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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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zuvor Weinessig gekippt hatte. Es roch bittersüß nach vergorenem Wein und Blut.
    »Ihr habt Zauberhände«, sagte sie schüchtern.
    »Oh, sei vorsichtig mit solchen Begriffen, Kind. Das kann leicht ins Auge gehen, wenn Mutter Kirche davon erfährt«, mahnte Hannah und lächelte sie an. »Wie heißt du?«
    »Maria«, sagte die Kleine und schloss langsam die Augen.
    »Also, Maria«, fragte Hannah, »wie hat der Kerl ausgesehen, der Celante das angetan hat?«
    »Wie der Teufel«, sagte Maria zögernd, und ihre Augen weiteten sich plötzlich. »Wie der Leibhaftige.«
    »Ist das nicht übertrieben? Was hatte er für Gesichtszüge?«
    Das Mädchen schluckte. Langsam, als wäre sie nicht ganz bei sich, stieß sie hervor: »Er war – weiß. Das Gesicht. Nur die Augen. So rot wie die Augen von einer Ratte. Wie die Augen des Satans. Ganz weiße Hände. Kalkhände. Kapuze über dem Kopf. Schwarzer – höllenschwarzer Mantel.«
    Völlig abwesend und mit Entsetzen im Blick richtete das Mädchen die Augen auf Hannah. »Ist nicht gelaufen. Er ist geschwebt. Treppe hoch. Schreie. Die Frauen sind zusammengelaufen. Sofort. Dann war er weg. Weg. Wie durch ein Loch im Boden verschluckt. Dann das Blut. Das ganze Blut.«
    Hannah nickte. Der Kerl hätte wohl die Gelegenheit gehabt, Celante niederzustechen. Er hatte es aber nicht getan, er hatte sie nur verletzt. Das tat man, wenn man etwas erfragen wollte. Es war offensichtlich, dass der Unbekannte nicht nur nach Celante gesucht hatte. Hoffentlich käme Celante wieder zu Bewusstsein – Hannah musste unbedingt mit ihr sprechen.
    Die Schwarze Liss hatte die ganze Zeit über dabeigestanden. Jetzt trat sie zu Hannah hin und nahm sie beiseite. Sie senkte die Stimme. »Er wollte offenbar den Mönch, von dem die Luderin erzählt hat. Warum wollte er den Mönch?«
    »Wir müssen ihn suchen und ihn fragen. Womöglich kennt er einige Antworten«, sagte Hannah.
    »Worauf?« Die Schwarze Liss sah Hannah scharf an.
    Hannah zuckte mit den Schultern. »Das erfahren wir, wenn wir mit ihm geredet haben.«
    Die Schwarze Liss nickte. »Du willst also zur Luderin. Das ist nicht ungefährlich.«
    »Warum?«
    »Warum, warum? Glaubst du, sie lassen dir den Turm hier? Glaubst du, sie werden nicht versuchen, das Geschäft mit den Frauen wieder an sich zu reißen? Dort draußen warten mindesten vier Männer, die anstelle des Dürren Karl den Turm haben wollen. Und sie werden sich von einer Frau nicht aufhalten lassen.«
    Hannah streckte sich. Bis jetzt war sie weggelaufen. Doch nun wollte sie das nicht mehr. »Sie sollen nur kommen. Wir werden ihnen zeigen, wem dieser Turm gehört.«
    Die Liss nickte ernst. »Also gut. Wenn du so zuversichtlich bist, dann sollten wir Kriegsrat halten. Denn wir müssen die Festung verteidigen, sonst wird sie gestürmt werden. Der Stadt wird es egal sein, wer den Fledermausturm führt, wenn nur Ruhe einkehrt.« »Zuerst muss ich schlafen, Liss. Ein paar Stunden Nachtruhe. Im Morgengrauen brechen wir auf.«
    Die beiden Frauen nickten einander zu.
    Am liebsten hätte Hannah sich einfach dort, wo sie stand, niedergelegt. Selbst der Weg zur nächstgelegenen Pritsche erschien ihr unendlich weit. Sie schleppte sich mit Mühe dorthin und überlegte, schon halb im Schlaf, wie grausam doch diese Welt war.

7
    B ruder Adilbert streckte sich auf seiner Pritsche aus und zog den löchrigen Filz über sich, der ihm als Decke diente. Er fror erbärmlich. Außerdem war das Brett, auf dem er lag, um einiges unbequemer als das Bett im Roten Haus und nicht zu vergleichen mit den weichen und warmen Rundungen, die ihn dort sonst noch umfingen.
    Warum tat er sich dieses Klosterleben nur an? Es fiel ihm schwer, keusch zu leben, er versorgte seine Mitbrüder mit verbotenen Bildern und Geschichten, er fluchte wie ein Kutscher, und bei der Einhaltung der Betzeiten war er unzuverlässig, fahrig und flatterhaft.
    Im Grunde war er kein Mönch, sondern ein Verirrter, dem es um die warme Suppe und das Dach über dem Kopf ging. Einzig die Liebe zu den Büchern hielt ihn in diesen Mauern. Ohne seine Bücher fühlte er sich wie abgestorben – wenn man vom Genuss der warmen Schenkel eines Weibes absah. Dabei war er keineswegs zu alt für die Welt. Nein, er fühlte sich jünger und forscher wie manch anderer im Konvent.
    Die Kälte zog alles in ihm zusammen und brachte ihn dazu, sich zusammenzurollen wie ein kleines Kind. Doch es half nichts. Schließlich hielt seine Blase es nicht mehr aus. Bruder Adilbert

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