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Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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schaffen?«
    »Ich will nichts versprechen«, sagte Anna. »Aber wir werden es versuchen. Zunächst will ich einfach mal sehen, was du kannst.«
    »In der Schule war ich aber nie gut in Sport«, sagte Ute zurückhaltend. »Ich habe es immer gehaßt.« Sie sah zu der Polizistin hinüber. »Die meiste Zeit habe ich auf der Bank gesessen. Entweder, weil mich niemand in seine Mannschaft wählen wollte. Oder weil ich als erste aus dem Spiel ausscheiden mußte. Ich bin wohl einfach lahm und unsportlich.«
    »Ich habe früher auch den Sportunterricht gehaßt«, sagte Anna.
    Ute sah sie mit großen Augen an. »Sie?«
    »Aber ja. Trotzdem: Kein Mensch ist unsportlich. So etwas gibt es nicht.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Ute skeptisch.
    »Es kommt nicht darauf an, wie gut du bist, wenn dich jemand zwingt, einen Ball zu werfen. Es kommt darauf an, daß du selbst den Ball werfen willst. Wille und Disziplin. Du mußt einfach beschließen, gut zu werden. Und dann brauchst du einen eisernen Willen für dein Training. Aber das ist auch schon alles.«
    »Wirklich?«
    »Schulsport verhindert nur, daß Mädchen wie du merken, wie gut sie sein können. Du mußt keine Angst vor dem Training haben. Du mußt nur den Willen in dir entdecken. Wenn er vorhanden ist, dann werde ich ihn sehen.«
    Utes Gesicht hellte sich wieder auf. »Ich werde versprechen, alles zu tun«, sagte sie feierlich.
    Anna lächelte. Sie hielt vor einer roten Ampel an der Heinrich-Heine-Straße. Die beiden Schornsteine der Gaswerke ragten in den nebligen Himmel. Es wurde immer dunkler.
    »Dann gibt es noch eine schriftliche und eine mündliche Eignungsprüfung«, fuhr sie fort. »Einen Intelligenztest, einen Wissenstest, ein Diktat.«
    »Ist das denn schwer?« fragte Ute.
    »Man kann sich auf alles vorbereiten«, sagte Anna. Die Ampel sprang auf Grün, und sie fuhr weiter. »Und du hast ja mich«, sagte sie. »Ich habe das alles schon hinter mir. Ich kann dir genau sagen, was vorkommen wird.«
    Ute sah aus dem Fenster und schien eine Zeitlang darüber nachzudenken. Sie betrachtete die Schornsteine der Gaswerke, bis sie hinter den S-Bahnbögen der Jannowitzbrücke verschwanden.
    »Frau Proschinski«, sagte sie schließlich. »Haben Sie Serkan inzwischen gefaßt?«
    Die Polizistin nickte langsam. »Er war der Hauptverdächtige. Und er war die einzige Spur, die die Soko hatte.«
    Sie schwieg wieder. »Aber er ist nicht der Mörder, der gesucht wird, oder?«
    »Nein«, erwiderte Anna. »Das ist er nicht.« Sie sah zu Ute hinüber, doch das Mädchen blickte starr aus dem Fenster. »Niemand konnte das wissen«, fuhr Anna fort. »Er schien der einzige zu sein, der wußte, daß Bettina in dieser Nacht über die Alexanderstraße fahren würde. Und er war nach dem Mord spurlos verschwunden. Die Ermittelnden mußten davon ausgehen, daß er etwas damit zu tun hat.«
    »Wann haben sie gemerkt, daß er es nicht war?«
    »Seine DNA paßte nicht«, sagte Anna. »Serkan war bei einem Freund untergetaucht. Die Sonderkommission hat ihn dort stellen können.«
    »Er hat sich einfach festnehmen lassen?«
    Anna atmete durch. »Nein. Als Serkan bemerkte, daß er in der Falle sitzt, ist er durchgedreht. Er ist auf das Dach geflohen und wollte sich in den Tod stürzen.« Anna wußte, daß sie diese Informationen nicht weitergeben durfte. Doch sie glaubte, daß Ute ein Recht hatte, alles zu erfahren. »Karen Schipp, eine Beamtin aus der Observationseinheit, hat ihm in den Unterarm geschossen, gerade als er sich vom Dach abstoßen wollte. So ist er abgerutscht und gestürzt. Sie überwältigten ihn, bevor er es ein zweites Mal versuchen konnte. Es ist ein präziser Durchschuß, Karen ist eine hervorragende Schützin. Er wird wieder völlig gesund.«
    »Was wird jetzt mit ihm passieren?« fragte Ute.
    Anna zögerte. Es hatte keinen Sinn, dem Mädchen etwas vorzumachen.
    »Er wurde in die Abschiebehaft überführt. Sobald er gesund ist, wird er in seine Heimat ausgeflogen.«
    Ute senkte ihren Blick. »Ich bin schuld daran, nicht wahr? Meinetwegen muß Serkan das Land verlassen.«
    Anna schwieg. Sie kannte solche Gefühle nur zu gut.
    Sie bogen in den Hof des Fitneßstudios. Anna parkte den Wagen neben dem Eingang und stellte den Motor ab. Dann schnappte sie sich ihre Sporttasche vom Rücksitz und öffnete die Tür.
    »Die Welt ist viel zu kompliziert für unsere Rechtsordnung«, sagte sie, bevor sie ausstieg. »Du wirst häufiger in solche Situationen kommen, wenn du Polizistin werden willst.

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