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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Dort gibt es eine Pforte.«
    Hannah schlurfte voraus, die Bettlerin humpelte ihr nach. Sie mussten beide einen erbärmlichen Anblick abgeben, eine halb Erschlagene und eine fast Lahme mit Stock. Wäre ihre Lage nicht so verzweifelt gewesen, hätte sie darüber gelacht.
    Ihr Schädel dröhnte, als sie in den Mauerumgang einbogen. Sie spürte ihre Beine fast nicht mehr, und der brennende Schmerz im Unterleib wurde zu einem harten Pochen.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Liss.
    Sie kamen an der Stelle vorüber, an der sie zum Wehrgang hochgestiegen waren – und schließlich standen sie vor der hinteren Pforte. Die doppelt mannshohe Wand, die das Gartenhaus zur Stadtmauer hin abgeschlossen hatte, wurde von einer schmalen Pforte durchbrochen, deren Tür stark angekohlt war Die Schwarze Liss drückte die Klinke. Nichts rührte sich. Die Pforte war abgeschlossen.
    »Verdammt«, vernahm Hannah die Schwarze Liss wie aus weiter Ferne.
    »Du brauchst nicht zu flüstern«, sagte Hannah und trat einen Schritt zurück.
    »Ich flüstere nicht. Ich schreie«, sagte die Schwarze Liss.
    Die Liss drehte sich zu Hannah um und hob eine Augenbraue. Sie deutete auf Hannah, dann auf ihre eigenen Ohren, dann wieder auf Hannah und zuckte mit den Achseln.
    Hannah nickte nur. Offenbar hatten die Schläge des Roten ihr Gehör in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt wandte sie sich zu der Pforte hin. Ihre Augen glitten über die Mauer und blieben an einem Stein hängen, der ein ganzes Stück über ihr aus der Ummauerung ragte. Hannah deutete darauf und machte mit der Hand eine Drehbewegung als Schließzeichen. Sie trat an den Poller neben der Tür. Die Schwarze Liss sah sie verständnislos an. Hannah nahm deren Hand und drückte sie gegen ihr Gesäß.
    »In meinem Zustand komme ich sonst nicht hoch. Du musst mich halten.«
    Hannah stieg auf den Poller. Sie musste ein Aufstöhnen unterdrücken, weil ihr alle Glieder wehtaten. Doch die Schwarze Liss schob von hinten und drückte sie so gegen die Mauer.
    Hannah streckte sich, rüttelte an dem Stein, der sich endlich aus der Lücke ziehen ließ, ließ ihn fallen, griff in die Höhlung und hielt triumphierend einen Schlüssel in die Höhe.
    Hannah kam ins Wanken, als die Schwarze Liss sich hinter ihr rührte. Sie rutschte ab und fiel der Länge nach in die Gasse. Der Schlüssel wurde ihr aus der Hand geschleudert und schlitterte einige Fuß über den Boden, bis ein Mann mit dem Fuß darauftrat. Hannah hatte sein Kommen nicht bemerkt.
    »Was wollen wir denn mit dem Schlüssel?«, fauchte der Mann, und Hannah zog es die Eingeweide zusammen. Sie drückte den Kopf auf den Boden. Obwohl sie kaum etwas hören konnte, erkannte sie die Stimme sofort. Nie mehr würde diese Stimme sich aus ihrem Gedächtnis löschen lassen. Nie mehr.
    Der Mann bückte sich, hob den Schlüssel auf und besah ihn sich genau. »Für welche Tür braucht ihr denn den?«, fragte er höhnisch.
    Mit der einen Hand hob er den Schlüssel auf, mit der anderen packte er Hannah mit eisernem Griff am Handgelenk, zog sie hoch und hielt ihr den Schlüssel unter die Nase. »Für welche Tür?«
    Hannah, die vor Schmerz und vor Angst nur noch verschwommen sah, deutete mit dem Kopf in die Richtung, von der sie glaubte, dort würde sich die Pforte befinden.
    »Das Tor wollt ihr beiden Hübschen aufmachen? Das Tor?«
    Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht recht verstehen, was die beiden Weiber dort wollten, dann lachte er, ließ Hannah los, sodass sie wieder zu Boden sackte.
    Der Rote beugte sich über sie. »Na, Weib, hat es dir mit mir gefallen? Ich komm heut Nacht wieder. Freu dich drauf.«
    Hannah schloss die Augen, und ihre Eingeweide krampften, sodass sie sich zusammenrollte, damit der Schmerz erträglich wurde.
    Der Rote lachte, trat im Vorbeigehen der Schwarzen Liss mit dem Stiefel in die Seite und ging weiter. Den Schlüssel warf er über die Schulter hinter sich, und mit einem leisen Klirren landete er auf dem Pflaster.
    Hannah wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Was hatte sie denn getan, dass Gott der Herr sie so strafte? Genügte es ihm nicht, dass er ihr die ganze Familie genommen hatte? Genügte es ihm nicht, dass er ihr die Schönheit weggebrannt hatte? Genügte es ihm nicht, dass sie geschändet worden war? Was wollte er denn noch von ihr?
    Hannah lag zusammengerollt wie ein Kind im Mutterbauch und schluchzte.
    Sie spürte, wie die Schwarze Liss sie hochzog und, indem sie sie stützte, mit ihr

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