Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
Vom Netzwerk:
er auf dem Hof und blieb vor dem schmalen Schuppen stehen, der sich an die rückwärtige Mauer lehnte. Diesen Schuppen hatte er als einzigen Raum noch nicht betreten. Er betrachtete ihn prüfend und überlegte, wie er ihn in für seine geplante Flucht nutzen könnte.
    Ob er hinaufklettern sollte? Das Dach reichte bis zur Mauerkrone. Wenn er hinaufstieg, dann konnte er auf der anderen Seite auf die Straße hinunterspringen. Doch er verwarf den Gedankensofort wieder. Er würde sich nur die Beine brechen. Schon als Junge war er nicht so geschickt im Klettern gewesen wie die anderen, sondern hatte eher seine stille Freude in der Betrachtung gefunden. Ruhig dazusitzen und die Vögel zu beobachten, wie sie sich manchmal zutraulich näherten, das war sein Vergnügen gewesen, nicht aber das Klettern und Raufen.
    Bruder Adilbert ging zu dem Schuppen und rüttelte an der Tür. Sie war unverschlossen. Ein dämmriges Licht empfing ihn. Holzstapel an Holzstapel füllte den Raum. Hölzer in allen Farben, braun, hell, fast schwarz. Der Tischler hatte sich hier wohl seine Trockenkammer eingerichtet. Adilbert wusste, dass Holz fünf, sechs Jahre und länger lagern musste, bis es bereit war zur Verarbeitung. Manche Tafeln für Bilder lagen sogar fünfzehn oder zwanzig Jahre, bis sie bemalt werden konnten.
    Bruder Adilbert betrat den Schuppen. Er mochte den Geruch des Lagerholzes. Obwohl er sich beim Führen einer Axt sicherlich das Bein abgeschlagen hätte, faszinierten ihn Struktur und Farbe der unterschiedlichen Hölzer. Vom Weiß der Birke bis zum dunklen, oft beinahe schwarzen Ton der Eiche fanden sich alle Schattierungen. Er ging von Stapel zu Stapel und entdeckte endlich eine Lücke zwischen dem ersten und dem zweiten Stapel Holz, das an der Wand entlang aufgeschichtet war. Als Bruder Adilbert näher trat und sich diese Lücke genauer betrachtete, hätte er beinahe laut gejubelt. An der Rückseite war offenbar wie bei allen diesen Grundstücken doch eine Tür zur Gasse hinaus. Sie war wohl notwendig, damit das Holz nicht durch das ganze Haus und über das halbe Grundstück getragen werden musste, sondern gleich hier im Trockenraum gelagert werden konnte.
    Bruder Adilbert untersuchte das Schloss und fand, dass ein einfacher Schlüssel sperren musste, konnte jedoch keinen entdecken. Das Schloss bestand eigentlich nur aus einem Loch in der Tür und einem Balken, der quer über diesem Loch lag undsperrte. Wieder suchte er die Wände ab. Es musste gar kein normaler Schlüssel sein, den es zu finden galt, es genügte ein einfacher Haken, mit dem man den Balken anheben könnte. Und tatsächlich – gleich neben dem Eingang hing an einem Holznagel ein gebogener Metallhaken. Der Mönch in Handwerkerkleidung öffnete die Tür, was von innen recht einfach war: Er hob einfach den Riegel an und zog das Türblatt zu sich her. Die Tür schwang auf. Dann probierte er den Haken aus. Wenn er ihn durch die Öffnung schob, einmal verdrehte und dann mit dem Haken den Balken hob, musste es gelingen. Nach drei Versuchen hatte er den Dreh heraus.
    Glücklich über seine Entdeckung zog er sich die Lederkappe tiefer ins Gesicht und trat auf die Gasse hinaus.
    Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte und der Riegel in die Sperrung zurückgefallen war, atmete er tief durch, als würde die Luft hier anders schmecken als in seinem unfreiwilligen Gefängnis. Doch dann blieb Bruder Adilbert unschlüssig stehen. Jetzt stand er draußen und konnte sich in das Gespinst der Welt werfen, doch was sollte er beginnen?
    Sein erster Gedanke war, die Stadt zu verlassen. Fort von hier und fort von dieser Bedrohung. Er nickte kurz, wie um sich selbst den Entschluss zu bestätigen, und marschierte los. Er würde Augsburg durch das Nordtor verlassen und sich dann nach Süden wenden. Vielleicht konnte er sich ja sogar in Rom niederlassen?
    Entschlossen schritt er aus. Er ging an der unteren Mauer entlang, die ihn zum Fledermausturm führte. Als er dort vorüberkam, musste er an die beiden Frauen denken, die Röttel und die Schwarze Liss. Unwillkürlich nahm er den Weg über die Hennastäpfala hinauf in den Pfaffenwinkel. Wenn er durchs Stephinger Tor hinausging, dann konnte er sich auch den Brandplatz ansehen, für den er die Urkunde ausgestellt hatte.
    Mit entschlossen gestrafften Schultern ging er erneut an der alten Mauer entlang. Irgendwann musste er zu dem Platz gelangen.
    Er roch ihn, bevor er ihn sah. Trotz der Wochen, die zwischen dem Ereignis und dem Heute

Weitere Kostenlose Bücher