Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
Dezember abgelaufen.«
»Nein!! Und das sagst du mir erst jetzt?«
»Kleiner Scherz, Schatz. Sie sind bestimmt noch gültig.«
Sind Sie schon mal per Charter geflogen? Sollten Sie Frühaufsteher sein oder, wie meine Familie von mir behauptet, unter seniler Bettflucht leiden, empfehle ich Ihnen, so eine Reise unbedingt zu planen.
Der Abflug findet meistens bei völliger Dunkelheit statt, so gegen sechs Uhr, und das bedeutet, dass Sie mit Kind und Kegel und Gepäck um 4:45 Uhr am Flughafen aufschlagen, sich in eine gefühlt zehn Kilometer lange Schlange einreihen, um dann gegen circa 5:15 Uhr endlich den Check-in-Schalter zu erreichen. Runter mit den Nerven. Ganz nach oben mit dem Blutdruck. Es ist natürlich der einzige Schalter, der geöffnet ist. Rundum könnten an einem Dutzend anderer, geschlossener Schalter freundliche Mitarbeiter der Airline die Passagiere abfertigen, zügig, zuverlässig, zuvorkommend. Aber nein, die schlafen offenbar alle noch aus. Hier blickt eine missmutig aufgelegte Mitarbeiterin der Fluglinie mehrmals demonstrativ auf ihre Uhr und verleiht ihrer schlechten Laune mit folgenden Sätzen Ausdruck: »Sind Sie nicht ein bisschen spät? Eigentlich darf ich Sie gar nicht mehr einchecken! Sie erwarten doch nicht, dass alle Passagiere nur auf Sie warten?« Schließlich reicht sie Ihnen dann gnädig die Bordkarten mit den Worten: »Jetzt aber schnell! Der Kapitän möchte los.«
Obwohl in mir die nackte Mordlust erwacht, bin ichzu müde, um zu diskutieren. Also nicke ich nur. Wir rasen los, und natürlich ist unser Abfluggate das letzte Gate auf dem gesamten Flughafen. Im Höllentempo geht es vorbei an Toiletten, Duty-free-Shops, Zeitschriftenläden, Putzkolonnen, über Koffer, »Vorsicht Rutschgefahr!«-Schilder, haarscharf um ein Dutzend Ecken, Treppen rauf und Treppen wieder runter. Genau das ist der Augenblick, in dem Ryans Blase »Alarm!« ruft. Wir also wieder Treppe rauf und Treppe runter, haarscharf um ein Dutzend Ecken, über »Vorsicht Rutschgefahr!«-Schilder (mit kurzer Pause, bis das Kreuz wieder eingerenkt ist) und Koffer, vorbei an Putzkolonnen, Zeitschriftenläden und Duty-free-Shops, bis wir endlich wieder beim Klo sind.
»Was machen wir denn jetzt, Benni!«, kreischt meine Frau, die fluchend hinter uns her stöckelt.
»Geht ihr mal vor«, rufe ich ihr zu. »Die müssen warten, weil unser Gepäck bereits an Bord ist!«
»Mama, ich wollte noch was zum Lesen kaufen«, mault Clara, aber Beate zieht sie im Laufschritt hinter sich her. Vorbei an Duty-free-Shops, Zeitschriftenläden …
Fünf Minuten später steigen Ryan und ich, schweißgebadet von der Hetzerei, in die Maschine. Ein Spießrutenlauf ist nichts gegen den Empfang, den man uns beschert: Die gesamte Crew scheint sich versammelt zu haben, um uns mit Blicken zu töten. Aber wir sind tapfer, überleben und quetschen uns durch.
Klar, wie sollte es anders sein? Ich habe wieder mal einen Mittelplatz, die Kinder und Beate sitzen acht Reihen vor mir. Egal, denke ich, wenigstens komme ich endlich mal dazu, in Ruhe die Zeitung zu lesen. Pustekuchen. Als ich die Süddeutsche auspacke, blicken mich meine beidenNachbarn drohend an. Mir wird sofort klar, warum: Mittelplatz und Zeitung aufschlagen ist nicht drin – zu eng. Ich packe die Zeitung wieder weg, lächle beiden zu und schließe die Augen – immerhin hat heute Morgen bereits kurz vor drei der Wecker geläutet.
Als ich gerade wecknicke, sieht sich die Stewardess bemüßigt, uns in drei Sprachen zu erklären, wohin wir fliegen (als wüssten wir das nicht), wie lange wir unterwegs sein werden (als würde das jemand interessieren) und wo die Schwimmwesten sind (als würden die bei einem Absturz etwas nützen).
Drei Stunden später landen wir endlich in Barcelona. Sonne, Hitze, Palmen, was soll jetzt noch schiefgehen mit unserem Südurlaub, denke ich.
Oh, einiges! Unsere Koffer sind nicht da, und Beate hat vergessen, meinen Führerschein einzupacken. Den braucht man aber, wenn man ein Auto mieten will.
Wir nehmen uns ein Taxi ins Hotel, und Bea ruft ihre Mutter an. Sie soll den Führerschein holen und ihn per Express schicken.
»Wie? Deine Mutter hat unseren Hausschlüssel? Wir hatten fest abgemacht, dass Renate nie mehr in unser Haus darf, wenn wir nicht dabei sind!«
»Meine Güte, bist du kleinlich. Nur weil Mama mal bei uns eine kleine Party gefeiert hat, als wir in Belgien waren. Das waren vielleicht drei, vier enge Freundinnen.«
»Kleine Party? Renate hatte an
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