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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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lassen. Ich möchte gar nichts dort. Ich möchte nur durch das Fenster verschwinden. Sie können mir gerne dabei zusehen.«
    Sie starrte mich an, als redete gerade ein Mensch gewordener Big Mac auf sie ein. »Wozu?«
    Ich zögerte. »Weil ich ungesehen verschwinden möchte.«
    Ihre Stirn legte sich missmutig in Falten. »Ungesehen von wem?«
    Ich verdrehte die Augen und bekam einen Eindruck von den hungrigen Massen hinter mir, deren Zeit ich vergeudete. »Das ist doch egal.«
    »Nix da«, zischte sie. »Hier in unserem Restaurant soll niemand ungesehen verschwinden wollen! Rudi!« Kopfnickend winkte sie mich beiseite und ich legte all meinen Widerstand in ein genervtes Augenrollen, weil mir Gefuchtel und Geschimpfe in diesem Moment zu auffällig erschien. Doch sie sah gar nicht mehr hin, sondern bediente den nächsten Gast. Ich tat, was von mir verlangt wurde, und wartete, die Blicke des aggressiven Pulks im Nacken spürend. Kurz darauf erschien eine runde, von der Sonne rot gebrannte Gestalt hinter den Fleischregalen und ich war mir nicht schlüssig, ob Rudi ein Mann oder eine Frau war, weil es trotz Brüsten und Rock einen unübersehbaren Kinnbart hatte. Das Kopfhaar war kurz, silbrig und seitlich gekämmt. An beiden Ohrläppchen glitzerten winzige Strasssteinchen.
    »Was ist los?«, fragte mich Rudi. Die Stimme war brüchig und in der Tonlage unentschlossen.
    »Ich brauche Ihren Hinterausgang«, sagte ich knapp.
    Rudi rümpfte die Nase. »So was haben wir nicht.«
    »Das Personalbüro?«, fragte ich.
    »Haben wir auch nicht.«
    Ich hob eine Augenbraue. Wieder mischte sich die Verkäuferin ein. »Sie will ungesehen verschwinden.« Ihre Stimme röchelte unheilschwanger.
    Rudi drückte das Kreuz durch, was seine Brüste zur Geltung brachte. »Gibt es irgendwelche Probleme?«
    »Noch nicht.«
    »Ich dulde hier keine Probleme«, informierte mich Rudi.
    »Davon habe ich gehört«, erwiderte ich.
    »Also. Haben Sie ein Problem mit uns?« Es klang wie eine Drohung. Ich schüttelte den Kopf. »Haben Sie ein Problem mit ihm?« Rudi zeigte auf einen Gast Ende 40 hinter mir. Wieder schüttelte ich den Kopf. »Oder mit ihr?« Er wies auf eine Schülerin, die prompt ein paar Schritte zurückwich und die Hände in die Hosentaschen schob.
    »Nein«, sagte ich.
    »Und womit, bitte schön, haben Sie ein Problem?« Rudi wurde lauter und ich maß mir an zu glauben, dass er ein Mann auf Östrogen war, was immerhin seine feminine Hysterie begründete.
    Der Diskussion überdrüssig atmete ich durch. »Schon in Ordnung.« Ich winkte ab und schickte mich an, kehrtzumachen. Doch ich machte den entscheidenden Fehler, einen Blick an die Buffalo-Gang zu schicken, welcher Rudi nicht verborgen blieb. Er stemmte seine Hände gegen die Theke. »Haben Sie ein Problem mit denen?« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern setzte seinen roten wuchtigen Körper sofort in Bewegung. Dicke Knubbelknie steuerten auf die Jungs zu. »Ich dulde hier keine Probleme!«, dröhnte Rudi zu ihnen herüber. Die Knallschoten schienen von Rudi einigermaßen fasziniert. Urplötzlich pappten sämtliche Blicke an ihm und seinen Strasssteinchen. Ich sah, wie der Chef der Truppe ungläubig den Kopf schüttelte. Doch die Diskussion zwischen ihnen und Rudi nahm ich nur verschwommen wahr. Bis Rudi seinen Oberkörper in meine Richtung drehte und mir sofort klar wurde, dass er mich in die Argumentationskette einbringen wollte. Geistesgegenwärtig wandte ich mich ab, suchte nach Deckung und fand sie hinter dem massigen Rucksack eines vollständig dekorierten Bundeswehrsoldaten im hintersten Drittel der Schlange. Ich musste ein wenig in die Knie gehen, um meinen Scheitel hinter seinen Schultern zu verstecken, doch mein klägliches Manöver blieb nicht unbemerkt.
    »Ey!«, schimpfte der Soldat. »Alles klar?« Er grinste. Ich grinste intuitiv zurück. Dann machte ich einen Satz zur Tür hinaus. Ohne mich umzusehen, wetzte ich über den Parkplatz zum Auto, schloss die Tür auf, sprang auf den Sitz, warf den Motor an und trat mit saftigem Schwung aufs Gaspedal, bis es in den Ohren knirschte. Im Rückwärtsgang herunterrollend, fuhr ich einem Kugelcorsa beinahe vor die Stoßstange. Der Fahrer hupte, ich winkte in den Spiegel und schlug das Lenkrad ein. Ich gab ordentlich Fersengeld, nicht ohne ein bisschen Botanik mitgehen zu lassen. Mit grünen Blättern unter dem Wischer sowie einer bis unters Kinn wummernden Pumpe fuhr ich an der Eingangstür des Ladens vorbei. Ich sah Rudi

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