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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Tunnel«, flüsterte sie der Liss zu.
    Das war es also, was die Maurer hier unten taten. Sie gruben einen Gang.
    »Und wo führt der hin?«, zischte diese zurück.
    »Was weiß denn ich?«
    Hannah lief so schnell, wie der Boden und das flackernde Licht der Kerze es zuließen.
    Hinter ihnen kletterten die Maurer in den Keller hinab. Sie lachten und scherzten und machten Gott sei Dank Lärm genug, dass Hannahs und Liss’ Schritte auf dem gestampften Lehm nicht zu hören waren.
    Die Wände des Ganges rückten immer enger aufeinander zu. Der Boden wurde feuchter, und feine Wurzeln hingen in den Raum hinein. Der Gang war sicherlich nicht erst neulich gegraben worden, sondern war schon einige Jahre alt. Nur die letzten zehn Fuß vor dem Eingang zum Keller des Apothekerhauses waren frisch verschalt gewesen. Und sie wusste nichts von demmerkwürdigen Drachenkopf und von dem Gang. Ihr Mann hätte ihr sicherlich davon erzählt, wenn er bereits da gewesen wäre.
    Schließlich standen sie vor einer Holztür. Hannah versuchte, sich zurechtzufinden.
    »Wo um alles in der Welt sind wir hier?«
    »Jedenfalls nicht weit genug weg, als dass sie uns nicht finden könnten.«
    Hannah schloss die Augen und versuchte nachzuvollziehen, wie sie gegangen waren. Als sie den ersten Keller betreten hatte, waren sie auf die Stadtmauer zugegangen. Auf der zweiten Ebene waren sie von der Mauer weggegangen, und auf der dritten Ebene verlängerte sich der Keller, bis er unter der ... Sie stieß pfeifend den Atem aus. »Der Gang führt unter der Stadtmauer hindurch.«
    »Unter der Stadtmauer hindurch? Und was nützt uns das?«, fragte die Schwarze Liss. Sie deutete nach hinten. Sie hörten, wie die Maurer weiter herunterstiegen. Man hörte sie zwar gedämpft, aber deutlich.
    »Wenn sie uns finden, dann Gnade uns Gott«, murmelte Hannah. Sie untersuchte die Tür, die aus massiver Eiche gefertigt war. »Sie könnten unser Licht sehen.«
    »Kein Griff, kein Schloss, kein Riegel. Wie in Dreiteufelsnamen lässt sich diese Tür öffnen?« Hannah war der Verzweiflung nah, denn sie mussten langsam eine Lösung finden, sonst waren die Maurer bei ihnen. Sie hörten, wie hinter ihnen im Vorraum die Werkzeuge verteilt wurden. Alles sprach dafür, dass die Männer über kurz oder lang den Raum mit dem Drachenkopf und schließlich den Gang betreten würden.
    Mit aller Kraft warf Hannah sich gegen das Türblatt – und zu ihrem Erstaunen schwang die Tür auf.
    Ein warmer Luftzug empfing sie und blies ihre Kerze aus. »Schnell, wir müssen die Tür schließen.« Hinter ihnen vernahmen sie bereits Flüche, offenbar hatten die Maurer den Luftzug gespürt und wussten somit, dass jemand die Tür geöffnet hatte.
    Hannah und die Schwarze Liss drückten wieder mit aller Kraft gegen die Tür. Sie schloss sich leise.
    »Wo sind wir?«, flüsterte die Schwarze Liss in die tintenschwarze Finsternis hinein.
    »Zumindest auf der anderen Seite der Tür«, wisperte Hannah zurück. »Mach das Licht wieder an!«
    Nachdem die Liss ihr Feuerbesteck herausgesucht und die Kerzenflamme neu entzündet hatte, konnten sie wieder etwas sehen. Die Holztür war geschlossen. Vor ihnen führte der Gang weiter. Sie folgten ihm. Nach einer ganzen Weile stießen sie auf eine steinerne Treppe, die nach oben führte. Ein schwacher Lichtschein fiel von dort zu ihnen herunter. Hannah stellte sich den Verlauf des Gangs, durch den sie eben gekommen waren, bildlich vor. In solchen Dingen besaß sie ein gewisses Geschick. Sie konnte Zimmergrundrisse genau aufzeichnen und verlief sich normalerweise nicht in der Stadt. Doch diesmal versagte ihr räumlicher Sinn.
    Sie flüsterte der Liss ins Ohr: »Wir müssen nach oben und nachsehen!«
    »Gut ...«, wollte die Schwarze Liss sagen, doch dann stockte sie. Aus dem dunklen Raum vor ihnen drang das Wimmern eines Wesens, das nicht in diese Welt gehörte. Es fing leise und dunkel an, ein dumpfes Stöhnen und schraubte sich dann immer höher, bis es mit einem spitzen Laut unvermittelt abbrach. Und dann war da das Klirren einer Kette.
    »Was ... was war das?« Voller Entsetzen ließ Hannah die Kerze zu Boden fallen. Die Flamme erlosch, und das heiße Wachs tropfte auf den gestampften Lehmboden.

10
    W ie eine gefangene Katze schlich Bruder Adilbert im Haus umher. Sehnsüchtig sah er aus dem Fenster auf die Gasse hinaus. Unten liefen die Bewohner des Lechviertels geschäftig hin und her, Bauern trugen Kraxen auf die Marktplätze, Hübschlerinnen führten ihre

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