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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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hatte sich nach dem Gespräch mit Gisbert wieder in Luft aufgelöst.
    »Du bist dabei, die Bettlerkönigin zu werden. Du nimmst fast den Platz des Roten ein«, bemerkte die Schwarze Liss.
    »Ich will nicht die Bettlerkönigin werden«, sagte Hannah und ließ den Blick noch einmal über die zerlumpten Gestalten gleiten. »Was wäre das auch für eine Herrschaft?«
    Hannah kannte eine der Frauen, die dort warteten. Es war die Luderin. Sie wurde offenbar von anderen Frauen darauf aufmerksam gemacht, dass Hannah kam. Die Luderin hob den Kopf und winkte kurz mit der Hand.
    Die Schwarze Liss trat ein Stück zurück. Hannahs Auftritt hatte etwas Würdevolles.
    »Bis jetzt war mir noch gar nicht bewusst, dass das Gebiet abgesteckt und die Stadt in unterschiedliche Gebiete eingeteilt ist«, sagte Hannah über die Schulter hinweg zur Schwarzen Liss.
    »Du weißt vieles nicht, Röttel. Aber dafür hast du ja mich.«
    Sie waren am Turm angelangt, und eine der Begleiterinnen der Luderin drängte sich vor und ergriff das Wort, als Hannah an ihr vorüberging.
    »Sie will mit dir reden, Röttel«, sagte sie.
    Hannah nickte und begrüßte die Luderin mit einer Umarmung. »Ich habe dir zu danken. Dir und deinem Messer«, flüsterte Hannah der Frau ins Ohr.
    »Da hatte ich wieder den richtigen Riecher«, sagte die Luderin und zwinkerte Hannah zu.
    Wenig später saßen sie einander im ersten Stock des Turms gegenüber.
    »Du wolltest mit mir reden, Luderin«, begann Hannah.
    Die Luderin nickte bedächtig. »Du musst aufpassen, dass du keine Schwierigkeiten bekommst.« Sie machte eine gewichtige Pause. »Nein, die Toten zählen nicht. Der Rote oder der Dürre Karl sind keine Erwähnung wert. Aber du bist wichtig. Die Berichte über deine Erfolge ziehen schneller durch die Stadt als der Westwind. Sie sind bereits in aller Munde.«
    Hannah erwiderte vorsichtig, dass sie nur ihre Kenntnisseeinsetze und versuche, denjenigen zu helfen, um die sich sonst niemand kümmere.
    »So etwas ruft Neider auf den Plan, Röttel.«
    »Neider?«, fuhr sie auf. »Wer sollte es mir neiden, dass ich mich mit Menschen beschäftige, für die sich noch nicht einmal die Kirche interessiert?«
    Die Luderin lehnte sich zurück. »Mir fallen da mehrere Gruppen ein. Unter anderem die Kirche. Aber auch Freudenhäuser, denen die Frauen weglaufen, weil sie sich dir anschließen wollen.«
    Langsam begann Hannah zu begreifen. Die Luderin hatte Angst, ihren Einfluss zu verlieren. Wenn ihr die Frauen wegliefen, dann musste sie ihr Rotes Haus womöglich zusperren.
    »Willst du mich warnen, Luderin?«
    Sie saßen einander stumm gegenüber und sahen einander in die Augen. Hannah hatte das Gefühl, als würde die Luderin ihr bis auf den Grund der Seele blicken. Ihre grünen Augen leuchteten.
    »Das auch, aber nicht vor mir, Röttel. Meine Frauen bekommen so manches erzählt. Wenn die Männer zufrieden sind, dann bricht aus ihnen oft das hervor, was sie einem Fremden niemals weitergeben würden. Meine Frauen bekommen geheime Pläne und Einschätzungen zu hören, während sich die Männer an ihren Brüsten ausruhen. Sie sind dann so offen, wie meine Frauen es zuvor für sie waren.«
    Hannah schwieg nachdenklich.
    »Es wird gemunkelt«, fuhr die Luderin fort, »dass eine neue Hexe in der Stadt ihr Unwesen treibt. Für ihre Messen und Anrufungen soll sie schon vier Jungfrauen und einen Jungen getötet haben.«
    »Wer setzt solche Gerüchte in Umlauf?« Hannah sah die Luderin entgeistert an. Plötzlich sah sie die Klatschgeschichten aus der Zeit vor dem Brand mit anderen Augen. Auch sie hattediesen Erzählungen gelauscht, auch sie hatte damals noch kopfschüttelnd ihre Bemerkungen dazu gemacht. Jetzt war sie selbst Mittelpunkt einer solchen Anschuldigung – und nur sie wusste, dass es nicht zutraf.
    »Womöglich jemand, der ein Interesse daran hat, dass du nicht zu mächtig wirst in dieser Stadt. Es kann aber auch nur der Versuch sein, dich loszuwerden, so wie du den Dürren Karl losgeworden bist. Da ist die Anschuldigung, du wärst eine Hexe, ein einfaches Mittel.«
    Die Luderin sah Hannah forschend an. Das grasige Grün von deren Augen irritierte Hannah.
    »Aber ... das stimmt doch nicht. Wie können die Leute so etwas sagen? Ich helfe nur den Frauen. Mehr tue ich nicht. Und mit diesen Toten habe ich weiß Gott nichts zu tun.«
    Die Luderin nickte, als wäre das alles selbstverständlich. »Das weißt du. Das weiß ich. Aber unter den Mönchen und Pfaffen gehen diese

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