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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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dort unten verbracht. Helle Tränenrinnen liefen über die dunkel verschmierten Wangen, und ihre Fingernägel waren eingerissen, so als hätte sie versucht, sich freizugraben.
    Hannah blickte Bruder Adilbert nach, der hinausschlüpfte. Sie presste die Lippen aufeinander, sagte aber nichts, um ihn aufzuhalten.
    »Setz dich, Luderin!«, befahl die Röttel. »Wir haben etwas zu bereden.« Sie klopfte mit dem Griff des Messers auf den Tisch. »Ich werde dir Fragen stellen. Für jede Antwort, von der ich glaube, dass sie falsch ist, oder die mich in die Irre führt, verlierst du einen Finger.«
    Sie legte die Hand auf den Tisch und ahmte mit dem Messer nach, was geschehen würde.
    Die Luderin stieß einen unverständlichen Laut aus und knickte in den Knien ein und sank auf den Stuhl. Die zwei Frauen ließen sie einfach daraufgleiten und wichen zurück.
    »Was für Bedienstete solltest du für den Palast beschaffen?«, fragte Hannah.
    Die Luderin sah Hannah an und öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus.
    »Ich frage dich noch einmal. Was für Bedienstete?«
    Wieder sagte die Luderin nichts. Ihre Lider flatterten.
    »Gebt ihr etwas zu trinken«, wies Hannah die Frauen an, und eine der beiden, die die Luderin hergebracht hatten, griff nach einer Karaffe und füllte einen irdenen Becher, den sie der Luderin hinstellte. Diese nahm ihn zitternd und leerte ihn in einem Zug.
    »Jetzt gebt mir ihre Hand«, sagte Hannah kalt. »Wenn sie nicht antwortet, kostet es sie den kleinen Finger.«
    Die beiden Frauen packten die Luderin und pressten ihreHand auf den Tisch. Gegen deren verzweifelten Widerstand spreizten sie ihr die Finger. Hannah setzte das Messer am kleinen Finger an.
    »Was für Leute?«, fragte sie nur und sah der Frau in die Augen, die ihr noch vor nicht allzu langer Zeit geholfen hatte.
    »Die Auf...wärter...innen!«, stieß die Luderin keuchend hervor.
    »Gut so«, sagte Hannah. Sie bemerkte, wie ihre eigene Hand zitterte. Die wütende Selbstsicherheit, die sie eben noch zur Schau getragen hatte, begann zu verfliegen und machte einem anderen Gefühl Platz, dem Mitleid. Dabei hatte man beim Anschlag auf ihre Familie auch kein Mitleid walten lassen. Mit Schaudern dachte sie an die Wasserzelle. Sie wäre ersäuft worden, wenn es nach dem Kerl gegangen wäre, der sie dort hatte hinunterwerfen lassen, nach Aigen.
    »Wen noch?«, zischte sie. »Die Aufwärterinnen kennen wir schon.«
    Jetzt stach sie das Messer so zwischen Ringfinger und kleinen Finger, dass die Luderin den Stahl spürte und aus einem feinen Schnitt Blut austrat.
    »Musikantinnen!«, schrie die Mutter der Hübschlerinnen heraus. »Es sollen Musikantinnen kommen.«
    »Lasst sie los!«, befahl Hannah. Sofort ließen die Frauen die Luderin und deren Hand los. Diese sackte auf ihrem Stuhl zusammen und besah sich ihre rechte Hand. Noch fehlte keiner ihrer Finger. Sie konnte ihre Hand kaum ruhig vor Augen halten, so sehr bebte sie innerlich.
    »Ich habe dir nichts getan«, sagte Hannah. »Was heißt Musikantinnen?«
    Die Luderin, die vor Kurzem noch so unnahbar und stark gewirkt hatte, machte den Eindruck, als wäre sie innerlich zerrüttet. Ihre Unterlippe zitterte, und ihr Gesicht war aschfahl.
    Aber auch Hannah zitterte, und sie bemerkte, wie sie am ganzen Körper schwitzte. Vermutlich hätte sie niemals den Mut aufgebracht, die Klinge durch einen der Finger zu sägen.
    Hannah beugte sich vor. »Ich habe dich etwas gefragt, Luderin. Antworte gefälligst.«
    Mit flackernden Augen sah die Luderin Hannah an.
    »Fünf Musikantinnen. Leicht bekleidet. Laute, Flöte, Klangspiel, Drehleier, Trommel. Sie werden am Sonntag den Abend eröffnen.«
    »Fünf Frauen! Das ist es!« Hannah sprang auf, weil die Möglichkeit, die sich ihr jetzt eröffnete, so überwältigend schien. »Ich kann Laute spielen«, rief sie. »Die anderen werden wir finden.«
    Sie ging zur Luderin hinüber und beugte sich über sie. »Du hast mir geholfen. Wenn wir das hinter uns gebracht haben, was wir tun müssen, bist du frei, Luderin.«
    Die sah Hannah nicht an. »Ihr kommt nicht hinein«, sagte sie nur.
    Hannah stutzte. »Warum nicht?«
    Als wäre die flackernde Unsicherheit aus ihrem Blick weggewischt worden, sah sie Hannah an. »Sie müssen von mir in den Palast gebracht werden. Nur mit mir kommen sie ins Haus.«
    Hannah musste nach Luft schnappen. »Also sechs Frauen: die fünf Musikerinnen und ihr, die Luderin.«
    Die Luderin nickte. Plötzlich hatte sich die Lage gänzlich gewandelt,

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