Fummelbunker
angekündigt. Kommen Sie.«
Ich folgte ihm zu seinem Schreibtisch ins hinterste Eck des Großraumbüros. Die Möbel waren weiß, die Tischplatte sauber und aufgeräumt. Es gab keinerlei Blümchen, Bilderrahmen oder sonstige Accessoires. In der Kunststoffablage stapelte sich ein überschaubarer Haufen Papier.
»Also, was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin an dem Einbruch auf dem Kleyer Feld interessiert. Bei Boris Bäcker.«
»Boris Bäcker. Soso.«
Ich nickte. »Ich möchte wissen, was gestohlen wurde.«
Misstrauisch hob Reichert seine Brauen. »Warum interessiert Sie das?«
Ich hatte befürchtet, dass er das fragen würde. »Ich hatte Sachen in der Wohnung.«
»Ach ja? Was denn?«
»Allerlei technischer Kram«, log ich.
»Nun«, sagte er und überkreuzte seine Unterarme auf der Tischplatte. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich sage Ihnen, was Sie wissen möchten. Aber nur, wenn Sie mir auch die Wahrheit erzählen.«
Lachfalten umschmeichelten seine grauen Augen. Er war irgendwo in seinen 40ern und dem ersten Anschein nach bereits bestens über mich informiert. Sascha sei Dank.
Ich zupfte an meinem Ohrläppchen. »Ich bin Privatdetektivin.«
Seine flache Hand klatschte auf den Tisch. »Jetzt kommen wir der Sache schon näher!« Er zog seine Augenbrauen zusammen und lehnte sich vor, als wolle er mir etwas ins Ohr flüstern. Intuitiv kam ich ihm mit dem Oberkörper entgegen.
»Detektive haben hier keinen guten Ruf«, informierte er mich.
Ich nickte. Als ob ich das nicht schon wüsste.
»Sie sind auf der Suche nach ihm, oder?«
Ich nickte wieder.
»Also«, ließ er sich vernehmen und zog ein einzelnes Papier vom Stapel. »Außer der Tür wurde nichts kaputtgemacht oder umgeräumt. Die wertvollen Gegenstände haben die Täter liegen lassen. Das Einzige, was fehlt, ist der Laptop aus dem Nachtschränkchen.«
»Dem Nachtschränkchen?«, wiederholte ich.
»Laut seiner Freundin bewahrte er das Gerät dort immer auf. Und genau dieser Schrank stand sperrangelweit offen.«
»Danke«, sagte ich und machte Anstalten, aufzustehen.
»Sie sollten mit Alexander Schalkowski vom Dezernat 11 reden.«
»Dezernat 11?«
Er nickte. »Er kümmert sich um die Vermisstensache von Bäcker und hat sich auch den Einbruch unter den Nagel gerissen. Wenn das so weitergeht, macht er noch eine SoKo auf. SoKo Wimbledon oder so.« Reichert stieß ein hämisches Lachen aus. »Boris Becker, Sie verstehen.«
Ich verstand. »Denken Sie denn, Herr Schalkowski würde mit mir sprechen?«
Eifrig wackelte der auskunftsfreudige Polizist mit dem Kopf. »Bestimmt. Sie sind ganz sein Typ. Kommen Sie.« Er stand auf und flanierte in Richtung Treppenhaus. Ich folgte ihm mit einer gewissen Bestürzung. Derart kooperativ war die Polizei mir gegenüber noch nie gewesen.
Die erste Etage war gesetzter gestaltet als der Eingangsbereich. Büros mit Türen und Hinweisschildern mündeten in einen langen Flur, der durchweg mit Obacht- und Bauernfängerwarnplakaten behangen war. Reichert machte vor den Toren des zweiten Zimmers Halt und grinste in den Hohlraum hinein. Ich blieb hinter ihm an der Wand stehen.
»Ey, Schalke, hier ist Besuch für dich.« Er winkte mich heran und ich steckte den Kopf durch die Tür.
Alexander Schalkowski saß an seinem Schreibtisch. Sein mahagonibraunes Haar war kurz geschnitten und für sein Alter und seinen Körperbau untypisch, fast jugendlich nach vorn gekämmt. Das knitterige Hemd hatte er bis zu den Ellenbeugen hochgekrempelt und die Turnschuhe, die unter der hellen Leinenhose hervorragten, waren mit Straßendreck besudelt. Auf den ersten Blick hatte man den Eindruck, er wollte sich jünger machen. Doch seine Hände und seine weiche Haut unter den rehbraunen Augen verrieten, dass er die Zielgerade zum 30. noch nicht überschritten hatte.
»Hallo«, begrüßte ich ihn.
»Wer sind Sie?«, fragte er karg.
»Esther Roloff«, antwortete ich und glitt mit Seitenschritten in den Raum.
Seine Schultern richteten sich auf. »Sind Sie wegen dem Job hier?«
»Welchem Job?«
»Sie ist Privatdetektivin«, mischte sich Reichert ein und ich sah ihn gerade noch rechtzeitig an, um mitzubekommen, dass er Schalke zuzwinkerte.
»Sie ist wegen Boris Bäcker hier«, erzählte er weiter. Dann drehte er sich um und ging. »Schönen Tag noch, Frau Roloff.«
Ich schloss die Tür hinter ihm. Schalkowski machte einen Schmollmund, was in Anbetracht seiner fülligen Lippen nicht schwierig war. Der Schrank zu seiner Rechten war mit
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