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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Standordnern mit wirren Buchstabenkombinationen zugestellt. Auf der Fensterbank streckte ein karg beblätterter Ficus durstig seine Zweige aus, der feine Dreck auf den Fensterscheiben unterbrach die einfallenden Sonnenstrahlen wie ein engmaschiges Fliegengitter.
    »Wildern Sie in meinem Revier, Frau Roloff?«
    »Nur ein bisschen. Macht es Ihnen etwas aus?«
    Er grinste und winzige Lachfältchen bildeten sich entlang seiner Augen. So klein haben meine Fältchen auch mal ausgesehen. »Nein.« Der Spruch des Jahrhunderts kroch über seine Lippen: »Es ist wichtig, seine Feinde zu kennen.«
    Herrlich. Ich verkniff mir eine Grimasse.
    Er stand auf und präsentierte den Körperbau eines Schwimmers: Breite Schultern, schmale Taille. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.« Er kam auf mich zu und sah mir ein paar Sekunden in die Augen, was meinem Empfinden nach auch Stunden gedauert haben könnte. Er war meiner Körpermaße würdig, vielleicht einen Fingerbreit höher. Sein Blick wanderte hinunter und blieb einen Tick zu lang an meinen Brüsten hängen. »Ich habe noch zu arbeiten. Und Sie wahrscheinlich auch.«
    Er öffnete mir die Tür und komplimentierte mich mit einem Kinnzucken hinaus, was ich mehr konsterniert als gefasst hinnahm. Dabei hatte es mit Reichert einen so guten Anfang genommen.
     
    *
    Tamino war ein gesetzter runder Typ mit abgeklärten dunklen Augen und einem Haufen typischer griechischer Locken auf dem Kopf. Er lebte in Unna und pendelte nur ins Adolfo’s, wenn ihn die Lust auf Chefallüren überkam. Dann mokierte er sich über die Karos auf den Tischdecken und schasste die Kellnerinnen, die nach seiner Abreise von Anastasios wieder besänftigt werden mussten. Er war jünger, als er aussah, was ihm schwer zu schaffen machte, und überschminkte seine tiefen Gesichtskrater mit Kompaktpuder.
    Olaf und ich saßen am kleinsten Tisch hinter der Eingangstür und rührten in unseren Tassen. Olaf hatte mich ohne vorherige Aufforderung aufgesucht und begann nun, mich systematisch zu löchern. In seinem Gesicht las ich wie in einem offenen Buch. Er hatte Schiss. Und er wollte nicht, dass ich mit der Erkenntnis, dass mein Bruder der Freund eines Nazi-Sympathisanten war, hausieren ging.
    »Und die Polizei wollte wirklich nicht wissen, für wen du arbeitest?«
    Ich verdrehte die Augen. »Ich habe dir bereits gesagt, dass ich einer beruflichen Schweigepflicht unterliege. Sie wussten, dass ich es sowieso nicht gesagt hätte.«
    Er putzte seine Nase. Ich sah über seine Schulter und beobachtete Tamino an der Bar. Kopfschüttelnd machte er an den Zapfhähnen herum.
    »Hat das Gespräch denn irgendetwas ergeben?«
    »Boris’ Laptop wurde geklaut«, antwortete ich, ohne meinen Blick von Tamino zu wenden, der gerade fluchend seinen Kopf unter die Theke drückte. Anscheinend bekam er keinen Tropfen aus den Fässern heraus.
    »Kennst du seine Wohnung?«, fragte ich.
    »Klar.«
    »Was hättest du als Erstes mitgehen lassen?«
    Mit seinen immer noch blutunterlaufenen Augen glotzte er mich an. »Ich verstehe nicht ganz, worauf du hinauswillst.«
    »Die Typen brechen ein, lassen den Schickimickikram liegen: Geld, Fernseher, Musikanlage, nichts davon wurde geklaut. Stattdessen nehmen sie direkten Kurs auf das Nachtschränkchen und nehmen nur den Laptop mit.«
    Olaf schaute durch mich durch. Ich kannte diesen nachdenklichen Blick von meinem Vater. Und wenn Olaf ihn aufsetzte, ähnelte er Paps mehr als zu keiner anderen Gelegenheit.
    »Jemand hat gezielt nach dem PC gesucht«, sagte ich.
    »Wer?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wer immer es war, er wusste, wo er suchen musste. Entweder kannte er sich dort aus oder er hat einen entscheidenden Tipp bekommen.«
    »Du meinst von Boris?«
    Ich ließ die Frage unbeantwortet. »Was ist auf dem Laptop? Woran hat er zuletzt gearbeitet?«
    Olaf wimmelte ab. »Woher zum Teufel soll ich das wissen? Ich bin nicht mit ihm verheiratet und habe keine Ahnung, was er in seiner Freizeit so alles treibt.«
    »Komisch«, stichelte ich weiter. »Heute Morgen hat sich das noch ganz anders angehört.«
    Bockig rührte Olaf in seiner Tasse herum. »Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass wir in der Redaktion mit einem Server arbeiten. Sämtliche Artikel, die wir schreiben, werden dort gespeichert, weiterverarbeitet und freigegeben. Wenn also etwas Interessantes auf Boris’ Laptop war, kann es unmöglich aus dem Brutkasten der WAZ stammen.«
    »Woher willst du das wissen? Was ist, wenn der

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