem Augenblick rauschte der Regen heran und schlug mit großen Tropfen auf die Erde. Es prasselte, als würden Attilas Horden über das Feld zwischen Wertach und Lech heranreiten. Das Rauschen schluckte das zaghafte Bimmeln der Glocke im Dachreiter der Leprosenkapelle, und im Nu stand auf dem Weg knöcheltief das Wasser.
    »Jetzt oder nie!«, befahl Hannah.
    »Ihr wollt da raus?« Bruder Adilbert stand der Widerwille ins Gesicht geschrieben.
    »Das erwarten sie nicht! Auf diesen Umstand müssen wir bauen.« Hannah schlug mit der Faust in ihre Hand. »Wir können hier nicht länger herumstehen und nichts tun! Keiner von diesen Kerlen um Aigen schert sich einen Deut um christliche Gedanken. Sie holen sich, was sie wollen. Ihr habt es gesehen.« Sie deutete in die Richtung des Massengrabes der Leprosen.
    Bruder Adilbert knüpfte Magdalena vom Glockenstrick los, legte sie sich über die Schulter, bedeckte sie mit einer Decke und wagte sich dann als erster in den Wolkenbruch hinaus. Hinter ihm her stolperten die Frauen mit der Röttel in das Unwetter und kämpften sich zum Tor durch. Im Nu waren sie nass bis auf die Haut.
    Sie legten Magdalena in unmittelbarer Nähe des Fischertors unter einen Knöterichstrauch, der sie ganz verdeckte.
    »Wir holen sie, wenn wir sie brauchen«, sagte Hannah und unterband mit einer Handbewegung die Widerworte, die Bruder Adilbert offenbar auf den Lippen lagen. »Sie bekommt ihr christliches Begräbnis. Aber das muss sie sich erst verdienen.«
    »Zurück zum Tischlerhaus!«, befahl jetzt der Mönch, undals Hannah Atem holte, um zu widersprechen, setzte er scharf hinzu. »Sofort!«
    Hannah hoffte, dass der Regen die Spiegel, mit denen die Straße vor der Rückseite des Palasts beobachtet werden konnte, beschlagen oder mit Wasserperlen bespritzt hatte, damit man sie nicht erkennen konnte. Unauffällig waren sie keineswegs. Außer ihnen befand sich keine Menschenseele auf der Straße. Wie ein Schock halb ertränkter Katzen schlichen sie den Weg an der Inneren Mauer entlang bis zum Tischlerhaus.
    Der unablässige Donner half ihnen, da er das Geräusch ihrer Schritte schluckte.
    Wenig später hockten sie im Kreis zusammen, trockene Tücher um den Kopf gewunden, Bruder Adilbert in Hemd und Hose des Tischlers, Hannah in einem schmucklosen Kleid.
    Sie zitterte, schniefte und wirkte völlig erschöpft. Ihre Augen waren von dunklen Ringen umschattet und schienen immer tiefer in die Höhlen zu sinken.
    Die Schwarze Liss hatte sich neben Hannah niedergelassen. Sie reichte ihr heißen Tee und gab ihn dann an die Runde weiter.
    »Wir brauchen einen neuen Plan«, sagte sie. »Wir haben nur noch wenige Stunden Zeit.«
    Hannah erzählte der Liss in einem stockenden Bericht, was sie draußen vor dem Tor beim Leprosenhaus erlebt hatten.
    Bruder Adilbert hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte ins Leere.
    Als sie geendet hatte, kaute Hannah auf ihrer Unterlippe. Schließlich sah sie in die Runde.
    »Wir wissen, dass der Stadtpfleger auftauchen wird. Wir wissen, dass ein päpstlicher Nuntius beim Auftakt dabei sein wird. Sie brauchen von der Luderin Aufwärterinnen. Damit müsste sich doch etwas anfangen lassen.«
    Bruder Adilbert nickte bedächtig, den Kopf immer noch in die Hände gestützt.
    »Aigen hat keine Ahnung, dass wir längst mehr in der Hinterhand haben«, fuhr Hannah fort. »Was ist mit den Aufwärterinnen, Liss?«
    »Sie sind längst dort. Außerdem wurden sie von der Luderin handverlesen und Aigen selbst vorgestellt. Schließlich sollen sie ja auch andere Aufgaben übernehmen. Wir hätten es früher wissen müssen. Man hätte sie ganz gezielt mit Aufgaben betrauen können. Jetzt ist es zu spät.«
    Der Mönch hob den Kopf und rieb sich mit dem Finger über den Nasenrücken.
    Das Unwetter vor dem Haus hüllte die ganze Stadt und auch das Haus des Tischlers in eine Düsternis, die das Gemüt belastete und auf die Stimmung drückte. Das Rauschen des Regens tat sein Übriges. So saßen sie stumm und in sich gekehrt da. Jeder hing seinen Gedanken

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