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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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raschen Bewegung erneut einen Knebel in den Mund, bevor dieser sich wehren konnte, und Anna setzte das blutverschmierte Messer an seinen Hoden an.
    Der Mann erstarrte und stand etwas verkrümmt und stocksteif und mit vor Schreck geweiteten Augen da.
    »Warum nicht gleich so?«, murmelte Bruder Adilbert und stieß den Mann vorwärts, sodass der stolpernd aus dem Raum taumelte.
    Sie stiegen die Stufen hinab, liefen in den Gang hinein, in dem das Zimmer lag, von dem er wusste, dass sich der Stadtpfleger und Bürgermeister Stolzhirsch darin aufhielt. Bruder Adilbert horchte an der Tür und vernahm, was er erwartete: ein hechelndes Keuchen und ein Klatschen von Haut auf Haut. Mit einer Kopfbewegung schickte er Gallina und Anna hinter die Tür. Dann öffnete er sie und versperrte damit den Gang. Das Gesicht des Nuntius konnte er jedoch durch die Türöffnung genau sehen, und dieser wiederum würde sehen, was davor geschah.
    Der Mönch drehte sich um und suchte den Gang vor sich ab, bis er zufrieden nickte. Sechs Fuß vor ihm lag das blutige Messer, fast nicht zu sehen in der Ecke des Ganges. Anna hattees dort hingelegt, als sie an der Stelle vorübergegangen waren. Dann wandte er sich wieder zur Tür um.
    »Schaut genau zu, Nuntius. Es wird Euch womöglich das Leben retten!«, flüsterte Bruder Adilbert.
    Der Teppich hielt kaum etwas von den Geräuschen im Zimmer ab. Der Bürgermeister war im tiefsten Liebesspiel verfangen. Es würde ihn noch eine kleine Weile hinhalten. Allerdings mussten sie sich beeilen. Wenn Stolzhirsch fertig wurde und wieder auf den Hof hinaustrat, bevor sie ihre Komödie gespielt hatten, wäre die Gelegenheit vertan und der Plan misslungen. Was dann aus der Röttel werden würde, wollte er sich gar nicht erst vorstellen.
    Unruhig kaute er auf der Unterlippe. Am liebsten wäre er hin und her gelaufen, um den harten schnellen Schlag seines Herzens zu dämpfen. Doch durch die dünne Trennwand hätte man ihn vermutlich gehört, und das durfte nicht sein. So stand er da wie eine Salzsäule und harrte darauf, dass die Schwarze Liss sich zeigen würde.
    Und sie kam, zusammen mit einer weiteren Frau. Sie stützten in ihrer Mitte eine dritte. Es war Magdalena. Man hatte sie gewaschen und frisch gekleidet. Sie trug einen roten Rock mit grüner Schürze, dazu eine weiße Bluse, und ihre Haare waren mit Blumen geschmückt. Man hatte ihr Hände und Gesicht geschminkt. Hätte Bruder Adilbert nicht gewusst, dass keinerlei Leben mehr in dieser weiblichen Hülle steckte, so wäre er versucht gewesen, sie nur für betrunken zu halten.
    Die drei Frauen hielten vielleicht fünf Schritte von ihm entfernt inne, ganz dicht bei dem Messer. Die Schwarze Liss nickte ihm zu, und Bruder Adilbert bestätigte mit dem Heben der Hand. Er holte tief Atem. Was er jetzt tat, konnte ebenso gut sein Todesurteil bedeuten wie auch den Triumph über Aigen.
    Mit Schwung schlug er den Teppich zurück und betrat den Raum.
    Wäre er nicht angespannt gewesen wie eine Bogensehne, dann hätte er lauthals gelacht. Der Stadtpfleger und Bürgermeister lag über einer Frau, die dieselben Kleidungsstücke trug wie Magdalena im Gang dahinter. Der Mann hatte der jungen Frau die Bluse von den Schultern und den Rock über die Hüfte geschoben, bevor er sich auf sie gelegt hatte. Sie trug die gleiche weiße Bluse wie Magdalena, den gleichen roten Rock mit grüner Schürze und die gleichen Blumen im Haar. Was der Stadtpfleger nicht wusste: Sie hatte dafür gesorgt, dass man sie und Stolzhirsch hier in diesem Zimmer hatte verschwinden sehen.
    Überrascht durch den plötzlichen Eindringling, fuhr Stolzhirsch auf und versuchte auf die Beine zu kommen. Doch er stolperte über seine Hose, die ihm noch um die Fesseln hing. Beinahe wäre er gestürzt. Die junge Frau bewahrte ihn davor.
    »Gefahr im Verzug!«, sagte Bruder Adilbert mit verstellter Stimme, sodass er klang wie eine Frau. »Dort hinaus!« Er deutete hinter sich.
    Der Bürgermeister raffte seine Kleidungsstücke zusammen, zog die Hose hoch und schlüpfte in seine Stiefel.
    »Rasch, Herr, rasch! Sie kommen!«, drängte der Mönch und begann gleichzeitig, seinen Rock zu lösen und die Bluse aus dem Bund zu ziehen.
    »Wo hinaus?«
    »Dort. Hinter den Teppich!« Der Mönch wies in die Richtung, aus der er gekommen war. Er selbst versperrte wie zufällig den Weg durch die Eingangstür.
    Kaum hatte der Bürgermeister ihm den Rücken zugekehrt, ließ er den Rock fallen und zog sich die Bluse über den Kopf.

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