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Fundort Jannowitzbrücke

Fundort Jannowitzbrücke

Titel: Fundort Jannowitzbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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niemand mehr zu sehen. Sekunden später öffnete sich die schwere Haustür. Der Mann trat auf die Straße und warf sich den Rucksack über die Schulter.
    »Einsatzzentrale!« rief Karen. »Verdammt noch mal, der haut uns ab.«
    Im Funkgerät surrte es, dann hörte sie ein Knacken.
    »Keine Festnahme! Nehmt die Verfolgung auf. Vermutlich führt er uns zu dem Verdächtigen.«
    »Verstanden.« Sie nickte Peter zu, der den Wagen startete.
    »Und dieses Mal keine Pannen«, kam es abschließend aus dem Funkgerät.
    Karen überlegte, ob sie etwas erwidern sollte. Doch dann schaltete sie das Gerät ab und konzentrierte sich auf die Verfolgung.
    Michael hatte die Küche, das Arbeitszimmer und schließlich auch das Wohnzimmer durchsucht. Er war dabei zügig vorangekommen, denn Barbara Nowack besaß nur wenige Möbel in ihrer aufgeräumten Wohnung, und selbst in den kleinen Schränken und Kommoden herrschte penible Ordnung. Doch das Paket hatte er nirgends entdecken können.
    Er blickte auf die letzte verschlossene Tür, die vom Wohnzimmer abging. Das Schlafzimmer.
    Michael stieß die Tür auf und sah in den schmalen Raum. Er hielt den Atem an. Ungläubig starrte er auf die Wand neben dem Bett. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, was er sah. Dann trat er näher.
    Die Wand war übersät mit Fotos, Zeitungsartikeln, Berichten und Skizzen. Sie alle drehten sich um den sogenannten Würger und seine Morde. Es war eine umfangreiche Sammlung. Barbara hatte Fotos von den Fundstellen aus dem Schloßpark in Pankow, darunter den Parkplatz an der Jannowitzbrücke. Die Positionen der Leichen hatte sie genauestens in die Fotos hineingezeichnet.
    Daneben hingen Dutzende von Zeitungsartikeln. Sie mußte alles über die drei Morde gesammelt haben, was in der Berliner Presse erschienen war. Einzelne Stellen waren mit Textmarker angestrichen. Vorwiegend schien Barbara sich für den Modus operandi zu interessieren. Über den Artikeln war ein Stadtplan befestigt, die Tatorte und die mutmaßlichen Wege des Mörders waren eingezeichnet.
    Michael wanderte an der Wand entlang. Mit zunehmendem Unbehagen verfolgte er die Chronologie des gesuchten Serientäters. Es schien ihm, als habe Barbara Nowack dem Mann ein Denkmal setzen wollen. Den Abschluß der Sammlung bildeten medizinische Berichte. Sie hatte Artikel aus Fachbüchern der forensischen Traumatologie herausgeschnitten und an die Wand gehängt, die die Vorgänge im Körper der Menschen beschrieben, die erdrosselt oder erwürgt wurden. Mit einem Textmarker hatte sie einzelne Stellen hervorgehoben. Darunter klebten Zeichnungen von Strangfurchen und Fotos erdrosselter Frauen. Michael lief ein Schauer über den Rücken.
    Ein schrilles Geräusch ließ ihn aufschrecken. Er wirbelte herum und starrte durch die offene Tür nach nebenan. Erst beim zweitenmal erkannte er das Geräusch: Sein Handy meldete sich. Er hatte es beim Hereinkommen auf den Küchentisch gelegt. Es war Wolfgang.
    »Wo bist du?« fragte er.
    »Wolfgang, ich kann dir das erklären ...«
    Doch sein Chef ging nicht darauf ein. »Nicht so wichtig«, sagte er. »Wir wissen, wo sich der Verdächtige aufhält. Er ist im Märkischen Viertel. Das Observationsteam hat von der Wohnung in der Brückenstraße aus einen Mann verfolgt. Serkan ist bei ihm untergekommen.«
    »Habt ihr ihn festgenommen?«
    »Zugriff erfolgt in fünf Minuten«, sagte Wolfgang. »Ich bin gerade hier angekommen. Was meinst du, kannst du in einer Stunde in der Keithstraße sein?«
    »Na klar.«
    »Dann sehen wir uns da zur Vernehmung.«
    Wolfgang legte auf.
    Michael sah noch einmal auf die Sammlung. Dann schloß er vorsichtig die Tür zum Schlafzimmer und verließ die Wohnung.
    Wolfgang brauchte einen Moment, bis er sich in dem Siebziger-Jahre-Hochhausviertel zurechtgefunden hatte. Überall ragten riesige Bauten in den Himmel. Ihre Ordnung mutete an wie ein rätselhaftes kultisches Prinzip. Zwar führten Straßen hindurch, Pfeile und Hausnummern wiesen den Weg, dennoch mußte er zweimal den Wagen wenden, bis er das Haus gefunden hatte, in dem sich der Verdächtige aufhielt.
    Auf dem Platz vor dem Gebäude waren weder Streifenwagen noch Beamte des Sondereinsatzkommandos zu sehen. Sie alle hatten sich so aufgestellt, daß oben in der Wohnung niemand Verdacht schöpfen würde. Wolfgang stieg aus dem Wagen und ging auf das Haus zu.
    Vor der Tür wartete eine Beamtin der Observationseinheit auf ihn.
    »Sind Sie Herr Herzberger?« fragte sie. Er nickte, und sie hielt ihm die

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