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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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schwierigste Aufgabe auf sie zu: Sie musste verhindern, dass ein anderer Mann die Stelle des Roten einnahm.
    All das musste sie auf eine Weise bewerkstelligen, dass die Frauen nicht das Gefühl bekamen, sie würden von ihr zu etwas gezwungen, was sie nicht wollten.
    Hannah schlug die Hände vors Gesicht. Wenn jemand ihr vor zwei Monaten gesagt hätte, sie würde eine ganze Horde bettelnder und sich den Männern anbietender Frauen führen, dann hätte sie denjenigen ausgelacht. Doch jetzt tat sie genau das.
    Hannah trat von Neldas Krankenbett weg und ging die Treppe hinunter in den unteren Raum. Dort hatten sich die Frauen versammelt, die sich gesund genug fühlten. Als Hannah den Raum betrat, verstummten alle Gespräche. Erwartungsvoll hoben die Frauen den Kopf. Hannah setzte sich auf den Stuhl, den man für sie freigelassen hatte.
    Sie wusste, dass die ersten Worte darüber entscheiden würden, wie es weiterging, dass diese sogar darüber entschieden, ob sie eine Gefolgschaft haben würde oder nicht. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Last auf sich nehmen wollte, die diese Verantwortung mit sich brachte. Schließlich hatte sie bis dahin zusammen mit ihrem Mann entschieden – und das hatte sie schon für ein großes Glück erachtet. Ihre Nachbarinnen waren gehalten worden wie Sklavinnen, die jeden Haushaltsgulden von ihren Ehemännern erbetteln mussten und die sich mit Wohlverhalten und Unterwerfung zu bedanken hatten. Sie seufzte, weil sie daran dachte, wie sehr Jakob ihr fehlte. Er hatte sie geachtet, und nie war ein böses Wort über seine Lippen gekommen. Sie vermisste seine Zärtlichkeiten, und sie vermisste seine Stimme, mit er ihr von seiner Arbeit erzählt und mit der er ihr manchmal auch etwas vorgesungen hatte.
    Hannah schloss kurz die Augen, um sich zu konzentrieren. Als sie die wieder öffnete, blickte sie direkt in das Gesicht der Schwarzen Liss. Es war ernst und strahlte eine Zuversicht aus, die sie selbst gern gehabt hätte. Die Liss nickte ihr zu.
    »Ihr wisst«, sagte sie, und ihre Stimme kratzte rau in ihrer Kehle, so dass sie sich räuspern musste, »der Dürre Karl ist tot. Das heißt, der Fledermausturm ist ohne männliche Führung. Das zumindest werden die Männer glauben. Allen voran der Rote. Es wird also nicht allzu lange dauern, dann werden dortdraußen Kerle auftauchen, die den Dürren Karl beerben wollen.«
    Hannah ließ ein wenig Zeit verstreichen, um die Wirkung ihrer Worte zu überprüfen. Dann fuhr sie fort: »Ich bin der Meinung, dass wir das verhindern können. Ich bin der Meinung, dass sich keine Frau einem Mann hingeben muss, nur damit sie eine Nacht in Sicherheit verbringen kann.«
    Einige Frauen nickten, andere wiegten jedoch bedenklich den Kopf. Hannah atmete tief durch. Jetzt würden sich das Schicksal des Fledermausturms und damit ihr eigenes entscheiden. »Wir müssen den Männern zeigen, dass wir nicht schwach sind.«
    Ein Gemurmel erhob sich.
    Hannah hob die Arme und gebot Ruhe. »Ich weiß auch, wie wir das anstellen können. Wir können nicht mit Gewalt vorgehen und nicht mit Muskelkraft. Wir Frauen haben jedoch eine Eigenschaft, die den Männern nicht schmecken wird. Wir können mit Verstand und kleinen Sticheleien mehr erreichen als andere mit roher Gewalt.«
    Bei ihren letzten Worten horchten die Frauen auf. Tatsächlich löste sich die Spannung in Gelächter, als sie ihren Vorschlag unterbreitete. Plötzlich waren die Frauen, die so ängstlich und gespannt darauf gewartet hatten, was sie zu sagen hatte, überzeugt und voller Tatendrang.
    Wieder hob Hannah die Arme und verschaffte sich Ruhe. »Der Erfolg des Willens liegt in der Tat«, sagte sie. »Lasst es uns also an einem Beispiel durchspielen. Und ein eindrucksvolleres Objekt unseres neuen Willens als den Roten gibt es wohl nicht.«
    Sie wartete und schaute dabei in die Augen der Schwarzen Liss. Diese hatte die Lippen aufeinandergepresst und lächelte, während Hannah den Frauen erklärte, wie sie vorgehen sollten. Sie teilte sie in einzelne Gruppen auf und schärfte ihnen ein,was sie zu tun hätten und wie weit sie gehen dürften. Sie sah die Augen der Frauen leuchten, als sie ihnen ihren Plan enthüllte.
    »Machen wir uns auf den Weg«, sagte die Liss schließlich. »Holen wir uns aus der Jakobskirche Pilgerstäbe und bringen wir dem Roten das Fürchten bei. Zehn Frauen werden wohl genügen. Der Rote treibt sich jetzt vermutlich vor Sankt Moritz herum.«
    »Stellen wir ihn«, flüsterte Hannah.
    Sie

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